Diese Woche hat der EU-Rat die Sanktionen gegen Russland verlängert. Betroffen sind 144 Personen und 55 Unternehmen. Erstere dürfen nicht in die EU einreisen, die Firmen keine Geschäfte in Europa betreiben. Derlei EU-Entscheidung ist fast schon zur Routine geworden. Seit Russland sich 2014 die Krim zurückholte, Separatisten in der Ostukraine unterstützt, wird Moskau mindestens zweimal im Jahr daran erinnert, dass es mit der Freundschaft längst vorbei ist. Und damit auch der ahnungslose Informationstrottel versteht, dass die Schönwetterperiode zwischen beiden Seiten vorbei ist, wird regelmäßig an die angebliche russische Einmischung in westliche Wahlen oder fiese Vergiftungsversuche vermeintlicher Kreml-Agenten erinnert.
Wenn russische Oligarchen und Milliardäre nicht mehr an Frankreichs Riviera reisen dürfen, stört das nicht. Problematisch ist der Schaden, den die Politik des Westens in den Beziehungen zwischen der EU und Russland anrichtet.
Während sich der Bürger vor dem tollpatschigen russischen Bären ängstigen soll, EU-Spitzen sich mit den Geistern von gestern herumschlagen und nationalistische Bewegungen zügeln müssen, wird in anderen Teilen der Welt richtige Weltpolitik betrieben, werden handelspolitisch die Weichen gestellt und das nicht unter mittelfristigen Aspekten.
Wenig Beachtung fand das Forum von Wladiwostok diese Woche im fernen Osten Russlands. Dort zeigte sich Gastgeber Wladimir Putin vor allem gegenüber dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping und Japans Premierminister Shinzo Abe von der freundlichsten Seite. Verständlich. Während die USA und die EU Russland zum internationalen Buhmann degradiert haben, wird das Land in Asien mit offenen Armen empfangen.
Der EU müsste insbesondere die erstarkende Freundschaft zwischen China und Russland zu denken geben. Nicht dass China in irgendeiner Form Sicherheitsprobleme aufwerfen würde. Nur, dort, wo das Land seine wirtschaftliche Macht ausbreitet, bleibt für Europas Zwerge nicht mehr allzu viel übrig. Schon hat China sich weite Teile des afrikanischen Kontinents angelacht. Auf dem rezenten China-Afrika-Gipfel mit rund 50 afrikanischen Staats- und Regierungschefs Anfang September in Peking hat Chinas Präsident weitere Investitionen in Milliardenhöhe in Aussicht gestellt. China ist bereits heute der wichtigste Handelspartner des Kontinents.
Nun ist Russland an der Reihe. Ausgedehnte Gebiete des fernen Ostens sind längst schon zur inoffiziellen chinesischen Provinz geworden, die von chinesischen Arbeitskräften bewirtschaftet wird. China ist der größte Investor in diesem Teil des russischen Riesenreichs. Der Einfluss Chinas wird sich in den kommenden Jahren kaum ver ringern. Russland wird seinerseits chinesische Stärken nutzen, um sich weiterzuentwickeln. Was der Westen Moskau vorenthält, nimmt es sich im Osten.
Man wird der russischen Führung alles Mögliche vorwerfen können, nur nicht, dass sie unberechenbar ist. Das wissen auch die neuen besten Freunde im Osten. Die Annäherung zwischen China und Russland wird keine Eintagsfliege sein. „Il n’y aura pas de retour en arrière“, zitierte der Brüsseler Le Soir am Donnerstag den russischen Politologen Fjodor Lukjanow am Rande des Wladiwostoker Forums. Für das restliche Europa ist das keine besonders angenehme Feststellung.
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