Die Lage im Katastrophen-Atomkraftwerk Fukushima Eins in Japan eskaliert weiter. Erneut brachen Feuer an zwei Reaktoren aus, die Strahlung stieg für kurze Zeit stark an. Ein weiterer Reaktorblock soll beschädigt sein. Die etwa 50 noch verbliebenen Arbeiter mussten sich am Mittwoch zeitweise aus dem Kraftwerk zurückziehen. Die Behörden registrierten an der Atomanlage zwischenzeitlich einen Strahlungshöchstwert von 1000 Millisievert, der aber schnell wieder absank. Über das genaue Ausmaß der Strahlenbelastung gab es unterschiedliche Angaben. Derweil erschütterten weitere Nachbeben das Land. Die japanische Regierung forderte nun auch im Ausland Hilfe an.
Ein Löscheinsatz war in der Kraftwerksanlage Fukushima Eins zunächst nahezu unmöglich, der Brand schwelte für Stunden weiter. Nur noch zwei der vier akut betroffenen Reaktorblöcke könnten weiter mit Meerwasser gekühlt werden, hieß es. Dies ist notwendig, um eine Kernschmelze zu verhindern.
AKW-Arbeiter in sicheren Räumen
Im Fernsehsender NHK sagte ein Sprecher der Atomaufsicht, die AKW-Arbeiter könnten nicht mehr in den Kontrollraum. Sie seien in sicheren Räumen untergebracht. Rund eine Stunde später wurde die Evakuierungsanordnung wieder aufgehoben, meldete NHK. Rund 50 Arbeiter sind noch in dem Kraftwerk verblieben. Auch in den abgeschalteten Fukushima-Blöcken 5 und 6 gab es zuletzt Probleme.
Die Umweltschutz-Organisation Greenpeace kritisierte die japanische Informationspolitik. Nur der Betreiber Tepco messe die Strahlenwerte, sagte der Atomexperte Mathias Edler in Hamburg der Nachrichtenagentur dpa. Unabhängige Informationen gebe es weiterhin nicht. Nach Einschätzung von Experten blieben bei freiliegenden Brennstäben noch etwa 17 Stunden bis zur kompletten Kernschmelze.
Dichte Rauchschwaden
Am Mittwoch fingen sowohl Reaktor 4 als auch Reaktor 3 Feuer. Zudem wurde in Block 3 womöglich die wichtige innere Reaktorhülle beschädigt, sagte Regierungssprecher Yukio Edano nach Angaben der Nachrichtenagentur Kyodo. Das Fernsehen zeigte, wie unaufhörlich dichte Rauchschwaden von der Anlage aufstiegen. Helikopter konnten wegen der Gefahr nicht zum Löschen aufsteigen. Auf Satellitenfotos gleicht der Zustand der Atomanlage immer mehr den Bildern vom explodierten Reaktorblock 4 im ukrainischen Tschernobyl vor 25 Jahren.
Nach Vorhersagen der japanischen Wetterbehörde soll der Wind in den kommenden Stunden Richtung Osten und somit hinaus auf das Meer wehen. Im Großraum Tokio, 260 Kilometer südlich von Fukushima gelegen, wächst die Sorge vor einer radioaktiven Wolke. Hinzu kam am Mittwoch ein Nachbeben der Stärke 6,0. Das Epizentrum habe rund 100 Kilometer östlich der Hauptstadt Tokio gelegen. Davor hatten schon mehrere schwächere Erdstöße den Nordosten des Landes erschüttert.
Einsatz ausländischer Ärzte
Japan wandte sich nun auch an die USA. Unterstützung der US-Truppen könnte nötig sein, sagte Edano. Die Agentur Kyodo meldete zudem, dass die Regierung auch dem Einsatz ausländischer Ärzte für die Erdbebenopfer zustimme. Südkorea will einen Teil seiner Reserven des Halbmetalls Bor nach Japan schicken. Die Chemikalie absorbiert Neutronen, verlangsamt die Kernspaltung und soll die Reaktoren so zusätzlich abkühlen.
In dem Unglücks-Atomkraftwerk Fukushima gab es seit dem Tsunami am Freitag in den Reaktoren 1 bis 4 mehrere Explosionen und Brände. Am Dienstag hatte es schon geheißen, dass die Reaktorhülle in Block 2 beschädigt sein könnte. Dieser Schaden könnte nach Angaben der japanischen Atomsicherheitsbehörde auch der Grund für die hohe Strahlung sein. Der Tsunami hatte das Kühlsystem des Atomkraftwerks zerstört, weshalb die Brennstäbe nicht mehr gekühlt werden können. Eine Kernschmelze wird seit Tagen vermutet.
Evakuierungszone nicht ausgedehnt
Auch nach den neuen Vorfällen gebe es keine Pläne, die Evakuierungszone rund um das Atomkraftwerk auszuweiten, sagte Edano. Aktuell gilt ein 20-Kilometer-Radius. Zudem sollen Bewohner im Umkreis von 30 Kilometern in geschlossenen Räumen bleiben.
Die Versorgungslage in Teilen des Landes wird derweil immer schlimmer: Die Regierung rief die Bevölkerung auf, keine Hamsterkäufe mehr an Tankstellen zu machen und Energie zu sparen. Die Menschen sollten ihren Gas- und Treibstoffverbrauch einschränken, sagte Edano. Derzeit werde alles versucht, um dringend benötigtes Gas und Kraftstoffe in die Katastrophengebiete zu bringen.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können