Ein offener Brief an Landwirtschaftsminister Claude Haagen:
In naher Zukunft wird es wieder so weit sein. Das Landwirtschaftsministerium wird die Lieferung von Schulobst für das kommende Schuljahr ausschreiben. Stellt sich die Frage: Inspiriert sich das Landwirtschaftsministerium bei den Lastenheften der Ausschreibung an der (vom Erziehungsministerium entschiedenen) Reform der Verpflegung in den Schulkantinen?
Zur Erinnerung: Hier wurde entschieden, dass Restopolis – die Verwaltung, die derzeit für die Verpflegung in den Kantinen zuständig ist – in Zukunft weitaus mehr biologische und regionale Lebensmittel verwenden wird. Die Kriterien Regionalität und Bio werden in diesem Zusammenhang sogar stärker gewichtet als der Preis.
Diese Vorgehensweise hat zahlreiche Vorteile: Vor allem wird die biologische und regionale Landwirtschaft hierzulande gefördert! Und Landwirte erhalten eine mittelfristige Planbarkeit für die Produktion ihrer Waren. Sie wissen: Bieten sie regionale und vor allem biologische Produkte an, werden ihnen diese mit recht großer Wahrscheinlichkeit zu einem fairen Preis abgenommen.
Bei den Ausschreibungen für Schulobst wurde diese Trendwende noch nicht vollzogen. Die gesamte Ausschreibungsprozedur rückt nicht die regionale und biologische Landwirtschaft in den Fokus, sondern z.B. vor allem weiterhin den Preis. Die Folge: Die Ausschreibungen sind kaum interessant für die regionale und biologische Landwirtschaft. Vor allem begibt sich niemand auf den Weg, gezielt Obst für Luxemburger Schulen zu produzieren und sogar vielleicht neue Obstbäume zu pflanzen, da der Absatz a priori unsicher erscheint.
Nicht zuletzt ist bekannt, dass gerade Obst sehr häufig hochgradig mit Pestiziden belastet ist. Eine Analyse und im Auftrag des Gesundheitsministeriums durchgeführte Studie des LIH (Luxembourg Institute of Health) aus dem Jahr 20221) ergab zudem, dass Luxemburger Schulkinder mit Pestiziden belastet sind. Bio-zertifiziertes Obst ist dabei gemäß weiteren Untersuchungen praktisch frei von Pestizidrückständen2) und regionales Obst zumindest weniger belastet als vergleichbare importierte Produkte. Demnach würde eine Neuorientierung der Ausschreibungsprozedur auch die Pestizidbelastung bei Schüler:innen reduzieren und stünde für einen vorsorgenden Gesundheitsschutz.
Das „Mouvement écologique“ richtet einen eindringlichen Appell an das Landwirtschaftsministerium, die Lastenhefte für Schulobst dieses Jahr umzugestalten, und:
– Obst aus biologischer und regionaler Produktion zu bevorzugen sowie kleineren Produzenten den Zugang zu ermöglichen;
– Herkunft und Qualität weitaus höher zu bewerten als den Preisfaktor.
Dabei sollte sich ebenfalls am Konzept von Restopolis orientiert werden und offen über die Vergabe der Aufträge kommuniziert und vor allem angegeben werden, mit welchen Entwicklungen (etwaigen Mengen des Bedarfs an Obst) in den kommenden Jahren zu rechnen ist. Dies schafft Sicherheit für all jene, die ggf. gezielt Obst für Schulen anbauen bzw. anbieten möchten.
Vor allem in öffentlichen Ausschreibungen sollte Ernst gemacht werden mit der Umsetzung der Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung und dem Gesundheittschutz.
Das Landwirtschaftsministerium darf diese Chance nicht verpassen! Es darf kein weiteres Jahr verloren gehen: Stellen Sie die Weichen für Bio und Regionalität!
1) Bis zu 88 verschiedene Schadstoffe in den Haaren luxemburgischer Kinder gefunden: www.lih.lu/de/bis-zu-88-verschiedene-schadstoffe-in-den-haaren-luxemburgischer-kinder-gefunden/
2) Rapport annuel – Campagne de contrôle relative aux teneurs en résidus de pesticides dans les produits d’origine végétale, aliments destinés aux nourrissons et enfants en bas âge et produits d’origine animale 2021: securite-alimentaire.public.lu/content/dam/securite_alimentaire/fr/publications/link-liste/plan-control-rapports/rapport-annuel-pesticides-2021.pdf
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