Letztens war ich in Turin, der Zentrale der kontinentaleuropäischen Antifa-Bewegung. Etliche historische Fassaden sind mit Graffiti besprüht: „Organizziamo la rabbia“ (Wir organisieren die Wut), „Noi siamo antifa“ und ähnliche Sprüche liest man als Fußgänger. Nach dem Pogrom gegen 1.400 jüdische Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Alte, Zivilisten und Militärs frage ich mich, wo denn diese Wut aus dem linken Lager nun bleibt. Hat sie sich verkrochen? Ist sie nur aktiv, wenn europäische Rechtsradikale oder vermeintliche Faschisten diskursiv bzw. physisch Gewalt ausüben? Oder hat die Antifaschismus-Bewegung, die seit dem Zweiten Weltkrieg mehrheitlich von linken Gruppierungen ausging, etwa die Fronten gewechselt? Sind heutzutage gemäßigt konservative oder bürgerlich-liberale Akteure etwa die Hüter der Antifa-Tradition? Auszuschließen ist diese Verschiebung nicht. Ein Blick auf die klaren Worte von CDU/CSU, FDP und dem bürgerlichen SPD-Flügel erhärtet diese These. Genauso wie das offen antisemitische und islamo-faschistische Gebaren von Frankreichs LFI, der radikalen Linken um Mélenchon und der englischen Corbyn-Fraktion bei der Labour-Partei. Die Hamas hat die legitime Nachfolge von Hitlers NSDAP angetreten, wenn auch mit bescheideneren Mitteln. Die Zielsetzung, sprich die Auslöschung jüdischen und darüber hinaus andersdenkenden Lebens weltweit, ist dieselbe geblieben. Die Mittel ebenfalls: Vergewaltigung, Folter, Erniedrigung, Einschüchterung, Lügen, hinterhältige Propaganda, Völkermord-Fantasien, Männerclans, Rassismus, Totalitarismus, Konsensfeindlichkeit.
Herr Habeck (Die Grünen!), vor dem ich mich verneige, hat dies erkannt. Es wäre an der Zeit, dass die alte Antifa aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht und dem importierten wie dem hauseigenen Antisemitismus und Rassismus den Kampf ansagt. Ich wäre dabei. Aber dann bitte kohärent und nicht selektiv.
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