Der Jumbo von Boeing, die Boeing 747, stand vor dem Aus, als die luxemburgische Frachtfluggesellschaft Cargolux sich auf die Suche nach einem Nachfolgemodell für ihre alternden Frachtjumbos machte. Tatsächlich stand kein Modell zur Verfügung. Airbus hätte Cargolux gerne zum Launching Partner für eine Frachtversion des Airbus A 380 gehabt. Aber Cargolux wollte nicht so richtig. Das Bauchgefühl zahlte sich aus. Das Frachtflugzeug A 380 gibt es bis heute nicht und Airbus scheint mit den immer wieder auftauchenden Problemen beim Airbus A 380 auch bis zu einer gewissen Grenze ausgelastet.
Boeing hatte zwar viele Pläne in den Schubladen, um den Jumbo zu verjüngen und der heutigen Zeit anzupassen Aber auch hier war die richtige Lust nicht vorhanden. Bis Cargolux kam und Boeing die Pistole auf die Brust setzte. Der Auftrag aus Luxemburg über vier Miliarden US-Dollar war auch für Boeing keine Kleinigkeit. Und wenn man in Seattle danach erzählte, dass man aus Luxemburg komme und eine dortige Fluggesellschaft gerade für vier Milliarden US Dollar Flugzeuge bei Boeing bestellt hatte, dann hieß es vom Einreisebeamten bis zum Zufallsgespräch bei Starbucks „I love Cargolux“, obwohl mit Sicherheit weder der Eine noch der Andere wirklich wusste, wo Luxemburg liegt oder wer Cargolux ist. Nur: Die Welt der Flugzeuge konnte beides sehr gut einordnen.
Frachtfluggewerbe
Mittlerweile ist die erste Boeing 747/8 der neuen Generation ein Jahr alt und hat im Dienste von Cargolux um die 50.000 Flugstunden absolviert. Mit anderen Worten, länger als nötig hat die „City von Esch sur Alzette“ nie auf dem Boden gestanden. Sie war im Dauereinsatz. Weitere vier Maschinen sind von Cargolux übernommen worden. Die sechste steht fertig in Everett und wartet darauf, von Cargolux in Dienst gestellt zu werden. Sieben Maschinen sind finanziert. Danach wird man weitersehen müssen.
Denn seit der Auftragsvergabe hat sich Einiges im Frachtfluggewerbe verändert. Der Markt ist eingebrochen. Er hat sich strukturell verändert. Die Frachtströme führen zunehmend an Europa vorbei. Und bei der Cargolux sieht es so aus, als ob der Mehrheitseigner – der luxemburgische Staat – nicht mehr unbedingt Herr im eigenen Hause ist. Cargolux hatte seit Jahren darüber nachgedacht, in Kuala Lumpur oder in einem arabischen Land eine Niederlassung einzurichten. Die Idee ist nie verwirklicht worden, obwohl sie weitsichtig war und den Standort Luxemburg gesichert hätte.
Unter dem Druck eines Minderheitsaktionärs wird sie nun radikaler durchgeführt werden müssen, als sie je in Luxemburg angedacht worden war.
Unternehmensstrategie
Die Ein-Typen-Strategie für die Flotte hat sich auch bei der Muttergesellschaft der Cargolux – Luxair – durchgesetzt, auch wenn es bei der Luxair in Wirklichkeit um eine Zwei-Typen –Strategie geht. Für den Linienverkehr hat sich Luxair für die Bombardier Q 400 entschieden. Für die Touristik aber dreht es sich um die Boeing 737, das Arbeitspferd des Konzerns in Washington State. Luxair ist mit der fünften 737 eher ein ganz kleiner Kunde. Wäre da nicht im Hintergrund die Cargolux, die für Boeing zu einem sehr wichtigen Kunden geworden ist.
Adrian Ney, der Vorstandsvorsitzende der Luxair, wird daher nicht ungern gesehen, wenn er von Mittwoch an mit luxemburgischen Journalisten bei Boeing auftaucht. Schließlich gibt es Gesprächsbedarf, seit der Cargolux Minderheitsaktonär Qatar Airways sich so aufführt, als gehöre ihm die Gesellschaft. Boeing wird wissen wollen, wer beim Kunden Cargolux am Ruder sitzt und darf von Ney eine Antwort erwarten, denn der vertritt 42 Prozent des Kapitals bei Cargolux.
Anders auch als beim Linienflug, der der Luxair Gruppe in diesem Jahr einen Verlust von nahe 20 Millionen Euro eintragen wird, ist der Touristik-Bereich gewinnbringend. Die Boeing 737 sind ausgelastet. Hier betreibt die Luxair eine vorsichtige Politik. Denn die Flotte wird mit dem Kauf einer neuen Boeing 737 nicht etwa aufgestockt. Es bleibt bei fünf Maschinen. Die bisher geleaste Boeing 737-800 wird zurück gegeben, wenn die neue Maschine eintrifft. Die 737 der Luxair sind über den guten Namen der Gesellschaft in der Flugwelt überdies gefragte Flugzeuge. Bis zu 30 Anfragen für Charterflüge erhalt Touristik Chef Kunkel am Tag. Die Flugzeuge verdienen also auch in schwachen Jahreszeiten Geld, wenn der Tourismus – wie etwa im Winter – nachlässt.
Wirtschaftsstandort
Washington State gehört zu den dynamischen Wirtschaftsstaaten in den USA. Die scheidende Gouverneurin Christine Gregoire nimmt für sich in Anspruch, in den vergangenen vier Jahren die Grundlage für die Schaffung von 200.000 Arbeitsplätzen gelegt zu haben. Das US-Wirtschafts-Magazin Forbes sieht in Washington State mit seinem Wirtschaftszentrum Seattle und seiner von Gouverneurin Christine Gregoire geführten Wirtschaftspolitik den zweitbesten Standort in den USA, um Geschäfte zu machen.
Der Airbus A 330 von Frankfurt nach Seattle ist zu 80 Prozent besetzt. Fliegt man von Amsterdam mit Air France KLM/ Delta, ist der Flieger in der Regel ebenfalls zu 80 Prozent besetzt. Versucht man zu bestimmten Zeiten mit der Lufthansa nach Seattle zu fliegen, was empfehlenswert ist, ist frühzeitige Buchung notwendig. „Die Einschätzung von Forbes ist richtig“, sagt ein deutscher Berater, der für eine internationale Unternehmensberatung in Seattle arbeitet. „Washington State hat die Krise bisher sehr gut überwunden. Seattle ist ein sehr guter Standort in den USA“.
Mit der Neu-Ausrichtung der luxemburgischen Wirtschaftspolitik durch Minister Etienne Schneider in Richtung Logistik ist Washington State einmal mehr in den Blickwinkel Luxemburgs geraten. Mit Expediators International aus Seattle lässt sich nun eine internationale Logistik-Gruppe in Luxemburg nieder, die die Bindungen zwischen dem Westküstenstaat und Luxemburg noch stärkt.
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