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«Es gibt keine normalen Jahre mehr»

«Es gibt keine normalen Jahre mehr»
(Tageblatt-Archiv)

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Krise, steigende Kerosinpreise, starker Dollar, Preisverfall bei den Tickets: Luxair-Chef Adrien Ney meint, dass es keine normalen Jahre für Luftfahrtgesellschaften mehr gibt.

«Die Situation in der Luftfahrt ist sehr angespannt, sagt Luxair-Chef Adrien Ney im Tageblatt-Gespräch. «Sie ist gekennzeichnet durch eine Reihe von Faktoren, auf die Fluggesellschaften keinen Einfluss haben. Wir leiden unter einem hohen Kerosinpreis. Der wird einerseits durch das Verhältnis Dollar zu Euro bestimmt. Je schwächer der Euro, desto teurer das Kerosin. Dann aber auch die Situation bei den Raffinerien, deren Kerosin-Kapazität zu wünschen übrig lässt. Und schließlich kommt der Ölpreis hinzu. Es ist nicht absehbar, ob und wann sich das ändern wird. Wir haben trotz dieser Situation keinen Kerosin-Aufschlag erhoben. Die Situation insgesamt hat sich völlig umgedreht», sagt Ney. «Früher hatten wir in Krisenzeiten sinkende Kerosinpreise. Jetzt haben wir eine Krisenzeit mit gleichzeitig steigenden Kerosinpreisen. Wir werden auch in den kommenden Jahren keine Normalität in unserem Markt erleben.»

Immerhin hat alleine diese Mischung in der Branche dazu geführt, dass mit Cirrus und mit Spanair zwei Fluggesellschaften Insolvenz angemeldet und hohe Schulden aufgehäuft haben. Die Europäische Kommission führt derzeit Untersuchungen zu unerlaubten Staatshilfen durch. Sollten hier Strafen verhängt werden, könnte dies das Aus für weitere Luftfahrtgesellschaften bedeuten. «Luxair hat keine Staatshilfen erhalten und wird von solchen Untersuchungen daher auch nicht betroffen sein,» sagt Ney.

Enormer Druck

Der Chef der Luftfahrtgesellschaft äußert sich nicht zu der Vermutung, dass die Luxair im vergangenen Jahr im Linienflug-Geschäft erneut einen Millionenverlust erlitten hat. Und auch die Vermutung, dass es 2012 nicht anders sein wird, lässt er unkommentiert im Raum stehen. Bestimmte feststehende Kosten sind nicht zu ändern. Andere kommen hinzu. Bei der Luxair sind dies veränderte Passagierverhalten. «Jedes dritte Flugticket ist mittlerweile ein ‹Primo-Ticket›,» sagt Ney. Diese Frühbucher Tickets sind einst eingeführt worden, um die Kundschaft zu fidelisieren und ihr preiswerte Flüge mit der als teuer geltenden Luxair zu ermöglichen. Allerdings stimmt der Ruf der teuren Luxair so ganz heutzutage nicht mehr. «Der Druck auf die Flugpreise ist ungeheuer groß geworden,» sagt Ney.

Luxair befindet sich hier in einem Dilemma. Das Unternehmen ist von der Strategie her auf den Business-Flieger eingestellt. Der aber macht sich in Krisenzeiten rar. Und auch die deutlich höhere Passagierzahl hat die Einnahmesituation nicht wirklich verbessert. Die zusätzlichen Passagiere nämlich waren Economy-Passagiere. Geld macht die Airline aber mit den Business-Passagieren. Diese Zeit ist seit der Finanzkrise endgültig vorbei. Je nach Unternehmen gilt, dass Flugreisen bis zu zwei und drei Stunden in der Economy – Klasse gemacht werden. Das gilt auch für Vorstände. Das aber ist die Flugdauer der Luxair Flugzeuge, die nach Paris und Frankfurt gerade einmal 35 Minuten in der Luft sind.

Kein Kommentar

Ney gibt im Gespräch nicht zu, dass die Luxair unter Konkurrenz leidet. Die Schweizer Darwin Airline hat gerade ihren Flug zwischen Luxemburg und Genf aufgenommen. «Das kommentiere ich nicht,» sagt er knapp. Dafür weist er auf eine andere Situation hin: «Es gibt Fluggesellschaften, die sich bei Bestellungen ihrer Flugzeuge in einer Euphorie bewegen. Es ist erstaunlich, welche Menge an Flugzeugen die arabischen Gesellschaften bestellen oder jetzt die norwegische Low Cost Gesellschaft ‹Norwegian›. Wir schaffen Überkapazitäten, die der Markt nicht verdauen wird.»

Konkret auf Luxemburg bezogen wird eine solche Überkapazität gerade auf der München Strecke geschaffen. Lufthansa will nach Tageblatt.lu Information mit einer dritten Rotation von Luxemburg nach München beginnen. Es wird dann täglich sieben Flüge von Luxemburg nach München und zurück geben. Je mehr Flüge aber täglich von Luxemburg nach München stattfinden, desto weniger Passagiere sitzen in den einzelnen Flugzeugen. Je weniger Passagiere aber in den Flugzeugen sitzen, desto größer wird die Chance, dass man auf der München Strecke Verlust macht. Die größere Auswahl des Fluggastes auf einer Strecke wie München ist in Wirklichkeit ein Überangebot, das die Fluggesellschaften teuer zu stehen kommt. Tatsächlich hat hier ein Verdrängungswettbewerb zwischen Lufthansa und Luxair begonnen.

«Gesunde Bilanzstruktur»

Pikant ist dabei, dass Lufthansa 13 Prozent am Kapital der Luxair hält. Für die Luxair kann das aber auch bedeuten, dass irgendwann die Frankfurt-Strecke in Mitleidenschaft gezogen wird. Denn das Überangebot auf der München-Strecke lenkt den Verkehrsstrom. Und das könnte bedeuten: Unrentabilität der Frankfurt Strecke bis hin zur Ausdünnung der Frankfurt-Rotationen.

Luxair kann dagegen halten; wenn auch nicht ewig. «Wir haben eine gesunde Bilanzstruktur,» sagt Ney. Auf der Genf-Strecke unterbietet Luxair mit 149 Euro den billigsten Tarif von Darwin Airline im Primo Tarif um einen Euro. Der Vorstand des Unternehmens weiß andererseits, dass die Verluste im Linienflug auf Dauer nicht hinnehmbar sind. Änderungen im Unternehmen erweisen sich allerdings als schwierig.