Vielleicht ist der Karfreitag der richtige Zeitpunkt, um über die vielfältigen Geschäfte mit der Angst nachzudenken; vielleicht auch nicht, man könnte ja Empfindsamkeiten treffen, denn das Thema verbindet sich engstens mit Religion. Mit Religion wie gerade jetzt, wo alle fürchten, das nächste Attentat der islamischen Terroristen könnte sie treffen.
Aber Furcht und Angst sind nicht dasselbe.
Man fürchtet Bedrohliches, Gefährliches, Schmerzliches, Unbekanntes, zum Beispiel. Den Zahnarzt fürchtet man, den Löwen, die Schlange, den Bienenstich, das Examen, den Unfall usw., usf.
Angst ist eher ein Grundgefühl, das einem das Leben versauen kann oder es in eine bestimmte Richtung lenkt. Der Moslem fürchtet Allah und hat Angst vor dessen irdischer Obrigkeit, der Islamist erst recht: Er hasst und kämpft in Allahs Namen, weil er aufgrund seiner Erziehung gar nicht anders kann.
Bertrand Russell dachte nicht unbedingt an den Islam, als er schrieb: „Die Religion stützt sich vor allem und hauptsächlich auf die Angst. (…) Angst vor dem Geheimnisvollen, Angst vor Niederlagen, Angst vor dem Tod. Die Angst ist die Mutter der Grausamkeit, und es ist deshalb kein Wunder, dass Grausamkeit und Religion Hand in Hand gehen, weil beide aus der Angst entspringen.“
Die meisten durchorganisierten Religionen – oder wären es gar alle? – machen mit der Angst vor Gottes Strafe ihr Geschäft, seit unzähligen Jahren. Ihre Priester bzw. Stellvertreter verfügten und verfügen über gewaltige Geldmengen, und darüber hinaus über weiten politischen Einfluss der direkten wie der indirekten Art.
Der eben zitierte Russell findet bis heute kein Gehör, wenn er sagt: „Eine gute Welt (…) braucht keine Fesselung der freien Intelligenz, braucht keine Worte, die vor langer Zeit von unwissenden Männern gesprochen wurden. Sie braucht einen furchtlosen Ausblick auf die Zukunft und eine freie Intelligenz.“
Es geht halt voran mit religiös verbrämtem Terror und Horror. Einziger Trost für die konsumorientierte westliche Gesellschaft könnte dabei sein, dass die grassierende Angst Bombengeschäfte möglich macht. Mit Überwachungssystemen, Wachgesellschaften, Waffenhandel, Sicherheitsgeräten und Kontrollprozeduren florieren Businessmodelle, die schöne Renditen abwerfen …
Zu den dankbarsten Nutznießern der sich zuziehenden Überwachungsschlingen gehören natürlich die Datensammler mit, im Rücken, der Informationstechnologie. Die Angst pusht das Bedürfnis nach Sicherheit, aber mehr Sicherheit, wenn überhaupt, kann der Staat nur bieten, indem er bürgerliche Freiheiten eingrenzt oder aufhebt. Sind wir uns dessen bewusst?
Noch einmal „Paris“ oder „Brüssel“, und es dreht unwiderstehlich die Spirale der politischen Radikalisierung. Schon stehen in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Belgien, Ungarn, Polen, Italien, Griechenland, Schweden, Finnland solche Bewegungen bereit, die nicht mehr zum demokratischen Spektrum gehören.
Bewegungen, die eigentlich wieder dorthin wollen, wo halb Europa schon in den Dreißiger-Jahren des vergangenen Jahrhunderts einmal war: ins autoritäre, nationalistische, fremdenfeindliche Regime.
Auch dieses politische Geschäft mit der Angst sollten die freiheitlichen Kräfte in Luxemburg nicht außer Acht lassen.
So, wie die Dinge sich entwickeln, werden sie demnächst schwerstens unter den Druck lokaler Populisten geraten.
asold@tageblatt.lu
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