N. El A. wird Vergewaltigung seiner damals minderjährigen Tochter über Jahre hinweg vorgeworfen. In erster Instanz wurde er zu 15 Jahren Haft und 36.000 Euro Schadenersatz verurteilt. Nachdem der Angeklagte seine Causa an zwei Tagen (es war nur eine Sitzung vorgesehen) vehement verteidigt hatte, ohne sich aber konkret zu den ihm vorgeworfenen Fakten zu äussern, hatte sein Anwalt Me Michel Karp eingangs seines Plädoyers in zweiter Instanz betont, dass nur ein Freispruch für seinen Klienten in Frage komme. Im Nachhinein plädierte er jedoch mildernde Umstände ein.
Vor dem Strafantrag der Generalstaatsanwaltschaft ging die Nebenklägerin im Namen des Opfers noch kurz auf einige Ungereimtheiten der Verteidigung ein, die zum Teil auch zu einer Verurteilung in erster Instanz führten. Sie sprach vom manipulativen Charakter des Angeklagten, der seine Tochter mit «Zuckerbrot und Peitsche» gefügig machte. Ein Charakter, der es ihm heute auch nicht ermöglicht, die Opferrolle seiner Tochter zu ermessen.
Verschleppungstaktik
Nachdem die Verteidigung erneut versucht hatte, die Verhandlung zu verschleppen, indem sie den Angeklagten erneut zu Wort kommen liess, der wie wild um sich argumentierte und dabei auch die Tageblatt-Berichterstattung in Frage stellte, war es dann, nachdem der zurecht ungeduldig werdende Vorsitzende darauf hingewiesen hatte, dass der Angeklagte und sein Anwalt bereits fünf Stunden plädiert hatten, endlich Generalstaatsanwalt Serge Wagner, der in Vertretung von Mylène Regenwetter zum Strafantrag antreten konnte.
Er setzte sich anfangs mit den von der Verteidigung angestrengten Jurisprudenzen auseinander, die spezifische Fälle behandeln und von denen es Hunderte gibt. Auch der von der Verteidung etwas spät abgelehnte Expertenbericht hätte innerhalb von fünf Tagen kontestiert werden müssen. Serge Wagner warf dem Angeklagten und seiner Verteidigung auch die schon angesprochene Verschleppungstaktik vor und sprach sich gegen die Anhörung von Zeugen aus, die schon in der Instruktion gehört wurden.
Argumente
Er liess auch das Argument nicht gelten, das Opfer hätte die Fakten ziemlich spät erwähnt, war sie doch bis zur Heirat mit ihrem aktuellen Ehemann total vom Beschuldigten abhängig. Erst als dieser ihr Auto ohne Grund ihrer Schwester überschreiben wollte, brach es aus ihr heraus, so Serge Wagner weiter.
Ausserdem habe der Angeklagte in ersten Verhören zu verstehen gegeben, dass für ihn einvernehmlicher Sex mit Minderjährigen keine Vergewaltigung darstellt. Auch operierte der Beschuldigte mit dem klassischen Argument, seine älteste Tochter hätte teilweise die Initiative ergriffen.
Serge Wagner ging eher davon aus, dass das Opfer als älteste Tochter beim Vater die Rolle ihrer kranken Mutter übernehmen sollte. Dass der Angeklagte sich genau erinnern konnte, als 1996 die Brüste seiner Tochter, die damals 13 Jahre hatte, anfingen sich abzuzeichnen, sei ebenfalls bedenklich.
Auch habe die Mutter verschiedene Aussagen zu den sexuellen Praktiken ihres Mannes mit der eigenen Tochter gemacht, welche die Ohnmacht der Frau gegenüber ihrem Mann bezeugen und laut Serge Wagner, wenn die Angelegenheit nicht derart ernst wäre, als tragikomisch daherkommen könnten, jedoch die Aussagen des Opfers im Nachhinein bestätigten.
Die Generalstaatsanwaltschaft stimmte denn auch den Richtern aus erster Instanz zu und forderte die Bestätigung des Urteils von 15 Jahren fester Haft. Nachdem es der Beschuldigte in dem fast schon als symbolisch zu wertenden letzten Wort des Angeklagten vor Gericht verpasst hatte, sich bei seiner anwesenden Tochter wenigstens für die von ihm zugebenen Fakten zu entschuldigen, wurde das Urteil auf den kommenden 13. Juli 2012 festgesetzt.
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