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Lieber Wiltz als Krautmarkt

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Eine Mandatsperiode reichte dem Wiltzer «député-maire» Frank Arndt. Der ehemalige Gewerkschafter gewinnt Zeit für sein Bürgermeisteramt, das Parlament büßt an sozioprofessioneller Vielfalt ein. Auf die Doppelbelastung möchte Arndt verzichten. Ein Gespräch mit dem sozialistischen Noch-Abgeordneten.

Zur Person

Fünf Jahre reichen Frank Arndt (58). Bei den Parlamentswahlen im Oktober wird er nicht mehr für die LSAP kandidieren. Er brauche den Stress eines Doppelmandats nicht, sagt der Wiltzer „député-maire“. Die Wahl zwischen Krautmarkt und Wiltzer Rathaus fiel ihm nicht allzu schwer.
Die Arbeit in der Gemeinde sei befriedigender, will man ihre Ergebnisse schneller sehe, sagt der ehemalige OGBL-Abteilungsleiter. Außerdem sei er nahe am Pensionsalter.
Seine berufliche Laufbahn begann Arndt bereits mit 15 Jahren bei Goodyear als Lehrling. Erst später wechselte er den Beruf, um sich ganz seinem gewerkschaftlichen Engagement zu widmen.
Dem Gemeinderat von Wiltz gehört er seit 2000 an. Seit 2009 ist er Bürgermeister.

Tageblatt: Was war Ihr größter politischer Erfolg?

Das Delegationsgesetz, bei dem ich Berichterstatter war. Erstens, weil das Thema mich interessiert, und zweitens, weil ich mich einbringen konnte. Da habe ich meine Stärken unter Beweis stellen können. Dann das «Reclassement»-Gesetz, wo wir wahrscheinlich nachbessern werden. Und natürlich das Gesetz über das Rettungswesen. Neben dem Rettungswesen- und Delegationsgesetz hat mich auch das Gemeindefinanzierungsgesetz als Bürgermeister stark interessiert. Da konnte ich meine Überlegungen einbringen.

Und Ihre größte Enttäuschung?

Als größte Enttäuschung würde ich das Referendum betrachten. Man soll die Sache nicht schönreden, aber es ging dabei nicht um die zur Sprache stehenden Themen. Das tut mir leid. Vielleicht waren wir etwas naiv, auch weil wir keine Erfahrungen mit Referenden hatten. Wir dachten, dass es wichtig sei, den Menschen mehr Mitspracherecht einzuräumen.

An welchem Projekt hätten Sie noch unbedingt mitwirken wollen?

Ich hoffe, dass das «Reclassement»-Gesetz noch überarbeitet wird und ich da noch mitwirken kann. Die Liste mit den großen Vorhaben haben wir abgehakt. Ich bedauere jedoch, dass wir bei der Grundsteuer keinen Konsens gefunden haben. Ich bin mir auch als Gemeindepolitiker bewusst, dass das eine Frage ist, bei der man sich schon wehtun kann. Man kann keinen Blumentopf damit gewinnen. Klar ist jedoch, dass diese Steuer angehoben werden, ist sie doch unverhältnismäßig niedrig gegenüber dem, was in den Kommunen geleistet wird. Im Ressortausschuss und in einer Arbeitsgruppe wurde daran gearbeitet. Aber zum Schluss hatte ich den Eindruck, als würde die Frage zu politischen Zwecken missbraucht. Und das wollte sich keiner antun. Nichtsdestotrotz wird man dieses heiße Eisen anpacken. Die Politiker müssen ihre Verantwortung übernehmen. Wenn wir in Wiltz den Wasserpreis von vier auf sieben Euro anheben müssen, weil das dem realen Wasserpreis entspricht, dann wissen wir, dass man damit nichts gewinnen wird. De facto ist jeder unzufrieden. Wenn man uns aber einen kostendeckenden Preis vorschreibt, dann müssen wir das tun.

Im Parlament sind verschiedene Parteien vertreten. Die meisten Gesetzesvorhaben werden auch von der Opposition mitgetragen. In dieser Legislaturperiode beispielsweise hat die CSV 80 Prozent der Projekte befürwortet. Gab es in Ihrer politischen Laufbahn Momente, in denen Sie sich sagten: Eigentlich könnte ich ja auch in jener Partei sein?

Die gab es. Aber bei der CSV – nein. Ich komme aus dem Ösling, und da liegt es auf der Hand, dass ich naturverbunden bin. Da fragt man sich manchmal, was ist wichtiger: Arbeitsplätze schaffen oder den grünen Touch erhalten, sozusagen den «Naturpark Norden». Das allein kann es aber nicht sein. Wir müssen auch Produktionsbetriebe haben, müssen Menschen beschäftigen können, die nicht das notwendige Wissen haben, um in einer Bank oder in einer anderen Finanzeinrichtung zu arbeiten. Das richtige Gleichgewicht finden, ist schwer. Manchmal sagt man sich, mit jener Partei wäre man vielleicht einen Schritt weiter gekommen, mit jener anderen in einem anderen Bereich. Das gleicht sich irgendwie aus. Eine reine Ökopartei wäre aber nichts für mich gewesen. Man muss immer einen Konsens finden. Wir müssen die Natur leben lassen und mit der Natur leben. Gleichzeitig dürfen wir nicht vergessen, dass wir auch Produktion brauchen. Allein auf Dienstleistungen setzen, ist falsch.

