Erdogan macht die Drecksarbeit, wird nie in die EU aufgenommen, führt sein Land „halt“ mit harter Hand, dafür muss sich die EU nicht mehr mit den Flüchtlingen beschäftigen … Wer bitte hat geglaubt, dass diese billige Geopolitik auf lange Dauer funktionieren könnte? Der Flüchtlingsdeal mit Ankara ist einer der größten Fehler der letzten Monate. Er hat die EU angesichts der jüngsten Entwicklungen in der Türkei nicht nur erpressbar, sondern völlig hilflos gemacht.
Mittlerweile scheint die Angst vor dem eigenen Wählervolk so groß zu sein, dass viele EU-Mitgliedstaaten den Deal mit einem autoritär herrschenden Staatenlenker eher in Kauf nehmen als die politischen Prozesse in der EU wieder zum Laufen zu bringen. Während der türkische Präsident sein Land in vielerlei Hinsicht „säubert“ und mal paranoid, mal gezielt vorgeht, stehen die NATO-Partner USA und EU ratlos da. Sie brauchen die Türkei im Kampf gegen die Terrormiliz IS und im Rahmen der Flüchtlingspolitik. Gleichzeitig scheinen die türkische Regierung und allen voran ihr Präsident immer unberechenbarer zu werden. Dass Nuklearwaffen am NATO-Militärstützpunkt Incirlik gebunkert sind, beunruhigt somit trotz der massiven Sicherheitsstandards zahlreiche Beobachter zu Recht. Genau wie die Europäer mit ihren Flüchtlingen sind die Amerikaner aufgrund der Extraterritorialität dieser Nuklearwaffen Erdogan ausgeliefert. Dennoch müssen Washington und Brüssel einen klaren Kopf bewahren.
" class="infobox_img" />Dhiraj Sabharwal dsabharwal@tageblatt.lu
Ob Sanktionen gegen die Türkei hilfreich sind, ist zu bezweifeln. Sie würden die AKP-Unterstützer nur radikalisieren und moderate Zivilisten im Land nur unnötig strafen. Aber man sollte sich nichts vormachen: Die EU sitzt nur noch in Wirtschaftsfragen am längeren Hebel als Ankara. Die Drohung mit der Todesstrafe ist heiße politische Luft: Erdogan weiß, dass sein Land zu seinen Lebzeiten nicht mehr in die EU aufgenommen wird.
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