Zu bester Sendezeit hat der französische Präsident Nicolas Sarkozy am Sonntagabend im französischen Fernsehen quasi sein Wahlprogramm verkündet.
Finanztransaktionsteuer und Stempelsteuer
Finanztransaktionssteuer
Die Idee einer Finanztransaktionsteuer geht auf den US-Ökonomen James Tobin zurück. Der Wirtschaftswissenschaftler brachte 1972 eine Steuer auf alle grenzüberschreitenden Devisenspekulationen ins Spiel. Er schlug damals eine Abgabe von einem Prozent vor.
Die EU-Kommission schlug 2011 eine Transaktionsteuer von 2014 an zwischen 0,01 und 0,1 Prozent vor, ohne sich auf eine konkretes Modell festzulegen. Die Behörde rechnet EU-weit mit Einnahmen von 57 Milliarden Euro jährlich. Vor allem kurzfristige Spekulationen sollen so teurer werden. Hypotheken, Kredite oder Versicherungen von Privatpersonen oder kleinen Unternehmen wären nicht betroffen.
Stempelsteuer
Als Alternative wird das britische Modell einer Stempelsteuer diskutiert. Diese «Stamp Duty» unterscheidet sich von der Finanztransaktionsteuer durch ein wesentliches Kriterium: Sie umfasst bei weitem nicht alle Transaktionen auf dem Finanzmarkt.
Die Stempelsteuer betrifft vor allem den Verkauf von Aktien und Optionsscheinen. Wer in Großbritannien Aktien verkauft, muss auf den Geldwert, den er dafür erhält, 0,5 Prozent Steuer bezahlen. Der Handel mit vielen anderen Finanzprodukten wie Devisen und Derivaten ist von der Steuer nicht erfasst.
(dpa)
Sarkozy will eine Finanztransaktionssteuer einführen. Der Satz werde ab August 0,1 Prozent betragen. Frankreich würde mit der Einführung der «Tobin Tax» eine Vorreiterrolle spielen. Aus Regierungskreisen verlautete, dass die Steuer bis zu eine Milliarde Euro jährlich einbringen könnte. Die Debatte über eine solche Finanzmarktsteuer läuft auf europäischer Ebene bereits seit längerem.
Im Interview kündigte er an, dass der Normalsatz der Mehrwertsteuer ab dem 1. Oktober um 1,6 Punkte von 19,6 Prozent auf 21,2 Prozent erhöht wird. Im Gegenzug sollen die Arbeitgeber bei den Lohnnebenkosten um 13 Milliarden Euro entlastet werden. Zugleich will der Präsident die allgemeinen Sozialabgaben für Kapitaleinkünfte um 2 Prozent erhöhen.
Weg mit der 35-Stunden-Woche
Weiter will der Präsident die 35-Stunden-Woche abschaffen. Sollten dies die Sozialpartner nicht schaffen, werde dies der französische Gesetzgeber tun, droht er.
Zudem kündigte Sarkozy die Gründung einer Industriebank für kleiner und mittleren Unternehmen (KMU) an. Sie werde mit einer Milliarde Euro Kapital ausgestattet. Auch solle die Berufsausbildung für Jugendliche verbessert werden. Um den Wohnungsbau anzukurbeln, werde es in Zukunft erlaubt sein, 30 Prozent mehr Quadratmeter auf einem Gelände zu bauen.
Staatsdefizit tiefer als geplant
Gemäß Sarkozy ist Frankreichs Staatsdefizit im vergangenen Jahr tiefer ausgefallen als geplant. Er rechne für 2011 mit einem Defizit von 5,4 Prozent, vielleicht auch 5,3 Prozent, sagte er. Die Regierung hatte ein Defizit von 5,7 Prozent prognostiziert. Wie ein Regierungsvertreter am Sonntag sagte, werde die Regierung in Kürze ihre Wachstumsprognose für 2012 senken.
Sarkozy erklärte weiter, 2013 werde die französische Neuverschuldung 3 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung betragen. Derzeit verschulde sich das Land trotz der Herabstufung durch eine Ratingagentur zu historisch niedrigen Zinsen, sagte er.
Replik auf Hollandes Wahlprogramm
Am 22. April ist in Frankreich die erste Runde der Präsidentenwahlen angesetzt. Erwartet wird, dass der Wahlsieger jedoch erst in der Stichwahl am 6. Mai gekürt wird. Sarkozy wich der Frage, ob er bei der Präsidentschaftswahl antreten wolle, auch am Sonntag aus.
In allen Umfragen liegt er derzeit hinter Hollande. In der letzten Umfrage des Institutes Ifop erhielt Sarkozy 22 Prozent im ersten Wahlgang und lag damit nur knapp vor der rechtsradikalen Marine Le Pen mit 20,5 Prozent. Hollande wurde mit 28 Prozent gehandelt. Sarkozys Ankündigungen vom Sonntagabend glichen in Teilen dem Wahlprogramm Hollandes, das dieser am Donnerstag vorgestellt hatte.
Auch Hollande hatte versprochen, bis 2013 das Staatsdefizit auf die Maastricht-Kriterien von 3 Prozent des BIP zu drücken. Dies will Hollande aber nicht durch eine höhere Mehrwertsteuer sondern mittels Steuererhöhungen für Reiche und für Bankgewinne sowie durch die Schliessung von Steuerschlupflöchern erreichen.
Auch Hollande hat sich für eine Finanztransaktionssteuer sowie für eine staatliche Investitionsbank für KMU ausgesprochen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen.
60.000 neue Jobs
60.000 Stellen möchte der Sozialist zudem im Bildungswesen schaffen. Auch Hollande möchte die hohe Jugenarbeitslosigkeit bekämpfen. Weiter will er die Rente mit 60 Jahren wieder einführen, die er durch eine Anhebung der Sozialabgaben gegenfinanzieren will.
Hollandes Programm sieht bis 2017 jährliche Mehrausgaben von rund 20 Milliarden Euro vor. Dennoch will er im gleichen Jahr einen ausgeglichenen Haushalt erreichen.
Zu Demaart
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