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Pilot: War nicht über Risiken informiert

Pilot: War nicht über Risiken informiert

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Fortsetzung des Luxair-Prozesses am Mittwoch. Er sei nicht über die Risiken einer falschen Handhabung des Schubhebels informiert worden, sagt der angeklagte Pilot vor Gericht.

Der Pilot der Unglücksmaschine und ein französischer Passagier waren die einzigen Überlebenden des Fokker-Crashs vom 6. November 2002. Zwanzig Menschen starben. Der damalige Bordkommandant Poeckes stand dem Gericht auch am Mittwoch Rede und Antwort.

Eingangs wollte Richter Prosper Klein Einzelheiten über Aussagen des Piloten in den letzten Minuten vor dem Crash wissen. Was er denn damit meinte, als er sagte, «Vater arbeitet mit allen Tricks». Er sei nicht stolz auf diese Aussage, so Poeckes. Er glaubt, aber dass er sie im Zusammenhang mit dem Start der Cargolux-Maschine geäussert hatte. Der Pilot kann sich jedoch nicht mehr an den Unfalltag erinnern. Warum hatte er keine Bedenken, als der Kopilot Zweifel äusserte?, fragte anschließend Klein. Der Angeklagte hatte keine plausible Erklärung parat.

Flugbuch ist bindend

Ob er der Ansicht sei, dass das Flugbuch (AOM) bindend sei, will der Staatsanwalt von Claude Poeckes wissen.»Ja», sagte der Angeklagte. Er konnte aber nicht erklären, warum er damals die Richtlinien nicht eingehalten hatte. Er sei öfters mit dem Kopiloten des Unglückstages geflogen. Es sei seines Wissens auch vorher nie vorgekommen, dass der Pilot und nicht der Kopilot den Landeanflug flog.

Welche Richtlinien massgebend seien, die von Fokker odet die von der Luxair?, wollte der Staatsanwalt dann wissen. Die Regeln von Luxair hätten mehr Gewicht, erklärt der Angeklagte. Nächste Frage der Staatsanwaltschaft: Sind die 300-Meter Minimalsicht für die Landung bindend? Zustimmung bei Poeckes, der jedoch keine Angaben darüber machen konnte, warum er trotz schlechter Sicht zu landen versuchte.

«Habe nie etwas erhalten»

Schliesslich fragte der Staatsanwalt, ob Poeckes alle Notizen über die technischem Probleme der Fokker erhalten hat.»Nein, ich habe nie etwas erhalten», erklärte der Angeklagte. Hat man ihn nie über die Risiken einer falschen Handhabung des Schubhebels informiert?, hakte der Staatsanwalt nach.»Nein», bedauerte der Unglückspilot.

Poeckes glaubte, dass die zweite Sperre die erste unterstützen würde und auf diese Weise das Einlegen des Rückschubs während des Fluges unmöglich sei. Er habe den Hebel auf jeden Fall nicht absichtlich falsch betätigt. Weshalb glaubte er das, bemerkte Prosper Klein, der den Verdacht äusserte, dass der Angeklagte oder zumindest einer seiner Kollegen die Fehlhandhabung schon einmal in der Luft probiert hatte.

Nicht alle Dokumente an alle Anwälte

Ein Anwalt der Nebenkläger bedauerte, dass die Verteidigung des Piloten nicht alle Dokumente sofort an die andern Anwälte verteilt habe. Es handelt sich um das Regelwerk zum richtigen Landeanflug mit einem Leitstrahl. Es sei schade, dass dieses sehr technische Dokument nicht von einem Gutachter oder einem Fluginstruktor bewertet werden kann, monierte seinerseits der Präsident der Strafkammer.

Anschließend befasste sich das Gericht mit der Problematik des Einfangens des Leitstrahls. Der Leitstrahl steuert das Flugzeug präzise auf die Landebahn. Poeckes hatte damals vergessen, die Frequenz einzustellen. Ratlosigkeit beim Angeklagten, der nur betont, dass die Identifizierung der Leitstrahlfrequenz nur selten durchgeführt wird. Der Kopilot hatte am 6. November das diesbezügliche Verhalten seines Kommandanten kritisiert.

Erstaunlich ist, dass man Poeckes fragte, wie die Aufgabenaufteilung im Cockpit war, obwohl er an Gedächtnisverlust leidet. Ihm wird vorgeworfen, entgegen der geltenden Regeln den Landeanflug selbst geflogen und diese Aufgabe nicht seinem Kopiloten überlassen zu haben.
Dann wurde Poeckes gefragt, ob er nach dem Crash noch einmal ein Flugzeug geflogen sei. Er könne und er dürfe es nicht mehr, unterstrich der Kommandant der Unglücksmaschine.

Testergebnisse verschwunden

Einer der Anwälte wunderte sich, dass der psychologische Einstellungstest des Crash-Piloten verschwunden sei. Prosper Klein riet, das fehlende Dokument bei der Luxair anzufordern. Ein anderer Rechtsbeistand war erstaunt, dass Poeckes sein Flugbuch (AOM) nicht auf dem letzten Stand hielt. Er habe alles, was er erhalten hat, in sein Dossier integriert, unterstrich der Angeklagte. Zusätze für den AOM seien eher selten gewesen.

Auf die Informationspolitik mit der Kabinenbesatzung angesprochen, sagte der Pilot, es hätte diesbezüglich keine genauen Regeln gegeben, außer dass zehn Minuten vor der Landung das Anschnallzeichen angeschaltet wird. Das Flugzeug befand sich am 6. November 2002 nicht in der Landekonfiguration.

Kommunikationsprobleme

Claude Poeckes versuchte einige Versäumnisse durch eine «non-verbale Kommunikation» zu erklären, stiess jedoch damit auf nur wenig Verständnis beim Richtergespann. Dafür hätte man keine Beweise gefunden, konterte Prosper Klein. Betretenes Schweigen beim Unglückspiloten. Schliesslich wurde sich mit den letzten Sekunden vor dem Crash beschäftigt. Klein bemerkte schliesslich, dass es Unstimmigkeiten bei den Zeitangaben der Cockpit-Aufzeichnung gibt. Man erklärte ihm, dass technische Probleme für ein «Loch» in der Aufnahme verantwortlich sei.

Am Donnerstag werden die Ex-Generaldirektoren der Luxair zu Wort kommen.