Chinas Führung hat nach den machtpolitischen Erschütterungen um den Spitzenfunktionär Bo Xilai die Internetzensur im Land verschärft. Die Suche nach dem Namen Bo Xilai und seiner unter Mordverdacht stehenden Frau Gu Kailai war am Mittwoch in den «Weibo» genannten Kurznachrichtendiensten gesperrt. Beobachter sahen darin den Versuch der Führung, die Diskussion über die Vorgänge einzudämmen, was aber nur begrenzt gelang. Bo Xilai, bislang Parteichef der Metropole Chongqing und Favorit für den engsten Führungszirkel, steht unter Korruptionsverdacht.
«Sie wollen nicht, dass es ausufert», sagte der bekannte chinesische Blogger und Internetexperte Michael Anti. «Sie wollen die Auswirkungen am ersten Tag begrenzen.» Die in der Nacht zum Mittwoch verbreitete Nachricht von dem «dringenden Mordverdacht» gegen die Politikerfrau nach dem Tod des britischen Geschäftsmannes Neil Heywood hatte Schockwellen ausgelöst. Der 41-jährige Brite gehörte zum inneren Zirkel der Familie. Doch gab es wohl Streit mit der Politikerfrau um geschäftliche Angelegenheiten.
Die Regierung unterrichtete Großbritannien und die USA über die Ermittlungen, wie der Sprecher des Außenministeriums, Liu Weimin, vor Journalisten berichtete. «Der Mordfall um Bo Xilais Frau wird nach rechtlichen Verfahren verfolgt und untersucht.» Die Affäre war ins Rollen gekommen, als der Polizeichef von Chongqing und Weggefährte von Bo Xilai, Wang Lijun, im Februar im US-Konsulat im benachbarten Zuflucht gesucht hatte. Er hatte von dem Mordverdacht berichtet.
Aufruf zur Einheit
Die Kommunistische Partei mahnte das Land zur Einheit, was auf mögliche innerparteiliche Unstimmigkeiten hindeuten könnte. Nach der zeitgleich mit den Mordermittlungen verkündeten Entlassung des charismatischen Politikers aus dem Politbüro und dem Zentralkomitee rief das Parteiorgan «Volkszeitung» in einem Leitartikel zur «festen Unterstützung für die korrekte Entscheidung» des Zentralkomitees auf.
Gegen Bo Xilai wird kein Mordverdacht erhoben, sondern wegen «ernster Disziplinarverstöße» ermittelt. Es wurde vermutet, dass er die Ermittlungen gegen seine Familie unterbinden wollte. Wegen der Vorfälle war der 62-jährige bereits im März vom Amt des Parteichefs von Chongqing entbunden worden.
Ein Sproß der Macht-Elite
Der «Prinzling» ist Sohn des Revolutionärs Bo Yibo, der einst zu den «acht Unsterblichen» der Macht-Elite gehörte. Er hatte bis zu dem Skandal gute Aussichten, bei dem geplanten Führungswechsel im Herbst in den engsten Führungszirkel aufzusteigen. Auch seine Frau Gu Kailai stammt aus der Machtelite und ist Tochter eines berühmten Generals.
Bo Xilai galt mit seinen «roten» Kampagnen in der 30-Millionen-Metropole als Galionsfigur der «neuen Linken» in der Partei, die gegen den Kurs der marktorientierten Reformer angehen.
Zu Demaart
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