Gab es in Ihrer Vergangenheit Misstöne zwischen Regierung und Parlament? Was stört im Verhältnis Regierung-Parlament?

Ich möchte einen Vergleich zum Schöffenrat ziehen. Auch da bekomme ich einen Regierungsauftrag. In der Schöffenratserklärung steht, was wir in den kommenden Jahren erreichen möchten. Auch im Regierungsprogramm wird festgehalten, was man beabsichtigt. Das wird nicht eins zu eins umgesetzt, aber das überrascht mich nicht. Auch in der Gemeinde liegen meine Ziele meist höher als das, was man dann erreicht. Ich habe nicht den Eindruck, dass man uns nicht ernst nimmt. Innenminister Dan Kersch hat viele Dossiers aus der Schublade gezogen, hat sich unheimlich viel Mühe gemacht, etwa mit der Reform der Gemeindefinanzen und des Rettungswesens. Er hat sich sehr stark investiert, hat allen im Parlamentsausschuss erhobenen Forderungen Rechnung getragen. Es sei denn, er stellte fest, dass die Opposition ihn vor sich hertreiben wollte. Aber was unsere Fraktionen etwa gefragt haben, das hat er berücksichtigt. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, die Regierung wolle ein Dossier ohne Rücksicht aufs Parlament durchboxen.

Was müsste noch getan werden, um die Parlamentsarbeit zu verbessern?

Das ist jetzt meine ganz persönliche Meinung. Deputierter sein und gleichzeitig Bürgermeister einer Gemeinde, ist sehr schwer. Das erklärt auch meinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur. In Wiltz stehen große Projekte an. Wenn ich mich intensiv mit diesen Fragen befassen will, stelle ich fest, dass ich nur ungenügend Zeit für meine Parlamentarierarbeit habe. Ich bräuchte entweder zusätzliche Hilfe in der Gemeinde oder im Parlament. Doch unabhängig davon muss man seinen eigenen Input leisten. Der Zeitaufwand, um eine sich in voller Entwicklung befindlichen Gemeinde zu führen, ist groß. Außerdem kann ich in Wiltz mehr gestalten als hier (im Parlament). Die Trennung der Mandate ist für mich von Bedeutung. Gleichzeitig muss man eine Möglichkeit schaffen, um den Gemeindepolitikern weiterhin Gehör zu verschaffen. Wenn wir ganz weg sind, wird es schwierig, den Input von Personen einzubringen, die vor Ort tätig sind. Es gibt bereits Vorstellungen darüber, wie das realisiert werden könnte. Aber ich glaube nicht an eine Art Kommunalkammer.

Nutzt das Parlament seine Vollmachten?

Ich kann mich an kein Gesetz erinnern, das wir auf Initiative des Parlaments angenommen hätten. Wir sind vielleicht nicht daran gewohnt. Das ist natürlich auch eine Frage der Zeit und der Begleitung. In den Ministerien hat man viele Mitarbeiter.
Des Weiteren konnte ich in den fünf Jahren feststellen, dass oftmals Doppelarbeit geleistet wird. Wir wissen, dass bei Gesetzesprojekten die meiste Arbeit in den Ressortausschüssen erfolgt. Dann kommt das Projekt im Plenum und dann äußern sich Sprecher aller Fraktionen erneut zum Entwurf. Ich weiß nicht, ob das alles so benötigt wird. Man könnte die Arbeit etwas straffen, auch wenn man kleineren Fraktionen mehr Redezeit einräumen würde. Allgemein gilt, dass eine Sitzung nicht länger als zwei Stunden dauern soll, um produktiv zu sein. Man könnte die gewonnene Zeit für andere Zwecke nutzen.

Was würden Sie einem jungen Parlamentsmitglied oder einem jungen Menschen, der sich der Politik verschreiben will, raten?

Er soll ganz unten anfangen und sich hocharbeiten. Er soll viel arbeiten und gut zuhören können. Man sollte jungen Menschen eine Chance geben. Sie gehen unbekümmerter an die Probleme heran, stellen alles in Frage. Sie dürfen sich nicht entmutigen lassen, zumal in der Politik viel Ellbogen-Einsatz üblich ist.

Ein halbes Dutzend Abgeordnete stellen sich im Oktober nicht mehr der Wahl. In unserer Gesprächsserie schildern sie uns, was sie in ihrer politischen Laufbahn geprägt hat, auf welche politischen Erfolge sie besonders stolz sind, was sie im Verhältnis Regierung-Parlament gestört hat.
Die Gespräche mit Anne Brasseur (DP), Roger Negri (LSAP), Paul-Henri Meyers (CSV), Marcel Oberweis (CSV) wurden am 10., 11., 13. und 18.4. veröffentlicht.