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Alle im selben Boot

Alle im selben Boot
(Alain Rischard/editpress)

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Francis Wagner beschäftigt sich mit der mangelnden Solidarität mehrerer EU-Mitgliedsländer angesichts der Flüchtlingskrise: Drückeberger laden Schuld auf sich.

Der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel hatte unlängst durchaus recht, als er das Unvermögen der europäischen 28, sich auf eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge zu einigen, als „Schande für Europa“ bezeichnete. Denn es gibt zurzeit einige europäische Nationen, die sich in der Flüchtlingskrise nicht eben mit Ruhm bekleckern. Solche, die als „Luusspätteren“ schön vorsichtig am Rande des Geschehens bleiben und die Ansicht vertreten, „lass mal die Deutschen machen, denn uns selbst geht das alles ja eigentlich nicht wirklich direkt was an“. Eine solche Haltung ist, gelinde gesagt, eine Riesensauerei.

Denn wir Europäer sitzen angesichts der Tragödie, die sich in direkter Nachbarschaft zu den Außengrenzen von EU und NATO abspielt, alle im selben Boot. Dass nun ein paar Oberschlaumeier meinen, sich an ihrem gerechten Beitrag zur Linderung dieser enormen menschlichen Tragödie vorbeischmuggeln zu können, ist in der Tat eine Schande.

Erinnerungen aufrufen

Gerade verschiedene osteuropäische Mitgliedsländer, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs ohne die Abermilliarden an Aufbaugeldern, die der Westen dorthin pumpte, völlig aufgeschmissen gewesen wären, dürfen sich durchaus schwer schämen, wenn sie sich nun, da ihnen Solidarität mit den verzweifelten Menschen, die in Syrien alles verloren haben, abverlangt wird, auf einmal zieren und den Drückeberger raushängen lassen.

Dass Deutschland so eine enorme Anstrengung unternimmt, ist natürlich mit der Geschichte zu erklären: Ungezählte Verfolgte des Naziregimes, allen voran Juden, aber auch Roma, Linke, Pazifisten usw., fielen Hitlers Bütteln in die Hände, weil man auch schon damals vielerorts in Europa die Meinung vertrat, dass man nicht für die Lösung von Problemen zuständig sei, die man nicht selbst verursacht habe.

Ernsthafte Herausforderungen

Diese Hartherzigkeit lieferte den Nazi-Schlächtern hunderttausende Unschuldige ans Messer. Und während niemand bestreiten kann, dass die gegenwärtige Krise Europa vor ganz ernsthaften Herausforderungen stellt, so müssen sich doch all jene Europäer, die jetzt kleinlich und egoistisch reagieren, der Tatsache bewusst sein, dass auch sie mit ihrer Haltung dazu beitragen, dass einmal mehr Menschen in höchster Not wehrlos der Barbarei ausgeliefert werden.

Wer sich der Pflicht zu helfen zu entziehen trachtet, muss daher wissen, dass er bereits in nächster Zukunft das Blut unschuldig Verfolgter an seinen Händen kleben haben wird.
Und so gibt es auch in der Flüchtlingskrise eine Verpflichtung zum „nie wieder“ und diese Verpflichtung obliegt allen anständigen Menschen und nicht nur den Deutschen, von denen ja keiner der heute politisch Verantwortlichen mehr für die Konsequenzen des Untermenschentums der Hitlerhorden verantwortlich gemacht werden kann.

Und bevor nun wieder ein Spacko vom Dienst die Frage stellt: Nein, der Schreiber dieser Zeilen nimmt keinen Flüchtling bei sich zu Hause auf, findet es aber absolut notwendig und normal, dass ein Teil der von ihm gezahlten Steuern dafür verwendet wird, diesen Menschen beizustehen.

(fwagner@tageblatt.lu)