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Mohammed Merah ist tot

Mohammed Merah ist tot
(AP)

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Die Eliteeinheit RAID hat am Donnerstagmorgen die Wohnung des mutmaßlichen Serienkillers von Toulouse erstürmt. Es kommt zu einem heftigen Schusswechsel. Mohammed Merah ist tot.

Mohammed Merah, der mutmassliche Mörder von sieben Menschen, ist tot. Er wurde gegen Mittag bei einem Schusswechsel mit Beamten der Eliteeinheit RAID getötet. Verletzt wurden dabei zwei Beamte. Einer erlitt einen Schock.

Laut Innenminister Claude Guéant war Merah im Badezimmer gestellt worden. Er habe auf die Polizeibeamten geschossen. Anschließend sei er aus einem Fenster gesprungen. Dort sei er gestorben.

Kurz nach 10:00 Uhr berichteten Zeugen am Donnerstagmorgen von drei Detonationen. Mit ihren Kleintransportern hatte die Feuerwehr jegliche Sicht auf die Straße blockiert, in dem sich das Wohnhaus mit dem mutmaßlichen Täter befindet. Die Polizei setzte Blendgranaten ein, um den Täter außer Gefecht zu setzen. Aus Ermittler-Kreisen hieß es dann, dass die Polizei mit der Erstürmung des Hauses begonnen habe. Gegen 11:30 Uhr war dann ein heftiger Schusswechsel zu hören. Wenig später fiel die Meldung, dass Mohammed Merah tot sei. Dann kurz nach 12:00 Uhr wurde der Tot des 24jährigen bestätigt.

Merah wollte sich nicht ergeben

Der mutmaßliche Serienkiller von Toulouse will sich nicht ergeben, hatte es zuvor geheißen. Der französische Innenminister Claude Guéant betonte, es habe in den vergangenen Stunden keine Gespräche mit Mohamed Mehra gegeben. «Wir haben während der Nacht keinen Kontakt mit ihm gehabt, alle Hypothesen sind möglich; wir hoffen, er lebt noch», sagte Guéant am Donnerstag dem Fernsehsender RTL. Priorität der Polizei sei es, den 23-Jährigen lebend zu fassen, damit er sich vor der Justiz verantworten muss. Merah habe erklärt, er wolle mit der Waffe in der Hand sterben.

Mit Blick auf die Zermürbungstaktik der Polizei während der Nacht, bei der auch die Fenster und Türen der Wohnung beschädigt worden waren, sagte Guéant: «Es ist seltsam, dass man kein Lebenszeichen gesehen hat, dass er nicht reagiert hat.» Am Morgen wurden erneut Detonationen vor dem Haus gehört. Augenzeugen berichteten vor Ort, dass sich die Feuerwehr in einer Nebenstraße offenbar auf einen Einsatz vorbereite. Der mutmaßliche Attentäter hat sich seit mittlerweile knapp 30 Stunden in einem Mehrfamilienhaus verschanzt.

Nicht inhaftiert

Der selbst erklärte Gotteskrieger war entgegen ersten Informationen bei seinen beiden Afghanistan-Aufenthalten nicht inhaftiert. Die Regierung der südafghanischen Provinz Kandahar dementierte entsprechende Angaben vehement. «Nach den gesamten Unterlagen der Justiz- und Sicherheitsbehörden in Kandahar haben wir nie einen französischen Staatsbürger namens Mohamed Merah inhaftiert», teilte das Büro des Gouverneurs in der Nacht zum Donnerstag mit. Es widersprach damit Angaben des Direktors des Zentralgefängnisses in Kandahar-Stadt, Ghulam Faruk.

Faruk hatte am Mittwoch gesagt: «Wir haben Dokumente, die zeigen, dass Merah 2007 in Kandahars Zentralgefängnis unter unserer Obhut war.» Dem Häftling sei danach die Flucht gelungen.

Zermürbungstaktik

Die Elitepolizisten setzten darauf, dass der Mann irgendwann erschöpft aufgibt oder mit wenig Risiko überwältigt werden kann. «Er sagte, er wolle sich stellen, er hat seine Meinung geändert, wir erhöhen den Druck auf ihn», erklärte ein Spezialist der Nachrichtenagentur AFP. Insgesamt wurden in der Nacht zum Donnerstag zwischen 5 und 6 Detonationen ausgelöst. Bei den Explosionen sollen Tür und Fenster der Wohnung aufgesprengt worden sein, wie der französische Fernsehsender BMF-TV berichtete. Nach den Detonationen sei auch ein Aufblitzen an der Fassade des Hauses zu sehen gewesen, so AFP-Reporter vor Ort. In den Minuten danach gab es keine Schüsse. Zu dem 23-Jährigen bestehe kein Kontakt mehr, hieß es in der Nacht.

Heftige Schusswechsel

Zu Beginn des Einsatzes hatte der Mann mit automatischen Waffen auf Polizisten gefeuert, die sich der Wohnung näherten, und mindestens zwei von ihnen verletzt. Im Austausch gegen ein Telefon übergab er der Polizei später einen Colt – die mögliche Tatwaffe bei den Morden an insgesamt sieben Menschen in Südfrankreich in den vergangenen Tagen.

