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Wettbewerbs-Logik

Wettbewerbs-Logik
(Tageblatt)

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Wettbewerbsfähigkeit ist eines der, wenn nicht das Schlüsselelement in der Wirtschaftspolitik der Regierung und in der Arbeit der Wirtschaftsverbände.

Wettbewerbsfähigkeit ist unerlässlich für den wirtschaftlichen Erfolg eines Landes und für die Schaffung von Arbeitsplätzen, lautet die Prämisse.

Yves Greis ygreis@tageblatt.lu

Luxemburg gehört bereits zu den wettbewerbsfähigsten Ländern der Welt. Im diesjährigen „World Competitiveness Yearbook“ (WCY) der renommierten Schweizer IMD Business School belegt das Land weltweit Platz 6.

Wettbewerbsfähig ist ein Land jedoch immer gegenüber anderen Ländern. Um noch wettbewerbsfähiger zu werden, müsste Luxemburg die USA (Platz 1), Hongkong (2.), Singapur (3.), die Schweiz (4.) und Kanada (5.) überholen. Könnte schwierig werden!

In einem anderen Ranking, dem des „World Economic Forum“, schafft es Luxemburg auf Platz 19. Auch hier liegt das Großherzogtum nur hinter Ländern wie der Schweiz (Platz 1), den USA (3.), Deutschland (5.) und etwa Hongkong (7.).

Wie die Wettbewerbsfähigkeit definiert wird und wie sie gemessen wird, geht in den Debatten, die darum geführt werden, oft unter. Betrachtet werden eben nicht nur die Höhe der Löhne oder die Handelsbarrieren, sondern auch das Hochschulwesen, das Gesundheitswesen, die Infrastruktur, die Innovationskraft und weitere. Es gibt also viele Stellschrauben, an denen ein Staat drehen kann, die nicht zulasten der Arbeitnehmer gehen, sondern im Gegenteil die Lebensqualität erhöhen.

Dennoch wohnt der Logik solcher Rankings etwas Paradoxes inne. Theoretisch können sich alle Länder in der Liste verbessern und trotzdem gibt es Verlierer. Die Wettkampflogik verlangt einfach, dass es Gewinner und Verlierer gibt. Denn Ländern, die sich oben in der Liste halten, kann auch nicht daran gelegen sein, dass die Wettbewerber sich zu sehr verbessern. Sie könnten ja überholt werden und dann absteigen.

Aus Angst davor werden zum Beispiel Schulprogramme und Hochschulen immer stärker an der Wirtschaft ausgerichtet und so Studenten zu Arbeitsdrohnen anstatt zu emanzipierten Menschen gemacht.

Es stellt sich die Frage, warum Länder überhaupt in einem dauernden Wettbewerb stehen müssen. Warum ist es zum Beispiel zwingend erforderlich oder gewünscht, dass Länder sich gegenseitig mit ihren Steuern unterbieten? Länder sind keine privaten Unternehmen, die Profite für ihre Besitzer abwerfen müssen, und trotzdem wird dieses Prinzip auf sie angewandt.

Es gilt, umzudenken. Die Staaten sollten es sich nicht zum Ziel machen, in bestimmten Punkten besser zu sein als andere. Vielmehr sollte das Ziel sein, die Lebensqualität aller Menschen überall – ohne irgendeine Reihenfolge und Konkurrenzdenken – zu verbessern.

Die Idee, dass es Staaten geben muss, die in einem ständigen Wettbewerb stehen, sollte hinterfragt werden. Vielleicht auch gerade, weil die Märkte und Unternehmen heute international agieren.