Es zischt, es riecht nach brennendem Eisen. Rauchschwaden wabern durch die Halle. Zu hören ist das Brummen der Elektroden. Drei davon stecken in der Stahlpfanne. Sie halten den Flüssigstahl auf der richtigen Temperatur, damit er gleich in die Stranggießanlage in die benötigte Form gegossen werden kann. Das Material stammt aus dem vorgelagerten Elektro-Stahlwerk, wo Schrott eingeschmolzen wird.
Der Topf mit den Elektroden muss noch warten. Noch enthält die andere Stahlpfanne, die er ersetzen soll, 15 der insgesamt 160 Tonnen Stahl. In wenigen Minuten ist die Pfanne leer. Erst dann wird der neue Behälter an das andere Ende des riesigen Drehkreuzes herangefahren. Eine 180 Grad Drehung und das Drehkreuz hat die volle Pfanne über den Verteiler platziert. Aus der Stahlpfanne fließt der flüssige Stahl in den Verteiler. Von hier geht er durch gleich sechs Stränge, die das Metall in eine H-Form unterschiedlicher Größe gießen. Zwei Männer in Aluminium-Schutzkleidung wachen darüber, dass das Abfließen in die Form reibunglos verläuft.
Seit Juni in Betrieb
Seit Juni ist ein neuer Strang in Betrieb. In der Sprache der Techniker von ArcelorMittal Belval heißt er B4. B4 ist ein „Beam Blank“, ein Halbzeug, das später zu Spundwänden oder Trägern gewalzt wird. Mit 394 Millimetern Höhe und einer Masse von 914 Kilogramm pro laufenden Meter ist B4 der größte in Belval geformte Beam Blank. Die anderen schaffen es auf 328, 416 und 629 kg/m.
Rund 5,5 Millionen Euro schwer ist die Investition, sagt Jean-Michel Dengler, Direktor der Belval-Anlage. Sie ist Teil der Investitionen, die in Lux2016 vorgesehen sind. Der zwischen Gewerkschaften, Regierung und ArcelorMittal im Frühjahr 2012 unterschriebene Plan schreibt die einzuhaltende Personalstärke und die Modernisierungsanstrengungen in den Luxemburger Werken vor.
120.000 Tonnen
B4 soll im Jahr rund 60.000 Tonnen Halbzeug herstellen. Ein zweiter, 2,5 Millionen Euro teurer B4-Strang ist bereits in Planung. Zusammen werden dann 120.000 Tonnen produziert werden. Die Anlage wird die Restkapazität des Belvaler Elektro-Stahlwerks vollständig ausnutzen können. Die war bisher noch nicht ganz ausgelastet. Entlastet wird im Gegenzug das Stahlwerk in Differdingen, aus dem bisher die BBO-Beam Blanks stammten. BBO ist dasselbe Halbzeug wie B4. Die in Differdingen freiwerdende Kapazität wird u.a. zur Herstellung großer Träger genutzt, sogenannte Jumbo-Träger, die in Hochhäusern in der ganzen Welt stecken, so etwa das New Yorker Freedom-Tower, das auf dem Gelände des zerstörten World-Trade-Centers errichtet wurde.
Die roten, brennend heißen Stränge aus der Stranggießanlage werden in Teilstücken von bis zu 13 Metern geschnitten. Von hier aus werden die von 1500 auf knapp 500 Grad abgekühlten Stahlblöcke entweder auf Lager geführt oder gleich zur Weiterverarbeitung transportiert. Etwa in die angeschlossene, 2004 eröffnete Mitteleisenstraße TMB. Hier wird B4 zu kleinen und mittelgroßen Trägern ausgewalzt. Oder zur knapp 500 Meter entfernten T2-Straße, wo aus B4 Spundwände werden. Spundwände sind Spezialprofile, die in den Boden gerammt werden, um Erdmassen zu stützen oder vor eindringendem Wasser zu schützen.
Abgesehen von den zwei Männern unter dem Verteiler ist die Halle menschenleer. Die Anlage läuft automatisch, von Angestellten in abgedunktelten Kabinen gesteuert. Dennoch arbeiten 150 Mann in drei Schichten hier. Mit B4 wurde die Produktivität sprunghaft erhöht. Zusätzliche Mitarbeiter wurden nicht eingestellt. Die Neuinvestition soll dem Unternehmen zur besseren Auslastung der Anlagen verhelfen und zu substanziellen Kostenersparnissen. Immerhin muss nur weniger Halbzeug aus anderen Werken in Europa importiert werden.
Das Auswechseln der Stahlpfannen
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