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Weltweit Rückschläge für die Demokratie

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Wächst die Wirtschaft eines Landes, nimmt die soziale Gerechtigkeit nicht automatisch zu. Das belegt eine neue Bertelsmann-Studie. Weltweit etwa steigen die Angriffe auf die Meinungsfreiheit.

Weltweit werden Meinungsfreiheit und politische Beteiligung immer mehr eingeschränkt. Das zeigt eine neue Studie der Bertelsmann Stiftung. Besonders Osteuropa und Lateinamerika verzeichnen «auffällige Rückschritte», heißt es darin. Wirtschaftliches Wachstum führe nicht automatisch zu politischer Stabilität oder zu einer gerechteren Gesellschaft, so die zentrale Aussage der am Donnerstag in Gütersloh veröffentlichten Studie.

Das habe etwa die «Demokratisierungswelle» in der arabischen Welt gezeigt: «Obwohl Ägypten oder Tunesien beeindruckende (wirtschaftliche) Wachstumszahlen vorlegen konnten, wurde der soziale Bereich vernachlässigt.» Verarmung und Perspektivlosigkeit nahmen bei der jungen und ländlichen Bevölkerung weiter zu, was schließlich zu einer Serie von Protesten, Aufständen und Revolutionen geführt habe, heißt es in der Studie.

128 Länder untersucht

Der «Bertelsmann Transformationsindex» (BTI) misst Erfolge und Rückschläge auf dem Weg zu Demokratie und sozialer Marktwirtschaft in 128 Entwicklungs- und Transformationsländern. Grundlage sind detaillierte Ländergutachten. In mehr als der Hälfte dieser weniger entwickelten Länder blieben die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse – trotz Erfolgen bei der Überwindung der weltweiten Wirtschaftskrise – «mangelhaft oder sogar katastrophal». 2010 hatte Bertelsmann zuletzt den Transformationsindex veröffentlicht.

Gerade in den politisch am meisten fortgeschrittenen Regionen in Osteuropa und Lateinamerika seien die Verschlechterungen – was etwa Meinungsfreiheit und politische Beteiligung angeht – besonders auffällig. Bei Wahlen würden zunehmend Stimmenkauf, Betrugsvorwürfe und undurchsichtige Wahlkampffinanzierung verzeichnet, bemängelt Bertelsmann. Das gelte zum Beispiel für alle Balkanländer, mit Ausnahme von Serbien.

Eingriffe in die Meinungsfreiheit

«Immer häufiger greifen Regierungen auch in Europa verstärkt in die Meinungsfreiheit unabhängiger Medien ein oder versuchen Journalisten einzuschüchtern», schreibt Bertelsmann. Größte Sorgenkinder: Ungarn und die Ukraine. In Ungarn hatte das Anfang 2011 in Kraft getretene Mediengesetz eine Aufsichtsbehörde ins Leben gerufen, die sämtliche Medien im Land reguliert. Kritiker nannten das «undemokratisch», Ungarn stand international am Pranger. In der Ukraine sorgt etwa der Fall der inhaftierten Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko für Kritik, er sei politisch motiviert.

Verschlechterungen auf dem Gebiet der Meinungsfreiheit sieht Bertelsmann auch in Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Albanien, Kosovo – Länder, die auf einen EU-Beitritt hoffen oder denen er bereits sicher ist – sowie beim EU-Mitglied Slowakei. In Lateinamerika seien etwa in Argentinien, Guatemala und Mexiko Rückschläge zu verzeichnen.

Soziale Ungleichheiten

«Als wesentliche Ursache der politischen Negativ-Entwicklung sehen die Experten die Unzufriedenheit mit der sozioökonomischen Leistungsfähigkeit der demokratischen Systeme.» So bestimme in Osteuropa etwa das Wohlstandsgefälle zu Westeuropa die Wahrnehmung. In Lateinamerika seien es vor allem die sozialen Ungleichheiten in vielen Ländern.

Auch der Blick in die Zukunft verheißt laut Bertelsmann nichts Gutes: «Der Vertrauensverlust begünstigt vielerorts den raschen Aufstieg populistischer Bewegungen.»