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RadsportNach „Kameltreiber“-Skandal: Lagab startet bei der Deutschland-Tour

Radsport / Nach „Kameltreiber“-Skandal: Lagab startet bei der Deutschland-Tour
Der Algerier Azzadine Lagab ist am Donnerstag bei der ersten Etappe der Deutschland-Tour mit dem Peloton ins Ziel gerollt Foto: Bernd Thissen/dpa

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Bei Olympia wurde Azzedine Lagab als „Kameltreiber“ von einem ehemaligen deutschen Funktionär verunglimpft, nun startet der Algerier bei der Deutschland-Tour.

132 Fahrer setzten sich am Donnerstag in Stralsund auf ihre Räder, darunter große Namen: Emanuel Buchmann, Mark Cavendish, Christopher Froome. Doch sie alle standen nicht im Mittelpunkt – denn: Azzedine Lagab fährt mit. Der Algerier, der bei Olympia vom deutschen Funktionär Patrick Moster als „Kameltreiber“ beleidigt wurde. Das Kontinental-Team Bike Aid hat Lagab kurzfristig unter Vertrag genommen – was für ein Coup im Kampf gegen Rassismus!

„Azzedine Lagab in unser Team aufzunehmen, und das während der laufenden Saison für eine so wichtige Rundfahrt, war natürlich keine einfache Entscheidung. Ich glaube, wenn wir als Team dazu stehen, was wir vorgeben zu sein, dann müssen wir uns dieser Sache annehmen und uns selbst hinterfragen“, sagte Matthias Schnapka, auch Fahrer und Vorstand bei Bike Aid: „Viele fragten, ob wir uns sicher sind, dass das die richtige Entscheidung war. Nein, das sind wir nicht. Allerdings können wir hoffen, dass das negative Ereignis der Anstoß zu etwas Positivem wird.“

Es war der große Aufreger aus deutscher Sicht in Tokio: BDR-Sportdirektor Patrick Moster beleidigte Lagab bei den Olympischen Spielen rassistisch. Während des Zeitfahrens hatte Moster den deutschen Fahrer Nikias Arndt mit den Worten „hol die Kameltreiber, hol die Kameltreiber, komm“ angefeuert. Vor Arndt waren der Eritreer Amanuel Ghebreigzabhier und eben Lagab im Kampf gegen die Uhr auf die Strecke gegangen. Es dauerte, aber nach einem Tag wurde Moster dann doch von der Teamleitung um DOSB-Präsident Alfons Hörmann nach Hause geschickt.

Lagab reagiert humorvoll

Lagab selber hatte zunächst gar nichts von dem Eklat mitbekommen. „Ich habe es während des Rennens nicht gehört“, sagte der 34-Jährige kurz danach dem Spiegel. Später sei er in den sozialen Netzwerken verlinkt worden, „dann habe ich gesehen, was überhaupt passiert ist. Ich war da bereits am Flughafen, um abzureisen.“

Er habe dann „wie ich finde, einen lustigen Tweet geschrieben“, sagte Lagab zu seiner ersten Reaktion auf das skandalöse Verhalten von Moster. „Es gibt bei den Olympischen Spielen kein Kamelrennen. Deshalb habe ich mich für den Radsport entschieden. Zumindest war ich in Tokio dabei“, twitterte er.

Nach dem Olympia-Skandal überlegten sie bei Bike Aid – das Team setzt sich gegen soziale Ungerechtigkeiten ein – wie sie darauf reagieren könnten. So kam die Idee auf, Lagab den Start bei der Deutschland-Tour anzubieten. „Ich hätte mir vorstellen können, dass er meine Kontaktaufnahme als plump empfinden könnte“, sagte Schnapka. Doch Lagab sagte zu.

Nun habe Lagab, der elfmalige algerische Meister, „die Chance, seine Lebensgeschichte zu erzählen, einen weiteren Schritt als Sportler zu gehen und damit auch den jungen Fahrern in seiner Heimat weiter Mut zu machen, für ihren eigenen Weg zu kämpfen“, sagte Schnapka.  Die erste von insgesamt vier Etappen gewann am Donnerstag Pascal Ackermann (Deutschland/Bora-hansgrohe) vor Phil Bauhaus (Deutschland/Bahrain-Victorious) und Marco Haller (Österreich/Bahrain-Victorious). Lagab kam in der gleichen Zeit wie der Sieger als 83. im Ziel an.