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Welttag des Schlaganfalls: Wie eine Hochzeitsreise zum Albtraum wurde

Welttag des Schlaganfalls: Wie eine Hochzeitsreise zum Albtraum wurde

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Eine sportliche Frau öffnet die Tür. Sandy Hennes trägt ihre rotblonden Haare kurz – sie  wirkt gesund, schlank und vor allen Dingen fit. Dass sie vor dreieinhalb Jahren einen Schlaganfall erlitten hat, ist ihr nicht anzusehen.

Den Satz:  «Dir ist doch überhaupt nichts anzusehen!», hört Sandy oft. Das sei das schlimmste an ihrer Krankheit: «Mir sieht keiner in den Kopf.» Manchmal wünscht sie sich, dass andere nur kurz das fühlen könnten, was sie empfindet – um verstanden zu werden. Vor ihrem Schlaganfall, wussten sie und ihr Ehemann Pascal Peters wenig über das unsichtbare Handicap. «Ich dachte immer, das passiert nur alten Menschen», sagt Pascal. Er steht mit dieser Annahme vermutlich nicht alleine da.

Es ist der 11. April 2015: Sandy und Pascal treten ihre Hochzeitsreise an. Es soll von Frankfurt nach Mauritius gehen. Voller Vorfreude betritt das Paar das Flugzeug, ohne zu ahnen, dass nach diesem Tag nichts mehr sein wird wie davor. Zwei Stunden vor der Landung erleidet Sandy einen Schlaganfall – 15.000 Meter über dem Erdboden. Erst einmal weiß niemand, dass es sich um einen Blutstau im Gehirn handelt. «Ich hatte ein Dröhnen im Kopf und dachte es sei etwas mit dem Flugzeug nicht in Ordnung.», erinnert sich die zweifache  Mutter. Als sie sich umsieht, sind jedoch alle anderen um sie herum ruhig. «Dann hat alles begonnen, sich zu drehen. Ich musste mich furchtbar übergeben.»  Die besorgte Stimme ihres Mannes, der direkt neben ihr sitzt, hört sie nur dumpf aus der Ferne. Sandy spürt ihre linke Körperhälfte nicht mehr. Alles steht Kopf.


Was ist ein Schlaganfall?

Zu einem Schlaganfall kommt es entweder, wenn ein gehirnversorgendes Gefäß durch ein Blutgerinnsel verstopft ist (in 85-90% der Fälle). Dann ist die Rede von einem «Hirninfarkt». Oder aber wenn ein Gefäß im Gehirn platzt (etwa 10-15% der Fälle), dann redet man von einer Hirnblutung. Das minderdurchblutete oder von dem ausgetretenen Blut zusammengedrückte Gehirnareal funktioniert nicht mehr richtig und es kommt zu meist plötzlich auftretenden Ausfällen. Gehirngefäßkrankheiten sind laut «Blëtz asbl» die dritthäufigste Todesursache und die Hauptursache erworbener Behinderungen in Luxemburg. 2001 waren hierauf 12% der Todesfälle zurückzuführen. Im Großherzogtum treten etwa vier Schlaganfälle pro Tag auf.


Die Stewardess ruft einen Arzt aus.  Ein Allgemeinmediziner ist an Bord. Er erkennt den Schlaganfall nicht und kann auch sonst nicht viel tun, außer den besorgten Ehemann beruhigen. Kurz ist die Rede von einer Notlandung. Die Flugzeugcrew und der Arzt  entscheiden sich dagegen. Nach der Landung auf Mauritius wird Sandy auf direktem Weg in ein privates Krankenhaus gebracht. Ihr Mann teilt den Ärzten mit, dass sie an einer leichten Form von Epilepsie leidet. Nach mehreren Untersuchungen stellen die Ärzte nichts weiter fest. Obwohl Sandy weder gehen noch reden kann, ihr übel ist und sie nichts essen kann, wird ihr Zustand als epileptischer Anfall abgetan. Die Patientin wird entlassen.

