Duell der Jahrhunderttalente
Vor über 50.000 Zuschauern wird am Sonntag die Cross-Saison ihren Höhepunkt erreichen: Um 15.05 Uhr duellieren sich die beiden Jahrhunderttalente Mathieu Van der Poel und Wout Van Aert. „Ich brauche das Weltmeister-Trikot nicht unbedingt. Aber es wäre schon aufregend, es wieder einmal zu tragen. Es ist ja schon eine Weile her“, sagt der Belgier Van Aert, der leicht favorisiert in das Rennen geht. „Meine Chancen sind 50:50, Wout war in dieser Saison viel öfter vorn“, entgegnet der Niederländer.
Vielleicht kommt Van der Poel die Strecke entgegen. Der Kurs in Hoogerheide, dem Geburtsort seines Vaters Adrie, ist auch nach ihm benannt – zudem hat der Vater die Strecke gesteckt. Ein Vorteil für seinen Sohn? „Nein, das würde nicht funktionieren“, sagt Adrie Van der Poel.
Es ist ein ganzjähriger Zweikampf zwischen Van der Poel und Van Aert. Im Frühjahr kämpfen sie bei den Klassikern um Siege, im Sommer bei der Tour und im Winter im Querfeldein. Die Rennen in den kalten Monaten nutzt das Duo als Entspannungsübung. „Das sind die einzigen Rennen im Jahr, bei denen nichts von mir erwartet wird. Im Winter habe ich eine großartige Zeit“, sagt Van Aert.
Diese Zeit kann der 28-jährige Belgier am Sonntag mit dem Regenbogentrikot krönen. Vor elf Jahren fuhr er bereits gegen seinen Dauerrivalen um dieses besondere Trikot – mit 17 Jahren gewann dabei Van der Poel bei der WM in Koksijde zum ersten Mal dieses Duell. Allein im Elitevergleich liegt nun aber Van der Poel vor. Der Niederländer hat vier Titel eingefahren, Van Aert drei. Am Sonntag könnte der Belgier auf dem Terrain seines Dauerrivalen in dieser Titelsammlung gleichziehen.
Die Strecke
Am Freitag war das FSCL-Aufgebot auf der Strecke in Hoogerheide. „Eine gute Strecke, die mir entgegenkommt, mit einem Start, der leicht bergauf geht. Das habe ich gerne, mit meinem starken Start kann ich dort direkt Vollgas geben“, sagte Marie Schreiber nach der Besichtigung. „Es geht dann über Brücken. Technisch ist es nicht so anspruchsvoll, weil alles schnell und breit ist. Es sind alles schnelle Kurven, teilweise gibt es Speedlimits, weil du nicht zu schnell fahren darfst, weil es sonst in die Absperrung geht. Technisch muss man sauber fahren, aber das wird nicht die größte Herausforderung.“ Entscheidend wird laut der 19-Jährigen der Teil der Strecke, auf dem es leicht bergauf geht. „Eine große Herausforderung sind aber auch die Hürden“, ergänzte sie. „Sie sind höher, als wir es vom Weltcup gewöhnt sind.“ Ein weiteres markantes Merkmal des Kurses ist eine sehr hohe und steile Treppe, die den Beinamen „Stairway to Heaven“ trägt.
Oranje-Armada bei den Damen
Kein Vorbeikommen an den Niederländerinnen wird es am Samstag beim Rennen der Elite-Damen geben. Zu stark ist „Oranje“, zu dominant waren sie in dieser Saison und zu viele Favoritinnen gibt es aus Holland, falls eine einen schlechten Tag erwischen sollte.
Die große Favoritin ist Fem Van Empel, die in dieser Saison die meisten Siege einfuhr, im Weltcup führt und für das Team Jumbo-Visma fährt. Gejagt wird sie von ihrer Landsfrau Puck Pieterse. Die beiden Sportlerinnen sind 20 Jahre jung und wären somit auch noch bei den Espoirs startberechtigt gewesen.
Für Van Empel spricht ihr schneller Sprint, gegen den Pieterse in dieser Saison noch keine Antwort finden konnte. Fast alle direkten Duelle entschied Van Empel so zu ihren Gunsten. Technisch sollte Pieterse Vorteile haben – der Kurs in Hoogerheide scheint dafür aber nicht schwierig genug, sodass Pieterse ihre Stärke in diesem Bereich nicht voll ausspielen können wird.
Shirin Van Anrooij ist die dritte Niederländerin, die die vergangenen Weltcup-Rennen neben Pieterse und Van Empel bestimmte. Sie hat sich allerdings für einen Start bei den Espoirs entschieden und so wird ein Platz auf dem Podest frei. Weil die Titelverteidigerin Marianne Vos in dieser Saison nicht zu gewohnter Form findet, verzichtet sie auf die WM. Ihre beiden Vorgängerinnen Lucinda Brand und Ceylin del Carmen Alvarado sind daher die größten Favoritinnen auf einen weiteren Podestplatz. Doch auch Annemarie Worst, Aniek Van Alphen, Denise Betsema und Inge van der Heijden gehen ambitioniert in das Rennen. Alle letztgenannten Namen kommen, wie sollte es auch anders sein, aus den Niederlanden.
Ernsthafte Chancen auf eine Medaille für eine Radsportlerin einer anderen Nation hat die Italienerin Silvia Persico, die beim letzten Festival Elsy Jacobs auf Platz 3 fuhr. Auch die Ungarin Kata Blanka Vas rechnet sich Medaillenchancen aus – doch dafür müssen beide an der Oranje-Armada vorbei.
Das Wetter
Noch am Donnerstag regnete es, zur Team-Staffel am Freitag war es aber trocken. In der Nacht von Freitag auf Samstag ist ein leichter Niederschlag vorhergesagt, die Temperaturen sollen sich tagsüber zwischen acht und zehn Grad Celsius bewegen. Regnen soll es dann wieder leicht in der Nacht von Samstag auf Sonntag, vormittags dagegen soll der Himmel aufklären. Während die Temperaturen gleich bleiben, soll der Wind für Sonntag allerdings spürbar auffrischen. Es wird also nicht mit einer Schlammschlacht gerechnet, der Untergrund verspricht schnelle Rennen.
Das Programm
Cyclocross-Weltmeisterschaft in Hoogerheide (NL):
Am Freitag:
Team-Staffel: 1. Niederlande, 2. Großbritannien, 3. Belgien
Am Samstag:
11.00: Rennen der Juniorinnen mit Anouk Schmitz
13.00: Rennen der U23-Männer
15.00: Rennen der Frauen
Am Sonntag:
11.00: Rennen der Junioren mit Noa Berton, Rick Meylender und Fynn Ury
13.00: Rennen der U23-Frauen mit Maïté Barthels, Marie Schreiber und Liv Wenzel
15.00: Rennen der Männer
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