Raymond Poulidor. Selbst bei denjenigen, die noch nie im Leben eine Tour-de-France-Etappe zu Ende geschaut haben, oder bei denen, die bei Formel-1-Rennen nur beim Start kurz reinschalten, dürfte es klingeln. Diese ewige Nummer zwei hatte in Sportlerkreisen wenigstens noch eine ehrenhafte Daseinsberechtigung. Anders steht es da um dieses lästige kleine Finale, das wir am Samstag noch über uns ergehen lassen müssen – wenn es darum geht, den Drittbesten der Welt zu ermitteln. Eigentlich könnte man der FIFA vorwerfen, es sei nur eine weitere geldeinbringende Masche. Doch dieses überflüssige Spiel findet seit 1934 statt und wurde nur vier Jahre zuvor in Uruguay nicht ausgetragen.
Und wen interessiert’s, wenn um 16.00 Uhr Kroatien und Marokko antreten? In erster Linie ein paar europäische Statistikfreaks aus der Kategorie Nimmersatt. Belgien, Niederlande, Deutschland (3x), Türkei, Kroatien, Schweden, Italien, Frankreich (2x), Polen (2x), BRD, Portugal, Österreich – dies ist die Liste der UEFA-Mitglieder (von hinten nach vorne), die noch die letzten Kraftreserven zusammentrommelten, um einen völlig nutzlosen Titel zu gewinnen. In Südamerika hatte man beim Lustlos-Spiel weniger Erfolg: Nur Brasilien (2 Siege, 2 Niederlagen) und Chile trugen sich in die Liste der ewigen Halbfinal-Verlierer ein, gleich dreimal sah Uruguay davon ab, sich die Trostpreis-Medaille abzuholen. Die Einzigen, die sich wohl darüber freuen würden, wären die Marokkaner bei der Afrika-Premiere.
Nehmen wir es aber gleich vorweg: Kroatien wird die bronzene Ananas gewinnen – weil die Europäer traditionell halt gut bei dieser Aufgabe abschneiden. Aber: Nicht nur, dass kein Mensch dieses Spiel braucht, sondern es wird zudem auch total langweilig werden. Da mein werter Ehemann diese Zeilen beim Frühstück mit großen Augen lesen wird, darf er an dieser Stelle dann auch gleichzeitig erfahren, dass er die bequemen Laufschuhe schnüren soll: Heute geht’s Katar-mäßig in die Shopping-Mall. Wir sparen uns das „Kiermesmatch“.
Wirkliche Freude hat diese WM uns ohnehin nie bereitet. Ausnahme: Gianni Infantino, der sich auf das „beste kleine Finale aller Zeiten“ freut. Und danach auf das aller-allerbeste Finale. In diesem Sinne: Frohes Fest und bis in vier Jahren.
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