Nach einer Nacht im Hotel, in der sich ihr Zustand nicht verbessert, ruft ihr Mann einen Krankenwagen. Zurück im Krankenhaus folgt –  zweieinhalb Tage nach dem Schlaganfall – die korrekte Diagnose. Ihre Hochzeitsreise verbringen Pascal und Sandy knapp eine Woche lang im Krankenhaus auf Mauritius. Pascal schläft im Hotel. Er fährt jeden Morgen mit dem Taxi zu seiner Frau. Trotz des schlechten, körperlichen Zustandes von Sandy, sind beide guter Dinge. «Uns war zu dem Zeitpunkt noch gar nicht bewusst, was alles auf uns zukommen würde. Wir haben das ganze eher so eingeschätzt, als sei der Schlaganfall eine heilbare Krankheit», erzählt Pascal rückblickend.


Die häufigsten Symptome

Ein Schlaganfall kann sich auf verschiedene Art und Weise äußern und ist deshalb nicht immer leicht zu erkennen. Folgende Symptome deuten laut «Blëtz asbl» auf einen Blutstau im Gehirn hin:

Muskelschwäche: Eine plötzlich auftretende Schwäche kann jedes Köperteil betreffen, gewöhnlich aber eine Hand, einen ganzen Arm, ein Bein oder eine Gesichtshälfte. Häufig sind eine Gesichtshälfte, ein Arm und ein Bein derselben Seite betroffen. Nicht selten kommt es dabei zu einem Sturz.

Gefühlsstörung: Plötzlich auftretendes Taubheitsgefühl oder Kribbeln im Gesicht, in einem Arm oder einem Bein.

Sprachstörungen: Plötzlich auftretende Sprach- oder Artikulationsstörungen oder Sprachverständnisschwierigkeiten.

Sehstörungen: Plötzlich auftretender Verlust der Sehkraft, vor allem auf einem Auge, oder plötzlich auftretende Doppelbilder.

Kopfschmerzen: Plötzlich auftretende heftigste, noch nie erlebte Kopfschmerzen.

Gleichgewichtsstörungen: Plötzlich auftretende Gleichgewichtsstörungen, vor allem, wenn sie von weiteren oben genannten Symptomen begleitet werden.


Eine Ärztin begleitet Sandy auf dem Rückflug nach Frankfurt. Zurück in Luxemburg verbringt sie noch eine Woche im Krankenhaus auf Kirchberg. Es folgen neun Monate ambulanter Aufenthalt im Rehazenter. Sie wird von einem Logopäden, einem Ergotherapeuten, einem Neuropsyschologen und diversen Physiotherapeuten betreut.

Erst anderthalb Jahre nach dem Schlaganfall begreift Sandy, was eigentlich passiert ist: «Ich habe plötzlich gemerkt, dass ich keine großen Fortschritte mehr mache. Am Anfang ging es von Tag zu Tag besser, die Fortschritte wurden mit der Zeit aber immer kleiner.» Auch heute erlebt sie noch Rückschritte. Es ist hart für sie.


Schnell handeln!

Bei einem Schlaganfall ist es wichtig, schnellstmöglich zu handeln. Treten typische Symptome auf, sollten Sie nicht zögern und sofort den 112 wählen und am Telefon den Verdacht auf einen Schlaganfall äußern. Zur Akutbehandlung ist eine rasche Zuweisung in eine spezialisierte neurologische Krankenhauseinrichtung, eine sogenannte Schlaganfallspezialstation oder „Stroke Unit“, wichtig. Die Wiedereröffnung eines Gefäßes (Thrombolyse) ist nämlich in der Regel nur innerhalb der ersten drei Stunden möglich, kann das Ausmaß des Schlaganfalls dann aber vermindern. Auf einer spezialisierten Station können darüber hinaus ein zweiter Schlaganfall sowie weitere Komplikationen verhindert werden.


