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KontroverseStreit um religiöses Symbol: Frankreich verbannt Abayas aus Schulen

Kontroverse / Streit um religiöses Symbol: Frankreich verbannt Abayas aus Schulen
Eine junge Frau trägt eine Abaya, als sie Ende August auf einer Straße in Nantes, Westfrankreich, steht.  AFP

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An Frankreichs Schulen sind lange, traditionell aus arabischen Ländern stammende, Gewänder ab Montag verboten. Um diese Abayas gab es schon länger Streit. Sind sie einfach ein Kleidungsstück oder ein religiöses Symbol?

Um Kopftuch und Burkini-Badeanzüge hat Frankreich viel gestritten, nun sorgt ein Verbot von Abayas an Schulen für neuerlichen Wirbel. Zum Schuljahresbeginn von Montag an sind die traditionell von Frauen in islamischen Ländern getragenen knöchellangen Gewänder tabu, ebenso der entsprechende Überwurf für Männer, der Qamis. Das verfügte Frankreichs neuer Bildungsminister Gabriel Attal per Erlass. Dabei stützt er sich auf das seit langem geltende Verbot von sichtbaren religiösen Symbolen an Schulen in dem auf Laizität, also der strikten Trennung von Staat und Religion, bedachten Frankreich.

In den letzten Monaten hätten Verstöße gegen die Laizität an Schulen stark zugenommen, sagte Attal. Von rund 4700 Fällen im vergangenen Schuljahr war die Rede, häufig sei es um das Tragen von Abayas gegangen. Schon eine Weile sind die Gewänder Diskussionsstoff in Frankreich. Eine entschiedene Antwort sei nötig, befand nun der vor den Ferien an die Spitze des Bildungsressorts gerückte Attal, der zuvor beigeordneter Haushaltsminister und Regierungssprecher war: „Die Abaya hat in unseren Schulen keinen Platz.“ Volle Rückendeckung erhielt er dabei von Präsident Emmanuel Macron: „Religiöse Symbole haben in der Schule keinen Platz“, sagte er. Mit der Problematik dürften Schulleitungen nicht alleine gelassen werden.

Aber geht das nicht alles zu weit, macht die Regierung da nicht jungen Frauen Bekleidungsvorschriften? Und ist die Abaya zwingend ein religiöses Symbol oder schlicht ein Kleidungsstück? Das sind die Fragen der Kritiker. Befürworter halten dagegen, dass es darum gehe, religiös motivierte Kleidung in der Schule nicht zu normalisieren, um eine schleichende Indoktrinierung zu vermeiden.

„Bekleidungspolizei“?

Die Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft ID-FO, Agnès Andersen, hält das für übertrieben. Das Kleid habe anders als das Kopftuch keinen religiösen Ursprung, selbst wenn Salafisten dazu ermunterten, so etwas zu tragen, sagte sie im Juni der Zeitung „Le Parisien“. Am Ende zähle die Absicht der jungen Mädchen. Bei einigen könne der Glaube eine Rolle spielen. Andere wollten ihre Rundungen verdecken, die Freundin nachmachen oder fänden die lange Tunika schön und preiswert.

Von Teilen der Opposition bezieht Macrons Mitte-Regierung Kritik für den Erlass. „Wie weit wird die Bekleidungspolizei gehen?“, sagte die Linksabgeordnete Clémentine Autain, die das Verbot bei X (vormals Twitter) auch als eine besessene Zurückweisung von Muslimen bezeichnete. Die Regelung sei verfassungswidrig, schrieb sie. Die Grünen-Abgeordnete Sandra Regol meinte auf der Plattform X: „Abayas, Röcke, Crop-Tops: Es ist immer der Körper der Frauen, den diese Politiker zu kontrollieren versuchen.“

Dass die Regierung bei dem schwierigen Thema nun einen harten Kurs einschlägt, wird auch als Zugehen auf die konservativen Républicains gesehen, um deren Unterstützung das Präsidentenlager für die verbleibenden vier Regierungsjahre weiter buhlt. Seit gut einem Jahr hat Macrons Regierung keine absolute Mehrheit mehr im Parlament. Die meisten Schnittstellen gäbe es mit den Konservativen, mit denen eine wie auch immer geartete Kooperation aber bislang nicht gelungen ist.

„Auf Dialog setzen“

Zum Schuljahresstart will die Regierung zunächst auf Dialog setzen, was das neue Verbot angeht, hieß es in dem Erlass. Mit Schülerinnen und Familien werde geredet, sagte auch Macron. Danach aber drohen Disziplinarmaßnahmen – welche genau, wird nicht präzisiert.

Attals Vorgänger Pap Ndiaye hatte vor einem Verbot zurückgeschreckt. Der Staat könne keine Liste verbotener Kleidungsstücke aufstellen, hatte er im Senat gesagt. „Weil wir uns damit auf ein äußerst komplexes Terrain begeben würden. Aus rechtlicher Sicht ist die Abaya nicht einfach zu definieren, und wir würden in der nächsten Woche durch eine bestimmte Länge des Kleides, eine Kragenform oder dieses oder jenes Accessoire umgangen, was das Problem von Woche zu Woche verlängern und uns zwingen würde, mehr Rundschreiben zu verfassen, was uns direkt zum Verwaltungsgericht bringen würde, wo wir verlieren würden.“ Wie der neue Bildungsminister diese Fallstricke vermeiden will, hat er bislang nicht gesagt.

Und eine erste Klage ist bereits beim Staatsrat, dem obersten Verwaltungsgericht des Landes, von einem Verein zum Schutz der Rechte von Muslimen (ADM) eingereicht worden. „Wir haben beim Staatsrat eine Dringlichkeitsklage eingereicht, um die Aussetzung des Verbots der Abaya in der Schule zu fordern, das mehrere Grundfreiheiten verletzt“, sagte der Anwalt des Vereins, Vincent Brengarth.

Luc
4. September 2023 - 10.22

Richtig! Sich anpassen gehört zur Integration.

jung.luc.lux
4. September 2023 - 9.45

Keine Religion hat in keinem Lyzeum irgendetwas zu bestellen und zu suchen. Dieses in keinem euroäischen Land. Kreuze, Kippas, Abayas und Qami haben sind Ausdrücke einer irrationalen Beeinflussung von Jugendlichen.