Sojaschnitzel mit Mais, Reis, rote Beete, Süßkartoffeln und Salat: Daniela Joeli sitzt vor ihrem Teller in der Kantine der Militärbasis am Kontrollpunkt Makkabim zwischen Israel und dem palästinensischen Westjordanland. Ihre schwarze M16-Maschinenpistole hängt über ihrer Schulter. Sie legt die Waffe auch beim Essen nicht ab. Die 19-jährige Israelin ist Kampfsoldatin – und Veganerin.
«Ich bleibe nicht hungrig nach dem Essen. Ich bekomme alles, was ich brauche: Proteine, Eisen, Vitamine und Mineralien», sagt die 1,62 Meter große, blonde Frau in grüner Uniform über das Angebot bei der Armee. «Die betreiben hier großen Aufwand.»
Seit Anfang 2015 bietet die israelische Armee ihren schätzungsweise rund 176 500 Soldaten auch vegane Ernährung an. «Wir ziehen jeden zur Armee ein», sagt Oberstleutnant Dana Steinfeld, Chef der Essensabteilung. «Deswegen muss ich auch für jeden eine Lösung bieten.» Wer Veganer sei, könne der Armee auch als Veganer dienen. In Israel muss grundsätzlich jeder 18-Jährige zum Militärdienst – für mindestens zwei Jahre. Die Armee spricht vorsichtig von mehr als 500 veganen Soldaten.
5 Prozent der Bevölkerung
Israel bezeichnet sich selbst als das Land mit der höchsten Veganerquote weltweit. Das Außenministerium schreibt auf seiner Internetseite von rund 300 000 Veganern. Eine Studie im Auftrag der israelischen Tageszeitung «Globes» und dem Fernsehsender «Channel 2» ging 2014 von knapp fünf Prozent Veganern in der Bevölkerung aus. Dies wären bei 8,2 Millionen Einwohnern mehr als 400 000 Menschen.
Daniela Joeli kam im Februar 2015 zur Armee und wechselte später in die «Such- und Rettungseinheit» des Heimatfrontkommandos. Sie holt Menschen aus umgestürzten Bussen, erklärt sie, wird aber auch gerufen, wenn etwa Palästinenser Brandflaschen auf fahrende Autos werfen.
Am Anfang habe das Essen für die Veganer eher aus den Beilagen der anderen Gerichte bestanden wie Kartoffeln und Gemüse, sagt sie. Heute gibt es veganen Käse aus Nüssen, Soja-Joghurt, Reismilch, Gemüseburger, Würste aus Tofu oder Linsen und Sojaflocken, die sich beim Kauen wie Hühnerfleisch anfühlen. Joelis Lieblingsgericht ist Couscous mit Karotten, Kürbis und Kichererbsen.
Mediterrane Küche
Joelis Eltern und ihre Geschwister sind alle Vegetarier. Sie selbst hörte mit acht Jahren auf, Fleisch und Fisch zu essen. «Es war erst keine ideologische Sache, wurde es aber über die Jahre», sagt sie. «Ich mochte Fleisch nicht besonders, und ich mag Tiere sehr – also macht es Sinn, sie nicht zu essen.» Mit 16 wurde sie Veganerin.
Dass der Anteil der Veganer in Israel so hoch ist, führt die Bloggerin Ori Schavit auch darauf zurück, dass die mediterrane Küche im Land viel auf Gemüse und Früchte setze, auf Hummus und Falafel, vegane Kost. «Du bleibst niemals hungrig, wenn Du Veganer in Israel bist», sagt die 44-Jährige, die über Essen ohne tierische Produkte schreibt. Außerdem sei die jüdische Bevölkerung gewöhnt, auf Auszeichnungen beim Essen zu achten – wie koscher. Bei der koscheren Küche werden unter anderem strikt Fleisch und Milchprodukte getrennt.
Vegane Helme
Doch es gibt auch Kritik an Israels Auftreten als vegane Nation. In sozialen Netzwerken wird dem Land unter dem Begriff «Vegan-Washing» vorgeworfen, von der Besatzung der Palästinensergebiete ablenken und sich ein besseres Image verschaffen zu wollen. «Nein zum Vegan-Washing von Israels Besatzung von Palästina», heißt es in einem Beitrag auf Facebook. Ähnlich wird auch Israels Werbung mit Toleranz für Homosexuelle als «Pink-washing» bezeichnet.
Soldatin Joeli hat ihre M16 zwar immer bei sich, im Einsatz geschossen habe sie aber noch nie, sagt sie. Ihre Ausrüstung ist ebenfalls weitgehend vegan. Seit neun Jahren bietet die Armee auch Stiefel aus Synthetik an, nicht nur aus Leder. Auch für die Barretts aus Wolle fand die Armee teilweise Alternativen aus Polyester.
Doch selbst Israelin Joeli hat noch einen Wunsch offen. Zur Ausrüstung der Soldaten gehören Schutzhelme – mit Lederriemen. «Unglücklicherweise muss ich die immer noch nutzen», sagt sie. Aber die Armee versuche bereits, ihr einen veganen Helm zu besorgen.
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