Alleine im ersten Quartal fallen 280 Milliarden Euro an. Ohne die Hilfe der Europäischen Zentralbank (EZB) werden das die Institute kaum schaffen, das zeigte die enorme Nachfrage nach den erstmalig aufgelegten Kreditlinien der Notenbank mit drei Jahren Laufzeit: Die Institute riefen fast eine halbe Billion Euro ab. Aus eigener Kraft kommen sie kaum noch an frische Mittel – es sei denn, sie werden in der Not erfinderisch und basteln sich im stillen Kämmerlein ein ganz neues Refinanzierungsinstrument: Die Rede ist von einem «structured collateralized bond», einer Mischung aus Anleihe und Verbriefung.
Die staatliche Förderbank KfW aus Deutschland bestätigte unlängst beinahe beiläufig, dass an einer solchen Anleihe gearbeitet wird. Das Wertpapier würde etwa mit Mittelstandskrediten besichert und an eine Zweckgesellschaft ausgelagert, die für den Bond dann garantiert. «Das ist ein Verlegenheitsprodukt, quasi ein Zwitter», sagt ein anderer Experte, der Einblick in die Entwicklungsarbeiten hat. «Am Markt wurde der neue Bond noch nicht getestet. Aber wenn er erfolgreich ist und von den Investoren angenommen wird, könnte er die Refinanzierungsnot der Banken ein Stück weit lindern.»
Zäher Kampf
Dafür wird es auch höchste Zeit. Der Interbankenmarkt ist tot, die Geldmarktfonds sind auf dem Rückzug. Der Kampf um Kundeneinlagen ist zäh. Unbesicherte Anleihen sind nur noch für starke Adressen wie HSBC oder Rabobank platzierbar. Selbst die Refinanzierung über Covered Bonds, also besicherte Instrumente wie den Hypotheken-Pfandbrief, ist teurer geworden. Die Investoren haben in der Schuldenkrise schlichtweg das Vertrauen in die Banken verloren. «Es wird 2012 kein Armageddon sein, aber wir stehen verdammt nah am Abgrund», bringt es ein Banker auf den Punkt.
Ein Beispiel: Vor allem die Commerzbank, die jede Menge Mittelstandskredite in den Büchern hat, legt sich Finanzkreisen zufolge für den neuen Bond ins Zeug. «Andere Banken stehen an der Seitenlinie», sagt ein weiterer Insider. Doch ob das neue Produkt schon 2012 auf den Markt kommt, ist ungewiss. Und auch, ob die Investoren mitziehen. In der ersten Finanzkrise 2008/09 haben sie sich mit verbrieften US-Ramschhypotheken die Finger verbrannt. Seither liegt der Markt mit verbrieften Hypotheken, Autofinanzierungen oder Konsumentenkrediten auch in Europa am Boden: Im bisherigen Jahresverlauf gab es laut KfW Verbriefungen im Volumen von gerade einmal 320 Milliarden Euro, 2007 und 2008 waren es noch mehr als doppelt so viel. Und die meisten Verbriefungen sind für die Banken heute eher ein Refinanzierungsmittel als ein Instrument zur Eigenkapitalentlastung – sie werden als Sicherheiten für Geschäfte mit der Zentralbank strukturiert und erst einmal einbehalten.
Riesen Rettungsring
Das zeigt eines sehr deutlich: Die Banken laufen in Scharen zur EZB, vor allem Institute aus Spanien, Italien und Frankreich. Die Nachfrage nach dem ersten Drei-Jahres-Tender in der Geschichte der Europäischen Zentralbank hat die schlimmsten Befürchtungen von Experten noch übertroffen. 500 Milliarden Euro – ein wahrlich gigantischer Rettungsring.
Doch die von vielen befürchtete Kreditklemme ist damit noch lange nicht abgewendet. Denn das meiste Geld, dass sich die Institute besorgen, horten sie anschließend wieder bei der EZB. Nicht nur die strengeren Eigenkapitalanforderungen lassen die Banken bei der Kreditvergabe vorsichtiger werden, auch und vor allem die alles lähmende Unsicherheit darüber, wie es in Europa weitergeht. «Vor einem Jahr hat man sich das schlimmste Szenario, ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone, noch gar nicht vorstellen können», sagt Analyst Juan Valencia von Société Générale. «Jetzt wird das immer wahrscheinlicher. Der Markt hat schon begonnen, sich darauf vorzubereiten. Man hortet Cash.»
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