«Mein größtes Problem ist die Müdigkeit.» Sie ist viel schneller erschöpft ist als früher. Dann beginnt sie, zu lallen, hat Probleme, geradeaus zu laufen und auch die Feinmotorik ihrer linken Körperhälfte verschlechtert sich. Oft  tuscheln die Menschen um sie herum, wenn sie torkelnd und von ihrem Mann gestützt, am Abend ein Restaurant verlässt – ohne einen Tropfen Alkohol getrunken zu haben.

Heute muss sie ihren  ganzen Alltag durchorganisieren. «Wenn ich mir abends ein Basketballspiel ansehen will, weiß ich, dass ich davor eine Stunde schlafen muss.» Die Krankheit ist in ihrem Leben dauerhaft präsent, ihre Autonomie stark  eingeschränkt. «Abends traue ich mich nicht, Auto zu fahren, dann bin ich zu unkonzentriert.» In ihrem «Leben danach», wie sie es nennt, ist nur noch wenig spontan. All ihre Fremdsprachenkenntnisse waren nach dem Schlaganfall wie ausgelöscht. «Das war schon sehr komisch», sagt Sandy, die sich heute noch mit Französisch schwer tut.


F.A.S.T.

F: Face = Gesicht: Bitten Sie den Patienten, zu lächeln. Ist das Lächeln asymmetrisch?
A: Arms = Arme: Bitten Sie den Patienten, beide Arme zu heben. Sinkt ein Arm nach unten?
S: Speech = Sprache: Ist die Sprache verwaschen oder komisch?
T: Time = Zeit: Erkennen Sie eines dieser Symptome: wählen Sie umgehend den 112.


Die zweifache Mutter hat ihr Leben lang Sport getrieben. 20 Jahre lang spielt sie Basketball, bevor sie mit dem Laufen anfängt. Es ist ihre größte Leidenschaft. Daran ändert der 11. April 2015 nichts. Bis Sandy allerdings überhaupt wieder laufen konnte, flossen viel Schweiß und Tränen. «Meine ersten Versuche hatten nichts mit Laufen zu tun. Mein linker Arm zappelte unkontrolliert hin und her.»  Die komplizierten Wege, die sie am Anfang kaum gehen konnte, läuft sie inzwischen wieder. «Ohne das Laufen wäre ich heute nicht da, wo ich bin. Dann fühle ich mich, als wäre ich noch nützlich.» Seit dem Schlaganfall ist die heute 44-Jährige schon zwei Halbmarathons gelaufen. Ihr Ziel: Es dies ein drittes Mal schaffen und vielleicht auch noch einmal einen «Trail» zu meistern.

Seit Januar 2016 hat sie ihren Job als Erzieherin im «précoce» wieder aufgenommen – allerdings halbtags. «Wenn ich morgens arbeite, geht mittags nichts mehr, bevor ich nicht geschlafen habe», gesteht sie. Trotzdem ist Sandy unendlich dankbar, wieder arbeiten zu können: «Die Kinder geben mir einfach etwas zurück.» Sandy hat ihre Krankheit akzeptiert. Für sie bedeutet der Schlaganfall Lebenserfahrung: «Ich habe viele meiner Mitmenschen besser kennengelernt. Ich weiß jetzt, wer meine wirklichen Freunde sind.»

bouliste
29. Oktober 2018 - 10.33

well mir och genau esou e Fall vun enger Jonker Fra an der Famill hun, kann ech deen ganzen Artikel mit 2 Haenn ennerschreiwen an Mad. Hennes och verstoen. Neen et ass vir keen einfach. Net vir den, den et betreft, awer och net vir dei, dei ronderem si sinn. Net de courage verle'eren ass mei einfach gesot, als wei emmer gemach. An awer. Ech ze'en den Hutt virun all deene Leit. Neen si brauchen sech net ze verstoppen. Ierch, Mad. Hennes an alle Betraffenen, Courage a mein groussen Respekt. Dir pakt et. Leif Greiss