Diesmal geht es für Apple um mehr als ein neues iPhone. Der neue Apple-Chef Tim Cook muss am Dienstag beweisen, dass er genauso wie der bisherige oberste Visionär und Verkaufsgenie Steve Jobs Millionen Menschen für die Magie hinter den Schaltkreisen begeistern kann. Auch das neue iPhone-Modell sollte besser etwas Besonderes sein – schließlich ist die Konkurrenz für Apples Kult-Handy so stark wie nie zuvor. Das Google-Betriebssystem Android hat sich fest als Nummer eins im Smartphone-Markt etabliert, viele Telefone bieten inzwischen ein ähnliches Erlebnis.
Apples Antwort auf die Konkurrenz lautet mehr Komfort. Zum Beispiel durch iCloud, einen innovativen Online-Speicherdienst, mit dem die Daten frei zwischen verschiedenen Geräten fließen sollen. Macht man ein Foto mit einem iPhone, kann es damit direkt auch auf dem Mac-Computer des Nutzers und dem iPad auftauchen. Der Schritt ergibt Sinn: Das Erfolgsgeheimnis des iPhone sind schließlich nicht nur die technischen Daten und die Bedienung, sondern vor allem die Dienste, die man mit ihm nutzen kann. Der Start von iCloud muss nur reibungslos ablaufen – im Gegensatz zu den Pannen bei der Einführung des einfacheren Vorgängers MobileMe vor einigen Jahren.
Nicht viel gewusst
Über das neue iPhone weiß man bisher nicht viel. Nach vielen Medienberichten ist relativ unstrittig, dass es etwas dünner wird, eine verbesserte Kamera bekommt und einen schnelleren Chip – aber kann man das nicht letztlich über jedes neue Telefon-Modell sagen? Obwohl in diesem Sommer schon wieder ein Apple-Mitarbeiter einen geheimen iPhone-Prototypen in einer Bar verloren haben soll, gelang es dem Konzern diesmal, Kunden und Medien bis zum Schluss rätseln zu lassen.
Die Gerüchteküche läuft unterdessen heiß. So war in den vergangenen Monaten zu lesen von einem brandneuen Design mit größerem Bildschirm und einer neuen Gehäuse-Form. In anderen Berichten hieß es hingegen, das Aussehen bleibe weitgehend gleich. Möglicherweise wird es erstmals auch zwei Telefone geben, ein hochgerüstetes iPhone 5 und ein einfacheres iPhone 4S. Apple hatte sich bisher strikt geweigert, mit einem «Billig-iPhone» um Marktanteile zu kämpfen. Mit diesem Kurs wurde Apple bei Smartphones nicht nur zum größten Hersteller, sondern auch zum profitabelsten: Nach Berechnungen einiger Experten landet mehr als die Hälfte der Branchengewinne bei dem iPhone-Konzern.
Verbesserte Spracherkennung?
Der Text auf der Apple-Einladung «Let’s talk iPhone» – «lasst uns über das iPhone reden» – fachte zudem Spekulationen an, Apple könnte eine verbesserte Spracherkennung starten. Dass der Online-Kurznachrichtendienst Twitter tief in das neue Betriebssystem iOS5 eingebunden wird, ist bereits bekannt. Hartnäckig halten sich aber auch Gerüchte, Apple und Facebook hätten ihre Differenzen beigelegt und das weltgrößte Online-Netzwerk könnte seine iPad-App starten und in iOS5 einen Direktzugang bekommen.
Apple ist mit seinem Online-Shop iTunes Store auch der weltgrößte Musikverkäufer, bekommt inzwischen aber immer mehr Konkurrenz durch neue Online-Dienste, die Songs ohne herunterladen direkt aus dem Netz abspielen. Erst vor kurzem schloss einer dieser neuen Rivalen, Spotify, eine Partnerschaft mit Facebook, die ihm den Zugang hunderten Millionen Nutzern öffnen könnte. Apple startet jetzt den Musikdienst iTunes Match, mit dem man seine Songs auch Online abrufen kann.
Lizenzen von der Musikindustrie
Im Gegensatz zu Konkurrenzangeboten etwa von Google und Amazon soll man die Musik bei iTunes Match nicht erst stunden- oder tagelang hochladen müssen. Stattdessen erkennt die Software, ob es die Songs auch im iTunes-Angebot gibt und greift einfach auf die Apple-Kopien zurück. Allerdings brauchte Apple dafür neue Lizenzen von der Musikindustrie. Für die USA sind sie bereits in trockenen Tüchern, nach Informationen des Onlinedienstes «CNET» verhandelt Apple unter Hochdruck auch für Europa.
Das iPhone und die vielen Android-Telefone teilen gerade den Smartphone-Markt unter sich auf, Konkurrenten wie Nokia oder dem Blackberry-Anbieter Research In Motion schnüren sie zunehmend die Luft ab. Nokia will demnächst aber einen Comeback-Versuch mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows Phone starten – ein Grund mehr für Apple, sich beim iPhone noch mehr Mühe zu geben. Denn ist der Kunde erst einmal bei einer Smarpthone-Plattform gelandet, ist er viel schwerer zum Wechseln zu überzeugen als bei herkömmlichen Handys. Zum Beispiel weil man das Geld, das in Apps investiert wurde, nicht einfach verfallen lassen will.
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