Die Niederlagen im Jahr 2004 und 2005 haben ein tiefes Loch in der luxemburgischen Fußballseele hinterlassen. Es waren die schwärzesten Stunden in der Geschichte der „Roten Löwen“ – die damals ihren Namen nicht verdient hatten. Aus den Löwen waren Schafe geworden, die nicht einmal auf einer liechtensteinischen Alm überlebt hätten. Nach diesen beiden peinlichen Schlappen verließen auch die letzten treuen Zuschauer die FLF-Auswahl. Der Wiederaufbau dauerte Jahre und heute kann FLF-Präsident Paul Philipp mit Stolz behaupten, die beste luxemburgische Fußballnationalmannschaft aller Zeiten auf dem Rasen stehen zu haben. Diese hat am Samstag nicht nur die Mission, die ersten drei Punkte in der laufenden EM-Qualifikation, sondern auch den ersten Sieg gegen Liechtenstein zu holen.
„Wir wissen alle, dass Luxemburg noch nie gegen Liechtenstein gewinnen konnte. Morgen wollen wir das ändern“, sagt Luc Holtz. Der Nationaltrainer ist sich sicher, dass seine Mannschaft gut mit dem Druck umgehen wird. „Wir müssen effizienter und präziser agieren als gegen Malta, dürfen aber auch den Gegner nicht unterschätzen. Liechtenstein hat morgen (Samstag) auch das Ziel, dieses Spiel zu gewinnen. Die Jungs sind es gewohnt, Woche für Woche mit Druck umzugehen, deshalb mache ich mir keine Sorgen.“
Holtz kann im dritten EM-Qualifikationsspiel der Gruppe J auf fast alle potenziellen Stammspieler zurückgreifen. Nur Linksverteidiger Mica Pinto ist wegen einer Verletzung nicht mit von der Partie. Die meisten Fragezeichen ergeben sich in der Abwehr. Holtz stehen mehrere Spieler zur Verfügung, die polyvalent eingesetzt werden können.
Größere Sorgen bereitet aber derzeit der Sturm. Gerson Rodrigues ist nicht in Form und bestritt gegen Malta sein erstes Spiel nach drei Monaten ohne Klubfußball. Danel Sinani fiel in den vergangenen Monaten wegen einer Verletzung aus und die jungen Angreifer wie Yvandro Borges, Vincent Thill oder Alessio Curci kommen vor allem über die Flügel. „Wir wollen die Räume nutzen und Gelegenheiten herausspielen. Es wäre schön, früh zu treffen“, so der Wunschgedanke von Holtz. Schön wäre es auch, endlich mal wieder ein Tor der „Roten Löwen“ bejubeln zu können. Zuletzt blieb Luxemburg viermal in Folge torlos. Eine Trockenperiode, die es in dieser Form seit zwölf Jahren nicht mehr gegeben hatte.
Premiere
Deutlich schlechter sieht die rezente Bilanz des Gegners aus. Die Spieler aus dem 40.000-Einwohner-Staat haben seit fast drei Jahren keinen internationalen Vergleich mehr gewonnen. Den letzten Sieg gab es ausgerechnet am 7. Oktober 2020 beim 2:1 im Testspiel gegen die FLF-Auswahl. Danach gab es 22 Niederlagen und drei Unentschieden. Im gleichen Zeitraum holte Luxemburg sieben Siege, acht Unentschieden und kassierte 15 Niederlagen.
Der liechtensteinische Verband reagierte zwar nicht auf die Erfolglosigkeit, stellte aber nach dem Abgang von Martin Stocklasa (FC Vaduz) einen neuen Trainer ein. Der Deutsche Konrad Fünfstück ist seit zwei Wochen im Amt. Der 42-Jährige war in der Vergangenheit u.a. kurz Cheftrainer beim 1. FC Kaiserslautern, machte sich aber vor allem einen Namen als Jugendtrainer bei Greuther Fürth, Werder Bremen und eben beim Verein in der Pfalz. Fünfstück wird gegen Luxemburg seine Premiere auf der Bank feiern.
Seine Mannschaft setzt sich vor allem aus Profis, die beim FC Vaduz in der zweiten Schweizer Liga unter Vertrag stehen, sowie aus Spielern aus Amateurvereinen zusammen. Herz und Seele des Spiels ist Nicolas Hasler. Der Mittelfeldspieler sammelte in der Vergangenheit Erfahrung in der Schweizer Super League sowie in der US-amerikanischen Major League Soccer. Gegen Luxemburg muss Fünfstück auf zwei wichtige Stützen verzichten. Sandro Wieser (u.a. Hoffenheim/D) und Noah Frommelt (Kosova Zürich/CH) fallen verletzt aus.
Luc Holtz will den Gegner auf keinen Fall unterschätzen, will aber auch dem ausverkauften Stade de Luxembourg etwas bieten: „Fußball ist auch Entertainment. Wir wollen ein Spektakel bieten, damit die 9.000 Zuschauer zufrieden nach Hause gehen. Dazu zählt auch ein Sieg. Wenn man mehr Ballbesitz und Chancen hat, steigen auch die Chancen, am Ende als Gewinner vom Platz zu gehen.“
Es wäre ein fast schon historischer Moment, gegen Liechtenstein zu gewinnen. Aber eigentlich ist es nichts anderes als eine Pflicht, diesen Gegner endlich zum ersten Mal zu besiegen.
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