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Das Beispiel Labour

Das Beispiel Labour
(Alain Rischard/editpress)

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Flügelkampf oder Streitkultur? Dies fragt Robert Schneider in seinem Editorial im Vorfeld der Sommerakademie der LSAP. Das Beispiel Labour sollte aufmerksam betrachtet werden.

Wenn die LSAP am Samstag zur sogenannten Sommerakademie der Partei, einem eintägigen Treffen mit thematisch vorgegebenem Diskussionsstoff, lädt, soll vor allem die Wohnungsbaupolitik im Lande analysiert werden.
Das im Frühsommer veröffentlichte Schreiben von unzufriedenen Parteimitgliedern an die LSAP-Spitze wird laut Tagesordnung zur politischen „Rentrée“ nicht besprochen werden.

Man darf allerdings dennoch davon ausgehen, dass der mittlerweile von 120 Beitragszahlern der Partei unterzeichnete Aufruf zu einer sozialistischen Politik abseits neoliberaler Ideen morgen in Remich das weitaus spannendere Gesprächsthema sein wird.

Der programmatische Spagat

Die LSAP vereint traditionell eine große Bandbreite von politischen Meinungen; unter den wiederholten CSV/LSAP-Regierungen krachte es mehr als einmal im weitreichenden Gebälk der Sozialistischen Arbeiterpartei, die programmatisch den Spagat zwischen linken Gewerkschaftern und neoliberalen Managern in ihren Reihen schaffen möchte. Dies ist nie einfach, allerdings wird in Krisenzeiten wie der aktuellen, in der Griechenland, Freihandelsabkommen TTIP und die Ausrichtung der europäischen Wirtschafts- und Sozialpolitik so stark polarisieren, diese Turnübung schnell zu einer Herausforderung mit olympischem Charakter.

Dies vor allem, weil die Partei sich kaum noch an Oppositionszeiten erinnert, die Regierungsräson die linken Ideale seit Jahrzehnten in einer Weise verwässert hat, dass die wählenden Bürger sich mit einer fast schon dramatischen Konsequenz von ihr abwenden und die Linke (wie in vielen anderen europäischen Ländern auch) eine ernst zu nehmende elektorale Alternative für fortschrittlich und emanzipatorisch denkende Bürger ist.

Neue Aufstellung der Labour

Die vom Gewerkschaftsflügel angestoßene Debatte um die Orientierung der Partei ist demnach überfällig und sie wird wohl in den nächsten Monaten geführt werden müssen, will die LSAP nicht zu einer profillosen Zehn-Prozent-Partei werden.
Das Beispiel der britischen Labour-Partei, die nach neoliberalen Experimenten wieder einmal Wahlen verlor und sich nun unter Corbyn neu und sozialistisch aufstellt, den Schulterschluss mit den Gewerkschaften sucht und einen weit von Blair-Zeiten entfernten Optimismus ausstrahlt, sollten die Luxemburger LSAPler ganz besonders aufmerksam verfolgen: Es könnte Vorbildcharakter für so manche europäische Schwesterpartei haben.

Der Lackmustest in Luxemburg kommt im Übrigen für die Partei recht schnell: Die angekündigte Steuerreform wird zeigen, ob die größte Regierungspartei in der Lage ist, sozialpolitische Zeichen zu setzen und in Luxemburg umzuverteilen. Das spektakuläre Wirtschaftswachstum, das wir zurzeit erleben, muss dort ankommen, wo es erarbeitet wird, ganz im Sinne sozialistischer Ideale…

(rschneider@tageblatt.lu)