Die Regierungsparteien sind ohne Überraschung mit der Erklärung des Regierungschefs zufrieden. Der Fraktionschef der CSV Lucien Thiel erklärte gegenüber dem Tageblatt, „das Wesentliche“ sei gesagt worden, auch wenn jetzt noch Diskussionen anstünden. Juncker hätte klare Antworten gegeben, was zum Beispiel den öffentlichen Dienst oder die Rentenreform anbelange.
Sein Kollege Lucien Lux (LSAP) betonte, die Ausführungen des Premierministers würden noch „viel Platz für Dialog“ lassen. Die Rede habe „gute Orientierungen“ enthalten. Jetzt könne man eine Reformpolitik betreiben. Lux appellierte an die Gewerkschaften, über die Reformvorschläge Junckers im öffentlichen Dienst zu verhandeln.
«Mangel an Visionen»
Die Oppositionsparteien ihrerseits sprachen von einem „Mangel an Visionen“. Jean-Claude Juncker habe viele Ziele angegeben, aber nicht klar gesagt, wie man diese erreichen will, betonte DP-Präsident Claude Meisch gegenüber dem Tageblatt. Er hätte sich zum Beispiel konkrete Aussagen über die Reduzierung der Staatsschuld gewünscht.
ADR-Präsident Gast Gibéryen bemängelte unter anderem, dass Juncker kein Wort über den sozialen Zusammenhalt verloren hat. Und auch der Vertreter von „déi Lénk“ André Hoffmann sprach von einer „üblichen Rethorik“. Der Staatsminister hätte keine Angaben zur Umverteilung des geschaffenen Reichtums oder über die Staatseinnahmen gemacht. Auch die KPL bedauerte, dass die Regierung unfähig sei, die Arbeitslosigkeit, die Armut, die schlechte Ausbildung und die Wohnungsnot wirksam zu bekämpfen und an ihrem Kurs des Sozialabbaus festhalte.
Zufriedene Grüne
Lediglich „déi gréng“ sind mit dem Aussagen des Premiers zufrieden. Man hätte den Eindruck gehabt, dass die Grünen in der Regierung säßen, so François Bausch gegenüber dem Tageblatt. Besonders der Atomausstieg und die Förderung des „ökologischen Wohnungsbaus“ seien bemerkenswerte Richtungsänderungen. Die Partei hege jedoch Zweifel, dass alle Ankündigungen umgesetzt werden.
Von Seiten der Gewerkschaften kamen kritische Töne. OGBL-Präsident Jean-Claude Reding sagte der Wochenzeitung «Le Jeudi», Juncker habe in seiner Analyse keine Angaben über die wirtschaftliche Lage gegeben, die zu den Sparmaßnahmen geführt hätten. Juncker habe auch die Entwicklung der sozialen Probleme nicht angesprochen. Robert Weber, LCGB-Präsident und CSV-Abgeordneter, betonte jedoch, Juncker habe „wichtige Akzente gesetzt“ und Probleme angesprochen, die ansonsten kaum zur Sprache kommen.
Dialogbereitschaft
Die CGFP begrüßt vor allem die Dialogbereitschaft des Regierungschefs. Als positiv wertet die Gewerkschaft auch die Ankündigung, die Anfangsgehälter in öffentlichen Dienst nicht zu kürzen. Bei der „Stage-Zeit“ wird jedoch eine tiefgehende Reform erwartet. Über die Entschädigung der Praktikanten müsse weiter verhandelt werden.
Die Aleba ihrerseits bedauert, dass die Regierung trotz besserer Staatsfinanzen noch immer am Sozialabbau festhält.
Obschon die Voraussagen der Regierung für das Jahr 2010 wieder nicht stimmten und 990 Millionen Euro mehr in die Staatskasse flossen, hält die Regierung unbeirrt an ihrem Sparkurs fest, stellt der Landesverband am Donnerstag fest. «Eigentlich hätten wir erwartet, dass Teile aus dem Sparmaßnahmenpaket sofort
zurückgenommen würden.» Seltsam findet es die Gewerkschaft, dass die Gehälterreform im öffentlichen Sektor im Dialog mit den Gewerkschaften durchgeführt werden soll, die Regierung aber präzise Vorstellungen habe und sich ihr Vorgehen nicht von anderen diktieren lassen wolle.
Sehen ist glauben
Von Seiten der Arbeitgeber begrüßt der Handwerkerverband die Entscheidungen, die Energiepolitik betreffend. Sie kritisiert aber auch, dass die zukunftsabsichernden Strukturreformen nicht auf der Prioritätenliste der Regierung zu stehen scheinen. Die Ankündigung der Bürokratieentlastung glaubt sie erst, wenn konkrete Vorschläge unterbreitet wurden.
Roland Kuhn, Präsident der Handwerkerkammer begrüßte in einem RTL-Interview die „grünen“ Vorschläge Junckers in Sachen Wohnungsbau. Luxemburg könne beim ökologischen Bauen eine Vorreiterrolle einnehmen, zumal die Firmen schon über das notwendige Know-how verfügten.
Es meldeten sich auch Vereinigungen zu Wort. Die Aktioun Erzéiung, welche Berufsorganisationen und Gewerkschaften aus dem erzieherischen Bereich vereint, beglückwünscht Jean-Claude Juncker für seine Aussagen über die Sozialpolitik und insbesondere über die Kinderbetreuung.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können