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Feinste Kammermusik und üppige Klangpracht: Konzerte mit zwei Rising Stars, dem Cellisten Jian Wang und dem OPL

Feinste Kammermusik und üppige Klangpracht: Konzerte mit zwei Rising Stars, dem Cellisten Jian Wang und dem OPL

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Die Rising Stars dieses Konzerts, der Cellist Kian Soltani und der Pianist Mario Häring, wurden vom Wiener Konzerthaus und dem Musikverein Wien nominiert und dürfen somit in vielen renommierten Konzerthäusern auftreten.

Von Alain Steffen

Für ihre Tournee und somit für das Konzert vom 16. Januar im Kammermusiksaal der Philharmonie hatten die beiden jungen Künstler Werke von Ludwig van Beethoven, Francis Poulenc, David Helbock und Sergej Rachmaninow im Gepäck. Das Konzert begann mit einer sehr ausgewogenen, aber auch sehr akzentreichen, im Ausdruck fast trockenen Wiedergabe der Sonate für Cello und Klavier Nr. 4 von Beethoven.

Wenn man bedenkt, dass die Tradition der Cellosonate damals noch ganz jung war – erste Versuche dieser Gattung (meistens mit Cembalo) haben Benedetto Marcello, Antonio Vivaldi und Luigi Boccherini gemacht –, so kann man von Beethovens meisterlicher Komposition aus dem Jahre 1815 nur begeistert sein. Soltani und Häring unterstrichen in ihrer Interpretation den modernen, zukunftsgewandten Charakter des Werkes. Dank eines hervorragenden Spiels und einer lebendigen Kommunikation erlebte man Beethoven pur.

Sehr schön auch das dynamische Zusammenspiel, bei dem Härings eher perkussives, akzent- und kantenreiches Spiel die eher lyrische, warme Bogenführung von Kian Soltani kontrastierte. Sehr farbenreich und betont rhythmisch unterstrichen die beiden Musiker die Vielseitigkeit von Francis Poulencs Sonate für Cello und Klavier FP 143 aus den Jahren 1940-1948 und ließen immer wieder, insbesondere in den beiden letzten Sätzen, Jazz-Einflüsse durchscheinen.

Inspirierte Wiedergabe

Eine makellose Intonation und ein sehr schönes, warmes Spiel zeichneten Soltanis Ansatz aus, während Häring mit einem dynamischen, klaren Spiel für den griffigeren Part zuständig war. David Helbrocks Werk Soul-Searching for violoncello and piano ist ein Auftragswerk der European Concert Hall Organisation (ECHO) für die beiden Solisten des Abends. Helbrock ist Jazzmusiker und das merkt man in jedem Takt. Grooves, Rhythmen und einige Improvisationsanweisungen herrschen bei Soul-Searching vor, obwohl der Komponist auch klassische «Seelenmusik» in sein spannendes Werk miteinfließen lässt. Auch hier erlebten wir eine inspirierte Wiedergabe zweier motivierter, spielfreudiger und äußerst talentierter Künstler.

Das Hauptwerk des Abends war die halbstündige Sonate für Cello und Klavier op. 19 von Sergej Rachmaninow aus dem Jahre 1901. Teils lyrisch, teils elegisch, begeistert Rachmaninows Werk durch expressive Musik und emotionale Dichte. Rachmaninow hatte seine Sonate wie auch sein vorhergegangenes 2. Klavierkonzert nach einer Depression und einer psychiatrischen Behandlung für seinen Cello spielenden Psychiater Nikolai Dahl geschrieben. Die Sonate sollte eins von Rachamaniows wichtigsten Werken werden. Heute gehört es zum Gepäck eines jeden Cellisten. Dass diese Sonate aber natürlich auch einen wunderbaren Klavierpart hat, das wusste Mario Häring mit jeder Note zu beweisen.

Überhaupt war es ein Genuss, dem gleichwertigen Spiel beider Musiker zuzuhören. Häring sah sich in diesem Sinne auch nicht als Begleiter, sondern als Mitgestalter, was der Sonate dann auch sehr zugute kam. Soltani betörte das Publikum mit seinem wunderbaren Klang und seinem präzisen Spiel. Anmutiger als er kann man das Andante wohl kaum spielen. Nach diesem komplexen Programm und den hochexpressiven Interpretationen hatten das Publikum und die beiden Musiker noch immer nicht genug. Und so erklang nach so viel Ernst als augenzwinkernde Zugabe das Stück New York Honk von Thomas Demenga, das auf virtuose Weise das Treiben auf New Yorks Straßen beschreibt.

Badefreuden

Virtuosität ist dann auch das Stichwort für unser zweites Konzert. Am vergangenen Freitag spielte das Orchestre philharmonique du Luxembourg mit Till Eulenspiegels lustigen Streichen und Ein Heldenleben zwei extrem brillante Tondichtungen von Richard Strauss sowie das klangüppige Cellokonzert von Sir Edward Elgar mit Jian Wang als Solisten. Das OPL stand unter der Leitung des Violinisten Nikolai Szeps-Znaider, der in letzter Zeit immer öfter seine Geige gegen den Taktstock eintauscht.

Es wurde ein berauschendes Konzert, ja ein regelrechtes Klangbad. Zumindest, was die beiden Strauss-Werke anbetraf. Etwas problematischer erschien mir die Auslegung des Cellokonzertes von Edward Elgar. Wenn Szeps-Znaider auch hier genüsslich in die Vollen ging und die Musik mit einem üppigen Orchesterklang ausmalte, so wirkte das Konzert doch gerade dadurch eher schwerfällig und pastos. Sicher, vieles klang da einfach wunderschön und der Dirigent ließ das Publikum die sogenannten schönen Stellen auch genießen; für das Werk selbst aber war das nicht unbedingt förderlich.

Auch der Solist Jian Wang, der zwar mit viel Engagement seinen Solopart gestaltete, erreichte weder die Dichte noch die Klangschönheit, die man in diesem Konzert von anderen Interpreten kennt. Zudem erschien der Dialog zwischen Wang und Szeps-Znaider etwas holprig und unsicher, sodass dieses Elgar-Konzert zwar schön und gut über die Rampe kam, aber niemals wirklich intensiv oder gar zwingend.

Ganz anders Till Eulenspiegel und Ein Heldenleben. Hier ging die Rechnung von Szeps-Znaider hundertprozentig auf. Einerseits ließ er der Strauss’schen Prachtentwicklung genug Raum, sodass alle Musiker und Orchestersolisten voll ausspielen konnten (exzellent Konzertmeister Philippe Koch), andererseits zeigte der Dirigent ein sicheres Gespür für Agogik und viel Liebe für Details. Das OPL spielte sowohl bei Elgar wie auch bei Strauss einfach prachtvoll. Es war ein Genuss, der Interpretation des Orchesters einfach nur zuzuhören. Auch schien das Verständnis zwischen Dirigent und Orchester optimal, sodass beide Parteien sich gegenseitig anfeuerten und das Publikum sich bei Till und Heldenleben in ein berauschendes Klangbad stürzen konnte.