„Mais merde, je dirais merde si on n’était pas au Parlement européen“: Jean-Claude Juncker platzte gestern der Kragen. Allerdings war der Auslöser eine breit gefächerte Vorstellung und Diskussion seines Weißbuchs zur EU – und nicht eine der kaum mehr zu ertragenden Polemiken, wie wir sie immer öfter erleben.
Der EU-Kommissionspräsident hat fünf Szenarien zur Zukunft der Europäischen Union vorgestellt und somit den Ball an die EU-Mitgliedsstaaten zurückgespielt. Sie hatten etwa auf schändlichste Weise in der Flüchtlingspolitik jeglichen positiven Ansatz blockiert. Juncker wurde im Anschluss an seine Rede dafür kritisiert, er habe keine eigene Vision. So sehr man ihn auch in die Zange nehmen muss, die Kritik ist dann doch zu einfach. Gerade jene zarten Pflänzchen, die bei jeder Frage mehr Mitspracherecht fordern, sollten sich darüber freuen, dass Regierungs- und Staatschefs sowie EU-Bürger und NGOs eingeladen sind, die Zukunft Europas aktiv mitzugestalten. „Mais merde“ muss aber auch Juncker sich gefallen lassen. Was ist denn aus seiner „politischen“ Kommission geworden? Die Antwort ist bitter, aber einfach: Auch sie ist an den Nationalstaaten gescheitert.
Dabei war doch gerade er, Juncker, angetreten, um eigene Impulse zu setzen und die teilweise machtlos wirkende EU-Kommission neu zu positionieren. Die Sprache des Weißbuches ist jedoch in ihrer analytischen Qualität eindeutig: Drei von fünf Optionen passen nicht zu Junckers eigener Vision von mehr Europa und einer tieferen Integration.
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