Die Broschüre „Was tun bei Atomalarm?“ enthält – in vier Sprachen – allgemeine Anweisungen an die gesamte Bevölkerung, spezielle Anweisungen für Landwirte und besondere Anweisungen für die Schulen.
Um die Organisation der Schutzmaßnahmen zu vereinfachen, wurde das Land in zwei Zonen eingeteilt. Die im „Cattenom-Plan“ vorgesehenen Schutzmaßnahmen gelten vor allem für die sogenannte erste Zone, d.h. die Zone im Umkreis von 25 km von Cattenom. Falls nötig könne der Plan auf das ganze Land ausgedehnt werden. Diese erste Zone wurde wiederum in die drei Sektoren Osten, Zentrum und Westen unterteilt, was es erlauben soll, die Bevölkerung durch Sirenensignale je nach Windrichtung zu alarmieren.
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Auswirkungen auf Menschen
Von den bei einem Atomunfall freigesetzten radioaktiven Stoffen sind zwei für den Körper besonders schädlich: Zum einen istes radioaktives Jod, das eingeatmet oder mit der Nahrung aufgenommen werden kann und sich in der Schilddrüse festsetzt.
Zum anderen ist es das
radioaktive Cäsium, das in jede Zelle des Körpers dringt und sich (ähnlich wie Kalium) an Zellteilungsprozessen beteiligt.
Die freigesetzten radioaktiven Stoffe von Cäsium sind im Gegensatz zu denen von Jod besonders langlebig.
Sie haben eine Halbwertszeit (Zeit, in der die Hälfte der Radioaktivität abklingt) von bis zu 30 Jahren. Bei Jod sind es bis zu acht Tage.Kleinste Mengen bereits schädlich
Genauso gefährlich sind Strontium und Plutonium. Sie sind allerdings nicht so flüchtig wie Jod und Cäsium, das heißt, sie verteilen sich nicht so enorm in der Luft. Bereits kleinste Mengen von Strontium und Plutonium reichen aus, um Mensch und Umwelt für Jahrzehnte zu schädigen.
Strontium verteilt sich in allen Zellen und setzt sich besonders in den Knochen (ähnlich wie Kalzium) fest. Plutonium wird hauptsächlich über Staubpartikel eingeatmet und lagert sich in der Lunge, den Knochen, den Nieren und der Leber ab.
Kaliumiodid-Tabletten
Bei einem nuklearen Unfall kann radioaktives Jod freigesetzt werden, welches sich in der Schilddrüse anreichert und eventuell zu Schilddrüsenkrebs führen kann. Diese Anreicherung kann jedoch unterbunden werden, wenn man vor und während des Eintreffens einer radioaktiven Wolke Tabletten mit nicht radioaktivem Jod einnimmt, heißt es in der gemeinsamen Informationsbroschüre des Gesundheitsministeriums und des Innenministeriums.
Diese Gefahr sei nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl vollkommen unterschätzt worden, erklärte Carlo Back von der „Division de la radioprotection“ dem Tageblatt.
Im Notfall sei es besonders wichtig, Kindern und Jugendlichen Jodtabletten zu geben. Im Umkreis von 25 bis 30 km vom Unfallreaktor sollte jeder solche Tabletten einnehmen, Kinder und Jugendliche sogar in einem Umkreis bis zu 100 km.
Aus diesem Grund wird in den Gemeindeverwaltungen, den Einsatzzentren des Zivilschutzes und den Schulen und Kindertagesstätten ein Vorrat an Kaliumiodid-Tabletten bereit gehalten, der regelmäßig erneuert wird.
Bei einem Voralarm soll sich jeder über einen der nationalen Radiosender über die Anweisungen der Behörden auf dem Laufenden halten. Die kompletten Anweisungen im Fall eines Alarms können Sie der erwähnten Broschüre entnehmen, die auf der unten angegebenen Website eingelesen werden kann.
20 Aufnahmezentren
Als erste Maßnahme wird die Einnahme von Jodtabletten empfohlen; nur im äußersten Notfall käme es zur Evakuierung der Bevölkerung aus den betroffenen Sektoren. Der Plan sehe etwa 20 Aufnahmezentren im ganzen Land vor, erklärte Patrick Majerus.
Es handele sich vor allem um größere Hallen, in denen auch Duschräume zu Verfügung stünden, wie z.B. die Sporthalle in Walferdingen. Für die Einrichtung dieser Notlager seien die Armee und der Zivilschutz verantwortlich. Da das Land sehr klein ist, könne es durchaus nötig werden, auf die Hilfe der Nachbarländer zurückzugreifen, sowohl auf technische Unterstützung als auch auf Hilfe bei der Unterbringung von Evakuierten. Dies werde über Konventionen mit diesen Ländern geregelt.
Luxemburg kann über drei verschiedene Wege über einen Reaktorunfall in Kenntnis gesetzt werden. Zum ersten wird die Radioaktivität im Land durch ein Netz von Messstationen überwacht. Zweitens ist Frankreich durch Abkommen mit Luxemburg dazu verpflichtet, jeden Unfall in Cattenom den luxemburgischen Behörden mitzuteilen. Darüber hinaus gibt es das internationale Abkommen „Convention sur la notification rapide“, welches jedes unterzeichnende Land verpflichtet, einen Unfall, der ein anderes Land gefährdet, der internationalen Gemeinschaft zu melden.
Expertenkommission
Wann nun ein Reaktorunfall als gravierend einzuschätzen sei, darüber entscheide im Notfall eine Expertenkommission, erklärte Patrick Majerus, Nuklearingenieur bei der Strahlenschutzabteilung des Gesundheitsministeriums. Es werde ein Lagebericht ausgearbeitet, aufgrund dessen die Minister entscheiden, ob der „Plan particulier d’intervention en cas d’incident ou d’accident à la centrale électronucléaire de Cattenom“ in Kraft tritt oder nicht. Es handele sich bei diesem Plan um ein administratives Papier, d.h. darin sei festgehalten, wer was im Notfall zu tun habe: Wer z.B. die Transportfragen im Falle einer Evakuierung regelt, oder wer die Aufnahmestationen für die Evakuierten organisiert.
Obwohl der Plan zwar für den Fall eines Unfalls in Cattenom ausgearbeitet worden sei, gelte er auch für Unfälle in anderen Reaktoren in Landesnähe oder aber auch in Industrieanlagen. Zurzeit sei eine Arbeitsgruppe dabei, die Grenzpendler-Komponente mit in den Plan einzubeziehen. Man könne ja nicht bei einem Unfall Menschen, die aus der näheren Umgebung des Reaktors stammen, zurück zu sich nach Hause schicken, meinte Patrick Majerus.
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