Die Organisation großer internationaler Treffen ist in Luxemburg Routine. Doch was für Juli kommenden Jahres geplant ist, sprengt die Größe der gewöhnlichen EU-Ministertreffen um ein Vielfaches. Fast 100 Minister aus überwiegend asiatischen Ländern werden dann für zwei Tage in Luxemburg erwartet. Dass es dazu kommt, ist einer Entscheidung von vor einigen Jahren zu verdanken.
Als vor etwa vier Jahren die Entwicklungsbank AIIB (Asian Infrastructure Investment Bank) gegründet wurde, war die Aufregung groß. China wolle die Stellung der Weltbank aushebeln, hieß es vonseiten der Kritiker. Die von Peking kontrollierte AIIB werde zu einem Instrument, um chinesische Großmachtansprüche umzusetzen, befürchteten manche. Bis heute zählen die USA und Japan nicht zu den Mitgliedern.
Anlass zur Initiative der Gründung der AIIB war insbesondere die Unzufriedenheit Chinas über eine Dominanz der US-Amerikaner im Internationalen Währungsfonds, der keine faire Verteilung der globalen Machtverhältnisse aus Sicht Chinas widerspiegelte, ist auf Wikipedia nachzulesen. Peking ist Hauptsitz der jungen Bank. China hält über ein Viertel der Stimmrechte.
Dass China die junge Entwicklungsbank monopolisiere, sei mittlerweile durch die Fakten widerlegt worden, sagt Sir Danny Alexander, Vizepräsident der AIIB. „Es ist eine internationale Bank – kein chinesisches Institut. Genau wie die in Luxemburg beheimatete EIB auch kein Luxemburger Institut, sondern eine europäische Bank ist.“
Luxemburger Beteiligung an der asiatischen Entwicklungsbank
Die Arbeitssprache in der AIIB ist English, so der ehemalige britische Politiker gegenüber dem Tageblatt weiter. „Wir folgen nicht der Politik eines Landes“, unterstreicht er mit Blick auf das chinesische Projekt Seidenstraße. „Manche Projekte, die die AIIB finanziert, haben wohl mit der Seidenstraße zu tun, andere aber nicht.“ Die Arbeitswährung ist der amerikanische Dollar. Die Mitarbeiter stammen aus 41 unterschiedlichen Ländern. „Darunter auch Menschen aus den USA und aus Japan.“
Luxemburg hatte die Befürchtungen von Anfang an nicht mitgetragen. Ganz im Gegenteil: Das Großherzogtum nahm die Idee einer neuen multilateralen Entwicklungsbank positiv auf und entschied sich dafür, Gründungsmitglied zu werden. Luxemburg wurde sogar das erste europäische Land überhaupt, das der neuen asiatischen Entwicklungsbank beitrat, und hält ein Prozent der Stimmrechte.
Als Anerkennung für die frühe Unterstützung durch Luxemburg hat die AIIB nun angekündigt, ihre erste in Europa stattfindende Jahreshauptversammlung im Großherzogtum abzuhalten. Das wird Mitte Juli 2019 der Fall sein. Eine dementsprechende Absichtserklärung haben Luxemburgs Finanzminister Pierre Gramegna und die AIIB gestern unterzeichnet. Dem Finanzplatz Luxemburg wird die Veranstaltung, vor allem in Asien, viel Sichtbarkeit bringen.
34 Projekte in 13 Ländern
Seit die AIIB ihre Arbeit im Januar des Jahres 2016 aufgenommen hat, ist bereits viel passiert. „Es geht schon das dritte Jahr zu Ende“, so der britische Vizepräsident. „Insgesamt hat die Bank in dieser Zeit der Finanzierung von 34 Projekten in 13 Ländern zugestimmt. Finanziert werden können Projekte in ganz unterschiedlichen Bereichen, von Transport über Energie bis hin zu Nachhaltigkeit und Wasser.“
„Und die AIIB wächst“, fügt Sir Danny Alexander hinzu. „Im ersten Jahr nach der Gründung summierten sich die Finanzierungen auf 1,7 Milliarden Dollar, im zweiten auf 2,5 Milliarden Dollar. Im dritten waren es bereits über drei Milliarden Dollar“, sagt der in Schottland geborene Danny Alexander. „Und jedes weitere Jahr wird es mehr werden“, prognostiziert er.
Auch die Zahl der Mitgliedsstaaten hat in den drei Jahren seit dem Start stark zugelegt. Zu den 57 Gründungsmitgliedern haben sich mittlerweile 30 weitere Länder hinzugesellt. Zur Jahreshauptversammlung in Luxemburg müssten nächstes Jahr demnach Vertreter von 87 Ländern (üblicherweise der Finanzminister) kommen.
Infrastruktur, die verbindet
Die Zahl der Mitarbeiter ist mit rund 200 Angestellten noch relativ überschaubar. Doch auch sie soll wachsen. Bis Ende 2019 sollen es rund 300 sein. Und doch konnte der Vizepräsident das seit langem in Luxemburg zirkulierende Gerücht, die Bank werde ihre Europazentrale hierzulande aufbauen, nicht bestätigen. „Wir wollen schlank bleiben“, sagt Sir Danny Alexander. „Derzeit haben wir nur die Zentrale in Peking. Es gibt auch keine Pläne für auswärtige Büros.“ In Zukunft sei das zwar nicht ausgeschlossen, doch hänge alles von den Bedürfnissen des Geschäfts ab.
Luxemburg habe bereits als möglicher Standort auf sich aufmerksam gemacht. Und die Botschaft sei gehört worden, erklärt der Brite. „Ein Entscheidung gibt es aber nicht.“
Die Organisation der Jahreshauptversammlung 2019 sei schon mal ein guter Anfang, so der Vizepräsident. Luxemburg könne das Programm mitdefinieren, etwa Themen von Seminaren mitfestlegen. Insgesamt soll die Veranstaltung unter dem Hauptthema „Kooperation und Konnektivität“ stehen. Wobei Konnektivität nicht bloß als digital zu verstehen ist. Es geht vor allem um die Verbindung von Ländern durch die Finanzierung von Infrastrukturen.
Sir Danny Alexander war als Liberal Democrat Mitglied der Regierung von David Cameron. Hier war er unter anderem im Finanzministerium tätig und war bei der Entscheidung der Briten, Mitglied der AIIB zu werden, miteinbezogen. „Später habe ich mich dann um den Posten als Vizepräsident beworben.“
Mit Erfolg. Er ist nun einer von fünf Vizepräsidenten (Indien, Frankreich, Deutschland, Indonesien). Der Präsident kommt aus China. Luxemburgs Finanzminister Pierre Gramegna ist Präsident des „board of governance.“
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