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LeserforumFrau Polfer, Ihre Stadt hat definitiv fertig

Leserforum / Frau Polfer, Ihre Stadt hat definitiv fertig
 Symbolfoto: Editpress/Hervé Montaigu

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Es scheint zu den Tugenden rechtsgerichteter Parteien zu gehören – hinter dem Schreibtisch, versteht sich –, Politik auf Kosten der Armen zu machen. So hat auch unlängst die Wiener Freie Partei Österreichs (FPÖ), eine rechtspopulistische, zum Teil rechtsextreme Partei, die Initiative, Betteln in Einkaufsstraßen und Öffi-Stationen in der Donaustadt zu verbieten, gestartet. Nicht verwunderlich ist die Tatsache, dass eingefleischte Turbokapitalisten à la Laurent Mosar (CSV), obwohl der Name ihrer Gruppe Gleichgesinnter als Markenzeichen das „C“, stehend für christlich, und „S“, stehend für sozial, beinhaltet, in die gleiche Kerbe schlagen wie die Sauberfrau, Sittenrichterin und langjährige Hauptstadtbürgermeisterin Lydie Polfer (DP). Wenn aber Zeitgenossen wie ein Paul Galles (CSV), als selbsternannter Menschenfreund und Wohltäter der Menschheit, den rechtspopulistischen Sittenwächtern uneingeschränkt folgt, lässt sich zweifelsohne erahnen, wie weit sich inzwischen die CSV-Riege von den Idealen ihrer Gründerzeit entfernt hat.

In der Tat hat Martin von Tours, lange bevor er zum Bischof geweiht wurde, als römischer Soldat in einer kalten Nacht seinen warmen Mantel mit einem frierenden Bettler geteilt. Dem zum Spitzenkandidat der CSV bei den nächsten Parlamentswahlen bestallten und oft als herzloser Mitlebender bezeichneten Luc Frieden (CSV) wäre eine derartige Vorgehensweise sicherlich nicht in den Sinn gekommen, auch wenn Jean-Claude Juncker (CSV) vor geraumer Zeit auf RTL das Gegenteil behauptet hat.

Frau Polfer ist jedenfalls ihrer angeborenen Geisteshaltung stets treu geblieben. Während Dekaden hat sie mit ihrer Siedlungspolitik echte „Sozialpolitik“ betrieben und Siedlungsprojekte mit einem sozialen Hintergrund erfolgreich ausgebootet – dies, nachdem sie erfolgreich viele Bewohner der Stadt durch die Niederlassung von Banken, Anwaltskanzleien und Treuhändlern verdrängen ließ.

Projekte des Fonds du Logement wurden immer wieder ausgebremst, derweil private Promoteure, die der DP nahe standen und diese Partei finanziell unterstützten, mit einer wohlwollenden Unterstützung und Behandlung rechnen konnten. Der parastaatliche Wohnungsbaufonds musste fast ein Vierteljahrhundert auf die Genehmigung seines Projektes „Sauerwiss“ in Gasperich (mit über 500 Wohnungen) warten. Die widerwillige Genehmigung durch die Stadt kam letztendlich nur zustande, weil der Fonds feierlich gelobte, bei größeren Projekten maximal 1/3 der Wohnungen als „soziale Mietwohnungen“ auf den Markt zu bringen. 

Und als die erste Bauphase der „Sauerwiss“ feierlich, im Beisein des damaligen Wohnungsbauministers Jean Spautz (CSV), eingeweiht wurde, richtete Frau Polfer anlässlich des Ehrenweins folgende Worte an den ehemaligen Stahlarbeiter und LCGB-Vorsitzenden Jean Spautz: „Jang, Du wäers mir jo elo net de Wouscht vum ganze Land heihinner bréngen.“

Wann erkennt die DP-Mutter der Hauptstadt endlich, dass sie mit dem Versuch, aus der Stadt Luxemburg eine Bling-Bling-Stadt zu machen, kläglich gescheitert ist. Die Stadt, die einst einen Goethe begeisterte, kann heute, nach 40-jährigem DP-Diktat, nur noch durch intravenöse Injektionen und Infusionen der Marke „Brot und Spiele“ künstlich am Leben gehalten werden. Viele Stadtbereiche, wie etwa die avenue de la Liberté, die avenue de la Gare, aber auch Bereiche in der Oberstadt, sind dem definitiven Stadttod nahe.

Wann kommen die Entscheidungsträger des lokalen politisch-administrativen Systems endlich zur Erkenntnis, dass eine intakte Stadt alle soziale Schichten, Lager und Milieus zwingend beheimaten muss. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Stadt Wien seit über 10 Jahren bei vielen Städte-Rankings als Stadt mit der weltweit höchsten Lebensqualität gilt. Für manche Beobachter ist die bestehende Situation in Luxemburg Stadt – bei Mercer bekleidet sie den Rang 18 – aber derart desaströs, dass eine zielführende Stadtgenesung nicht eingeleitet werden kann.