In der Vergangenheit (also vor dem Euro) setzten die Nordstaaten auf eine hohe Produktivität und starke Währungen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Viele Staaten aus Südeuropa hingegen setzten auf Abwertungen, um wettbewerbsfähig zu bleiben – in anderen Worten: neues Geld drucken, um die eigenen Exporte billiger zu machen.
„Italien etwa hat praktisch alle zwei Jahre abgewertet, Deutschland nie“, erklärt Yves Kuhn, Chefvolkswirt der BIL, gegenüber dem Tageblatt. „Doch es ist heute noch etwas früh, um ein Urteil darüber abzugeben, ob wir jetzt dem Modell Südeuropas folgen. Aber die Frage muss gestellt werden dürfen.“
Zudem weist er darauf hin, dass Geld ins System pumpen „keine nachhaltige Politik“ ist. Es sei wie ein Antibiotikum gegen Schmerzen, die Wurzel des Übels werde damit nicht bekämpft. Letztendlich brauche es in Europa Strukturreformen, Produktivitätssteigerungen, mehr Investitionen und eine steigende Gewinnmarge bei den Unternehmen.
«Drastisch geschrumpfte Kaufkraft»
Dabei sei es eigentlich erstaunlich, dass sich noch niemand über die drastisch geschrumpfte Kaufkraft der Menschen im Euroraum beschwert hat. Immerhin konnte man vor Monaten für einen Euro noch 1,38 Dollar erhalten – und heute nur noch 1,05 Dollar. „Wir haben also bereits rund 25 Prozent an Kaufkraft verloren“, rechnet der Chefvolkswirt vor.
Und „wir hatten noch Glück“, so Kuhn weiter. „Wenn der Ölpreis zur gleichen Zeit nicht so drastisch gefallen wäre, müssten wir nun auch für Ölprodukte rund 30 Prozent mehr zahlen.“
Gleichzeitig erklärt er, dass dieses System nur funktioniert, wenn nicht alle Länder gleichzeitig auf eine Politik der Devaluierung setzen. Es können nicht alle gleichzeitig ihre Währung abwerten. Das bedeutet, dass die USA derzeit nicht auch auf eine Abwertung setzen können.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können