„Wir werden jetzt erst einmal abwarten, bis uns das Urteil zugestellt wird, und dann sehen wir weiter. Erst dann können wir entscheiden, ob und wie wir weiter vorgehen werden“, bestätigte UCI-Pressesprecher Enrico Carpani dem Tageblatt. Das Gleiche gilt für Schlecks Arbeitgeber. Auch Carlo Rock, Pressesprecher von Teambesitzer Flavio Becca, sagte auf Nachfrage, dass man das Urteil erst genau studieren müsse, bevor man sich weiter dazu äußern könnte.
Mögliches Programm
Bleibt es bei der einjährigen Sperre (bis zum 14. Juli 2013) für Frank Schleck, dann wird der Luxemburger bekanntlich die 100. Tour de France verpassen. Jedoch könnte er sich auf die Vuelta a España konzentrieren, die vom 24. August bis zum 15. September 2013 stattfinden wird. Traditionell ist die letzte der drei großen Rundfahrten im Jahr eher etwas für Kletterspezialisten und könnte Schleck somit entgegenkommen.
Auch bei der Clasica Ciclista San Sebastian am 27. Juli könnte der ältere der beiden Schleck-Brüder wieder im Peloton mitfahren. Ein weiteres Ziel für den RLT-Profi könnte die Weltmeisterschaft am 29. September in Florenz sein.
Keine weiteren Kommentare
Die internationale Presse nahm das Urteil ebenfalls zur Kenntnis, ohne es weiter zu kommentieren. „Frank Schleck suspendu un an“ titelte zum Beispiel die belgische Dernière Heure. Viele Zeitungen titelten ähnlich. Le Soir ging dagegen etwas weiter: „Un an: le verdict est lourd pour Frank Schleck“. Dabei stützt sich die belgische Tageszeitung vor allem auf die vom „Conseil de discipline contre le dopage“ vorgelegte Urteilsbegründung. Schließlich gehe man nicht von einem Dopingvergehen, sondern von einer Kontamination durch Nahrungsergänzungsmittel aus. Auf der Suche nach einer Erklärung für dieses „harte Urteil“ erwägt Le Soir sogar, dass es an Schlecks früherer Verbindung zu Eufemiano Fuentes liegen könnte (Schleck wurde 2008 eine Geldüberweisung auf ein Schweizer Nummernkonto nachgewiesen, das dem Dopingarzt Fuentes zugeordnet wurde). „Bei einem Urteilsspruch ist man grundsätzlich nicht voreingenommen, doch manchmal kommt man ins Zweifeln“, so Le Soir abschließend in ihrem Artikel.
Vor der versammelten Presse in der „Maison des sports“ in Strassen hatte Frank Schlecks Anwalt noch einmal wiederholt, dass die These von verunreinigten Nahrungsergänzungsmitteln die sei, die man von Anfang an vor dem CDD vertreten habe. Doch was sind eigentlich Nahrungsergänzungsmittel (NEM) und wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese durch irgendeine Substanz – in diesem Fall eben das Diuretikum Xipamid – verunreinigt sind?
Diuretika in NEM
Bei Sportarten mit einem hohen Energieumsatz greifen Athleten gerne auf Nahrungsergänzungsmittel – dies können z.B. Riegel, Getränke oder Gels sein – zurück, um dem Körper die verlorenen Mineralien und andere Nährstoffe zurückzugeben. Die deutsche Anti-Doping-Agentur (NADA) weist jedoch darauf hin, dass für die meisten Athleten eine ausgewogene, gesunde Ernährung ausreichend ist. Natürlich ist ein Radrennen wie die Tour de France eine Extrembelastung, in der ein Athlet wohl nicht die nötigen Nährstoffe allein über die normale Nahrung aufnehmen kann.
Zudem warnt die NADA vor verunreinigten Nahrungsergänzungsmitteln. So habe das Institut für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule Köln im Zeitraum 2001/2002 634 Nahrungsergänzungsmittel getestet. 94 Befunde seien positiv auf verbotene anabol-androgene Steroide gewesen, die nicht auf der Packung deklariert waren.
Expertenbericht
In seinem für die ALAD angefertigten Expertenbericht ging Dr. Hans Geyer, Biochemiker der Deutschen Sporthochschule Köln, ebenfalls auf diesen Punkt ein. Er erwähnte zudem den Dopingfall des brasilianischen Schwimmers Cielo, der positiv auf das Diuretikum Furosemid getestet wurde, das er durch ein Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen haben soll.
Ähnlich erging es fünf NFL-Spielern, die durch ein Nahrungsergänzungsmittel das Diuretikum Bumetanid eingenommen haben sollen.
Dies stärkt zwar die Urteilsbegründung des CDD, jedoch betont Dr. Geyer in seinem Bericht ebenfalls, dass ihm kein solcher Fall bekannt sei, in dem das Diuretikum Xipamid vorgekommen sei. Bleibt abzuwarten, wie die verschiedenen Parteien das Urteil bewerten.
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