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Eine Win-win-Situation für alle Länder

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Täglich fahren über 150.000 Franzosen, Deutsche und Belgier nach Luxemburg zur Arbeit. Tendenz steigend. Die Grenzgänger stellen 44 Prozent der Arbeitskräfte hierzulande dar. Diese einzigartige Realität prägt sowohl das Großherzogtum als auch den gesamten Saar-Lor-Lux-Raum.

Die Publikation „Le travail frontalier au sein de la Grande Région Saar-Lor-Lux“, die unter der Leitung von Isabelle Pigeron-Piroth von der Universität Luxemburg und Rachid Belkacem von der „Université de Lorraine“ entstand, liefert eine globale und interdisziplinare Analyse der Situation der Grenzgänger in der Großregion.

Logo" class="infobox_img" />Die Bestandsaufnahme soll unter anderen mit Vorurteilen aufräumen. (Michelle Cloos)

Grenzgänger in Zahlen:
o 44 Prozent Im Jahr 2011 waren 44 Prozent der 352.000 Arbeitskräfte in Luxemburg Grenzgänger. 1975 waren es gerade mal 9 Prozent (von insgesamt 132.000 Arbeitskräften).
o 153.000 75.700 der insgesamt 153.000 in Luxemburg arbeitenden Grenzgänger kommen aus Frankreich. 38.900 kommen aus Belgien und 38.700 aus Deutschland.
o 17% Im Jahr 2008 arbeiteten 17% der 670.000 Grenzgänger, die es in der EU gibt, in Luxemburg.

„Aufgrund der Wichtigkeit des Grenzgänger-Phänomens für die gesamte Region wollten wir eine detaillierte Bestandsaufnahme machen“, erklärte Pigeron-Piroth gestern gegenüber dem Tageblatt. Im Rahmen des Projektes „Universität der Großregion“ taten sich Geografen, Soziologen, Wirtschaftswissenschaftler und Historiker von mehreren Universitäten zusammen, um das Phänomen in seiner ganzen Komplexität zu beleuchten.
Das Resultat ist der jetzt veröffentlichte Sammelband mit 24 wissenschaftlichen Artikeln, die verschiedene Themenbereiche abdecken. Die Nachforschungen haben es ermöglicht, mit einigen Stereotypen über die Grenzgänger aufzuräumen.

Es wird luxemburgisch gesprochen

Demnach zeigt eine qualitative Studie von Anne Franziskus und Julie De Bres, dass das Sprechen der Luxemburger Sprache am Arbeitsplatz sehr wohl eine Realität ist, auch wenn die Häufigkeit stark variiert. Insgesamt wird die Mehrsprachigkeit bei Stellenausschreibungen auch immer wichtiger, wie eine weitere Studie von Fernand Fehlen u.a. zeigt. Der Arbeitsmarkt ist dabei aufgrund der Sprachkenntnisse segmentiert und das Luxemburgische kann manchmal zu einer Hürde werden. Letzteres gilt vor allem für staatliche und para-staatliche Stellen.

Auch erweist sich das Vorurteil, dass Grenzgänger in Luxemburg arbeiten, aber ihr ganzes Geld im Ausland ausgeben, als falsch.
So konnten Forscher feststellen, dass sich die Ausgaben der Pendler im Großherzogtum nicht nur auf Benzin und Tabak beschränken, sondern auch Bereiche wie Kleidung, Lebensmittel oder Restaurantbesuche umfassen.

Eine ambivalente Wahrnehmung

Neben dem Verhalten der Grenzgänger wurde natürlich auch ihre Wahrnehmung durch die Luxemburger unter die Lupe genommen. Der Blick auf die Pendler ist durch eine gewisse Widersprüchlichkeit geprägt, sagte Christian Wille gegenüber dem Tageblatt.

Aus einer sozio-ökonomischen Perspektive gesehen wird die Präsenz der Grenzgänger als positiv gewertet. Die meisten Luxemburger sind der Ansicht, dass die Grenzgänger wichtig für die Wirtschaft des Landes sind. Auch glauben zwei Drittel der Luxemburger nicht daran, dass die Grenzgänger eine Konkurrenz darstellen und riskieren, ihnen Arbeitsplätze wegzunehmen.

Identität soll gestärkt werden

Die Befragungen ergaben aber ebenfalls, dass man in puncto Sprache und Kultur ein gewisses Streben nach einer Stärkung der eigenen Identität spürt. Ein Großteil der Luxemburger ist der Meinung, dass die Grenzgänger sich zu wenig für das Land interessieren und dass die Luxemburger Sprache nicht genügend erlernt wird.
Generell hat die steigende Zahl der hierzulande arbeitenden Grenzgänger es ermöglicht, die ganze Region zu dynamisieren, die Krise etwas zu amortisieren und ein Wegziehen der Bevölkerungen in den Grenzgebieten zu verhindern. Doch diese Entwicklung birgt auch eine Herausforderung.

Wichtig ist, dass sich daraus eine Win-win-Situation für die verschiedenen Länder ergibt. Damit stellt sich für die Politik natürlich die Frage der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der „Grande Région“.