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Solide Staatsfinanzen

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Klar, die bösen Radare, die verbalen Umtriebe eines ADR-Politikers, die jüngste Neuordnung bei Großherzogs, die Frage nach dem Lëtzebuergesch des Luxemburgers, die Sprechblasen auf den Web-Foren zur EU, zu den Flüchtlingen, zu VW, zu Blatter usw., usf. wären verlockende Themen: Es ließe sich so leicht zu all dem noch ein Pfefferkörnchen beigeben.

Aber manchmal ist die Kost an dieser Stelle der Zeitung eine weniger verlockende. Wie zum Beispiel der Entwurf zum Staatsbudget für 2016. Was blieb nach dem Auftritt des Finanzministers in den Köpfen?

Grosso modo: Da ist weniger Defizit als 2015, es muss eine Anleihe aufgenommen werden, aber die Staatsschuld steigt eigentlich nicht, keine neue Belastung, aber auch keine Erleichterung. Und, ach ja!, diesmal kam der Finanzminister mit dem ganzen Zahlenkram auf einem hölzern getarnten Stick.

Uns fallen ein paar andere Dinge auf.
1. Aus EU-Sicht ist der Luxemburger Staatshaushalt überschüssig. Die EU betrachtet nicht nur den sogenannten „Zentralstaat“, sondern darüber hinaus die Gemeindefinanzen und die Sozialversicherungen. Für sie das Gesamtpaket.

2. Die 438,2 Millionen Defizit, die der „Zentralstaat“ (welch furchtbarer Ausdruck!) bei 12,976 Milliarden Einnahmen hätte, kommen zustande, weil enorm investiert wird. Die Regierung, wollte sie ein sattes Plus zeigen, bräuchte nur einige Projekte zurückzustellen.

3. Die Lohnsteuereinnahmen steigen mit 7 Prozent weit stärker als die TVA mit 2,75: Man geht offenbar von einer weiterhin stark wachsenden Beschäftigtenzahl aus – und von der Nichtanpassung der Steuertabellen an den Index, die eine seit Jahren schleichende Erhöhung ist.

Demgegenüber sollen die Einnahmen aus der Körperschaftssteuer um 1,4 Prozent sinken, was eine unternehmerfreundliche Politik erkennen lässt.
Aus unserer Sicht ist die wichtigste Erkenntnis, dass es der Regierung gelang, den von CSV-Finanzministern hinterlassenen Schaden zu bereinigen.

Dieser wurzelte nicht allein in der tendenziellen Verschlechterung der Staatsfinanzen, sondern auch im leichtfertigen Umgang mit dem Ruf des Landes, das nach Junckers und Friedens Abgang plötzlich wegen LuxLeaks im Rampenlicht stand. Da war viel Geschick auf dem internationalen Parkett notwendig, um die verlorene Ehre zurückzugewinnen.
Leider gelingt es Bettel und seinen Kollegen nicht, die ungewöhnlich gute Leistung in Sachen Finanz- und Wirtschaftspolitik innenpolitisch zu vermarkten.

Die simple Tatsache, dass diese Regierung, und keine andere, das Land vor dem drohenden Desaster gerettet hat, wird in der Öffentlichkeit von kleinen und weniger kleinen Kommunikationsfehlern, missratenen Auftritten und anderen politischen Fehlern überschattet.

Die rechtslastige belgische Regierung brachte jetzt das Kunststück fertig, das Patronat und die Gewerkschaften irgendwie an den Tisch zu kriegen, zur Verabschiedung von Lösungen.
Woran liegt es, dass die halb- oder eindrittellinke luxemburgische Regierung noch immer keine Diskussion zustande gebracht hat, die positive Reformen im Arbeitsrecht, im Sozialwesen, in der Steuerpolitik ermöglichen würde?
Geld ist reichlich da, Leute. Tut endlich was!

(asold@tageblatt.lu)