Tageblatt: Markus Zingen, erst zum Jahresbeginn ist Leopard Pro Cycling mit dem dänischen Team Riwal Cycling fusioniert. Unter anderem stehen zwei Gesamtsiege bei 2.2-Rennen im Palmarès der neuen Mannschaft. Kann man jetzt schon von einer Erfolgsgeschichte sprechen?
Markus Zingen: Ja, auf jeden Fall. Wenn man schaut, wie wir in die Saison gestartet sind, ist das schon eine sehr positive Entwicklung. Es gibt immer noch einige Stellschrauben, die im Zusammenführungsprozess zu drehen sind, aber der Wandel in diesem Jahr war auch groß. Insgesamt hat es sehr gut funktioniert. Die Stimmung im Team war von Anfang gut. Das hatten wir im Training gemerkt, aber ob die Stimmung dann auch unter Stressbedingungen im Wettkampf die gleiche ist, war eine andere Sache. Im Endeffekt können wir uns aber nicht beschweren.
Ein großer Block des Kaders kommt aus Dänemark, der andere aus Luxemburg. Wie schwierig ist es, eine Grüppchenbildung der beiden Lager zu vermeiden?
Training im Radsport ist nicht wie im Fußball. Wir sind es gewohnt, dass man sich nicht oft trifft. Man trainiert individuell oder in kleineren Gruppen. Wir müssen viel kommunizieren und die Team-Philosophie klar rüberbringen. Aber um ehrlich zu sein, hat man dafür nicht viele Gelegenheiten. Einmal beim Teambuilding im November und dann noch einmal vor der Saison beim gemeinsamen Trainingslager – das sind die zwei einzigen Termine im Jahr, bei denen alle zusammen sind. Da muss man seine Nachrichten dann klar an das Team rüberbringen.
Am Mittwoch startet mit der Tageblatt Flèche du Sud vor allem für den luxemburgischen Teil des Teams ein Highlight in der Saison. Wie lautet der Plan für das Rennen?
Wir hatten in den letzten Wochen Sturzpech. Loïc Bettendorff und Tim Torn Teutenberg hatten sich beide das Kahnbrein gebrochen. Bei der Tour de Bretagne hatten sich auf der vorletzten Etappe bei einem Massensturz zwei Fahrer eine Gehirnerschütterung zugezogen. Sie fielen länger aus und mussten einen Neuaufbau starten. Mil Morang hatte sich bei Paris-Roubaix einen Ellbogenbruch zugezogen, er fällt für die Flèche du Sud aus und wird durch Miguel Heidemann ersetzt. Wir haben also mit den vier Luxemburgern (Colin Heiderscheid, Loïc Bettendorff, Mats Wenzel und Cédric Pries), Heidemann aus Trier und dem Dänen Mathias Bregnhoj einen ausgewogenen Kader. Den Plan verrate ich nicht, weil ich der Konkurrenz nichts erzählen möchte. Aber von den sechs Fahrern haben drei wenig Aussichten auf die Gesamtwertung. Sie sollen es über Ausreißergruppen oder Sprints versuchen. Es ist auch kein Geheimnis, dass Mathias Bregnhoj in diesem Jahr zwei Gesamtwertungen gewonnen hat. Aber auch Mats Wenzel ist in sehr guter Form. Bei einem Heimspiel will man sich zeigen und wir werden versuchen, ihn dabei zu unterstützen.
Was müsste an diesen fünf Tagen passieren, damit Sie am Ende sagen, dass es eine gelungene Tageblatt Flèche du Sud war?
Ich bin vorsichtig, was Ziele angeht, weil die Flèche du Sud in den letzten Jahren ein wenig verhext für uns war. Im besten Fall sollte aber ein Etappensieg drin sein und in der Gesamtwertung wollen wir aufs Podium. Das wollen wir erreichen – ob wir das tun werden, ist eine andere Sache. Das Feld ist sehr gut besetzt. So gut wie vielleicht schon lange nicht mehr.
Als Sportlicher Leiter bringen Sie viel Erfahrung mit. Worauf kommt es an, wenn man die Tageblatt Flèche du Sud gewinnen möchte?
Ich will nicht sagen, dass man Glück braucht, aber man darf in jedem Fall kein Pech haben. Wir hatten in den letzten Jahren viele Topfahrer dabei, aber konnten in der Gesamtwertung nicht viel reißen. Aber das passiert jedem Team mal. Wir hatten in den entscheidenden Situationen Defekte oder Stürze. Es ist eine sehr spezielle Rundfahrt. Die Berge in Luxemburg sind keine 10- oder 20-Minuten-Berge, sondern eher ein Zwischending. Es ist etwas für Klassiker-Fahrer, die gut über Berge kommen. Was ich in diesem Jahr gut finde, ist, dass eine weitere schwere Etappe dazukommt. Das spielt Bregnhoj und Wenzel in die Karten und verändert gleichzeitig den Charakter der Rundfahrt: Es wird sich nicht mehr nur noch auf die Bourscheid-Etappe fokussiert. Es ist eine klassische Rundfahrt, man muss von Tag zu Tag schauen. Du kannst in Rümelingen Zeit verlieren, aber auch im Prolog, der sehr hart wird. Wenn du die Rundfahrt gewinnen willst, dann darf das auf keinen Fall passieren. Es wird auf jede Sekunde ankommen.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können