Am Donnerstag hat der polnische Generalanwalt Maciej Szpunar einen Schlussantrag am Europäischen Gerichtshof präsentiert, der möglicherweise Folgen für den gesamten internationalen Fußball – und demnach auch für Luxemburg – haben wird. Ob sich die Richter der Meinung des Rechtsexperten anschließen werden, wie es eigentlich sehr oft der Fall ist, könnte noch vor den Sommerferien feststehen. Das Urteil sollte in drei bis sechs Monaten präsentiert werden.
Aus nationaler Sicht erinnert dieser Fall stark an die Rechtsangelegenheit des Swift Hesperingen, der vor dem Zivilgericht gegen UEFA und FLF geklagt hatte: Es werden eine ganze Reihe an Bestimmungen attackiert, die man auf dem „Holleschbierg“ als nicht konform zum geltenden EU-Recht sieht. Vertreten wird der Verein, die Flavio-Becca-Firma Leopard SA und ein sogenannter „Fan“ von Jean-Louis Dupont und Martin Hissel. Von dem Verbot der Entstehung einer BeNeLux-Liga bis hin zu der Erstlizenzen-Regelung – der Swift sieht in den aktuellen Statuten des europäischen Verbands und der FLF Einschränkungen, welche die Entwicklung des Vereins bremsen würden und u.a. nicht vereinbar mit den Freizügigkeitsregeln seien.
Bevor wohl erst nächstes Jahr mit einem Urteil in diesem Fall zu rechnen ist, wird der Europäische Gerichtshof in der Antwerpener Angelegenheit entschieden haben. Das Berufungsgericht aus Mons hatte die Affäre an den EU-Gerichtshof weitergeleitet. Konkret geht es um einen Profispieler sowie den Erstligisten Royal Antwerp, die gemeinsam die aktuellen Regeln des nationalen belgischen Verbands sowie der UEFA anprangern. Laut URBSFA müssen vier der nötigen acht „Nachwuchsspieler“ (in Luxemburg besser bekannt als „premières licences“), die unter den 25 Namen auf dem Spielerbogen stehen, im betreffenden Verein ausgebildet worden sein – die vier anderen können aus einem anderen Klub des gleichen Verbands stammen. U.a. in Belgien gilt: „Unter Nachwuchsspieler werden Spieler definiert, die unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit mindestens drei Jahre lang im Alter zwischen 15 und 21 Jahren von ihrem Verein oder einem anderen Verein in derselben nationalen Liga ausgebildet wurden.“
Wirtschaftliche Interessen
Der Artikel 17 des FLF-Regelwerks wurde erst am 1. Juli 2022, nach einem Referendum, angepasst: Statt sieben müssen seit der laufenden Saison nur noch fünf Erstlizenzen auf dem Spielerbogen stehen. Die zweite Bedingung lautet, dass zwei von ihnen in der Startelf stehen müssen. Anders als in Belgien gibt es in Luxemburg keine Bedingungen über den „Herkunftsverein“ der Spieler – sie können demnach in einem beliebigen FLF-Klub ausgebildet worden sein, um als „première licence“ zu gelten. Ihre Lizenz müssen sie vor dem 15. Lebensjahr in Luxemburg beantragt haben.
Die Kläger sehen sich benachteiligt und eingeschränkt, was die Auswahl der Spieler angeht. Anders ausgedrückt: Es geht um wirtschaftliche Interessen. Wie Anwalt Marc Theisen dem Tageblatt erklärte, könnte das EU-Urteil Statutenänderungen erforderlich machen: „Sollte der EU-Gerichtshof zum Schluss kommen, dass die bestehenden Texte nicht mit dem Artikel 45 (zur „libre circulation“) konform sind, dann müsste die UEFA das respektieren und sich anpassen. Das ist durchaus möglich, da die Richter in vielen Fällen den Schlussfolgerungen des Generalanwalts folgen.“
Der hatte in seinen Zeilen argumentiert, „dass die Nachwuchsspielerregelungen eine mittelbare Diskriminierung Staatsangehöriger anderer Mitgliedstaaten bewirken können. Es sei nämlich eine Tatsache, dass, je jünger ein Spieler sei, desto größer die Wahrscheinlichkeit sei, dass er seinen Wohnsitz an seinem Herkunftsort habe. Es seien zwangsläufig Spieler aus anderen Mitgliedstaaten, die durch die beanstandeten Regelungen beeinträchtigt würden“, heißt es in der Mitteilung des EuGH. „Obwohl der Wortlaut neutral sei, begünstigten die beanstandeten Bestimmungen einheimische Spieler gegenüber Spielern aus anderen Mitgliedstaaten.“
Doch ganz so eindeutig ist die Sache aufgrund der Besonderheiten des Sports nicht. Der Generalanwalt kam zum Ergebnis, „dass die beanstandeten Bestimmungen nicht kohärent und folglich nicht geeignet seien, das Ziel der Ausbildung junger Spieler zu erreichen: Bei Nachwuchsspielern sollte es sich nicht um Spieler handeln, die aus einem anderen als dem betreffenden Verein stammen.“
Sonderstatus des Sports
Und auch damit gibt es in diesen Zeilen noch keine totalitäre Aussage. „Jeder kann sich aus der Schlussfolgerung herauspicken, was er will“, meinte Theisen. „Die Schlussfolgerung ist nicht unbedingt eine rote Ampel, allerdings eine orange. In diesem Fall stellt der aktuelle Text vielleicht eine Verletzung des EU-Abkommens dar. Gleichzeitig genießt der Sport einen besonderen Status. Wenn man also eine Erstlizenzenregelung einführen will, muss man die Gründe dafür belegen können. Der Artikel 17, so wie er jetzt formuliert ist, ist eine Tatsache. Das sieht schon anders aus, wenn man hinzufügt, dass das Ziel dahinter der Schutz des eigenen Marktes ist.“
Der Rechtsanwalt ging dann auch auf die Spezifität des Sports gegenüber rein wirtschaftlichen Betrieben ein: „Vereine unterstehen dem EU-Abkommen. Es können aber Ausnahmen gemacht werden, da der Sport auch soziale und erzieherische Komponenten hat. Solange die Ausnahmen also objektiv belegt werden können und proportional zum eigentlichen Ziel sind, können sie gestattet werden.“
Theisen schätzt die Möglichkeit, dass die UEFA Textanpassungen vornehmen müssen wird, als durchaus plausibel ein. Im gleichen Zug müsste dann auch der nationale Verband nachziehen. „Um es anders auszudrücken: Es werden gerade Reflexionen verlangt. Die Zeiten, in denen sich der Sport eigene Gesetze und Regeln geben konnte, sind definitiv vorbei.“
Warum?
Ich nehme an, sie haben noch immer weitere versklavende Regeln.