Bei dem Verdächtigen, den die Polizei über Spuren im Internet ausfindig gemacht hatte, soll es sich um einen dem Terrornetz Al-Kaida nahe stehenden Extremisten namens Mohamed Merah handeln. Im Telefonkontakt mit der Polizei habe er zugegeben, dass er schon für Mittwoch einen weiteren Anschlag gegen einen Soldaten geplant hatte. Zudem habe er zwei Polizisten töten wollen. Der Franzose algerischer Herkunft soll in Toulouse und Umgebung drei Soldaten sowie bei seinem Anschlag auf eine jüdische Schule am Montag drei jüdische Kinder und einen Rabbiner kaltblütig erschossen haben.

Familie festgenommen

Mehrere Personen aus seinem Umfeld wurden festgenommen, darunter waren die beiden Schwestern und Brüder sowie die Mutter des Mannes. Ein Bruder sympathisiere mit den extremistischen Salafisten, die Mutter habe seit längerem wegen ihrer Nähe zu radikalen Salafisten unter Beobachtung gestanden, sagte Innenminister Claude Guéant. Er betonte jedoch, dass der Verdächtige bei seinen Taten allein gehandelt habe. Die Geheimdienste hätten ihn schon seit längerem beobachtet.

Im Gespräch mit Polizisten bedauerte der Mann am Mittwoch, nicht noch mehr Menschen getötet zu haben, wie der zuständige leitende Staatsanwalt François Molins in Toulouse sagte. Er habe sich gerühmt, Frankreich in die Knie gezwungen zu haben. Den Ermittlern zufolge fand die Polizei einen Motorroller, mit dem der Verdächtige wohl zu den Orten seiner Verbrechen fuhr, sowie eine Kamera, mit der er seine Taten möglicherweise filmte. Noch gesucht wurde ein Auto, in dem Waffen und Sprengstoff vermutet wurden.

Erfolglose Stürmungsverusche

Die Elitepolizisten versuchten am Mittwoch mehrere Male vergeblich, in Merahs Wohnung in einem Mehrfamilienhaus einzudringen. Jedes Mal drängte er sie mit Schüssen aus schweren Waffen zurück. Ein Beamter erlitt einen Knieschuss, einen zweiten getroffenen Polizisten bewahrte seine schusssichere Weste vor schweren Verletzungen. Im Tagesverlauf brachte die Polizei alle anderen Hausbewohner in Sicherheit, nachdem sie zuvor auf eine Evakuierung zunächst verzichtet hatte. Das umstellte Gebäude befindet sich in einem ruhigen Wohnviertel der südfranzösischen Stadt.

Der Mann, den Nachbarn als höflich und hilfsbereit schilderten, war nach Angaben der Ermittler zweimal in Afghanistan, zuletzt Ende 2011. Nach Angaben afghanischer Behörden wurde er dort 2007 verhaftet und floh später – möglicherweise bei einem Massenausbruch 2008 – aus einem Gefängnis in der Taliban-Hochburg Kandahar.

Ein Einzeltäter

Merah erklärte im Gespräch mit Polizisten, er habe stets allein gehandelt. «Er bedauert nichts», sagte Staatsanwalt Molins. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und Innenminister Guéant forderten, den Mann lebend zu fassen, damit er sich vor Gericht verantworte. Sarkozy warnte vor Rachegedanken und einer Vermengung von Religion und brutalem Extremismus.

Bevor die Kommunikation mit der Polizei gegen Mittag zwischenzeitlich abbrach, betonte der Mann nach Angaben von Minister Guéant, er stehe dem Terrornetzwerk Al-Kaida nahe. Er sei in Afghanistan und Pakistan gewesen und habe den gewaltsamen Tod palästinensischer Kindern rächen wollen. Er habe auch ein Zeichen gegen die französische Militär-Präsenz in Afghanistan setzen wollen.

Spur im Internet

Guéant bestätigte, dass die Ermittler ihm kurz nach dem Anschlag auf eine jüdische Schule am Montag über das Internet auf die Spur kamen. Das erste Opfer – einen Soldaten – kontaktierte er über eine Internet-Verkaufs-Plattform, wo dieser sein Motorrad verkaufen wollte. Per Mail wurde ein Treffpunkt vereinbart. Die von Polizisten identifizierte IP-Adresse konnte den Angaben einem Computer zugeordnet werden, der der Mutter des Verdächtigen gehört. «Das hat bei den Ermittlungen die Wende eingeleitet», erläuterte der Minister.

In Jerusalem wurden die vier Opfer des Mordanschlags auf die jüdische Schule bestattet – ein Lehrer und Rabbiner mit seinen zwei kleinen Söhnen sowie eine weitere Schülerin. Hunderte Trauergäste versammelten sich auf dem Friedhof, darunter der französische Außenminister Alain Juppé. Die Leichen waren in der Nacht per Flugzeug nach Israel gebracht worden. An einer ebenso bewegenden Trauerfeier für die drei Soldaten im südfranzösischen Montauban nahm Sarkozy teil. Er sprach von «terroristischen Exekutionen».