Gleich zwei Kandidatenfragen wurden in den letzten Tagen geklärt. Seit Dienstagmorgen wissen wir: Viviane Reding wird im Zentrum zusammen mit Claude Wiseler um den Olymp auf Krautmarkt kämpfen. Im Tandem, wie RTL-Radio-Chefredakteur Roy Grotz vor einigen Wochen bereits vermutet hatte, ohne zu präzisieren, wer vorne bzw. hinten sitzen werde. Die K-Frage von VR geklärt, müsste nun die Zeit für Wichtigeres anbrechen, etwa für die konkreten Vorstellungen der Parteien darüber, was sie unter qualitativem Wachstum verstehen, und von der CSV, welche konkreten Reformen insbesondere im Sozialbereich sie vorsieht. Spätestens beim Konvent am 24. März dürfte Wiseler die Marschroute vorzeichnen.
Doch wie man das Land und seine Leute, insbesondere sein Wahlvolk, kennt, wird es trotz programmatischer Rede in der Ettelbrücker Däichhal munter weitergehen mit solch weltbewegenden Nebensächlichkeiten, was denn Spitzenmann Wiseler tun wird, sollte Powerfrau Reding ihn am 14. Oktober überholen. Wetten, dass Wiselers parteiinterne Kontrahenten die Suppe weiter fleißig am Köcheln halten werden?
Wenige Tage zuvor bereits hatte eine weitere Personalfrage aufhorchen lassen. Fred Keup, Initiator von Wee2050, Nachfolger von Nee2015, wird für die ADR auflaufen und nicht für die CSV, obwohl er sich laut Medienberichten dort vorgetastet hatte. Auf einer CSV-Liste hätte Keup der Partei wohl die eine oder andere Stimme zukunftsängstlicher Wähler gebracht, welche die CSV mit ihrer pessimistischen Wachstumsdiskussion mitproduziert. Doch Keups Ruf als Rechtspopulist war auch der CSV zu schlecht.
Weil ihm die Kräfte fehlten, um eigene Listen aufzustellen, blieb Keup nur noch die Alternative ADR. Der damit ein Meistercoup gelang. Ob der erwartete Rückenwind einsetzen wird, bleibt dennoch fraglich. Auch wenn Wee2050 sich als Sprecher der Nee-Sager beim Referendum betrachtet, bleibt unklar, wie viel von den 80 Prozent bloß Ohrfeige für die Dreierkoalition waren oder tatsächlicher Ausdruck eines bürgerlichen Widerstandes gegen die Öffnung des Wahlrechts und damit eine befürchtete Verwässerung der luxemburgischen Identität.
Fragt sich nun, wie die anderen Parteien auf die Kaperung dieses Sammelbeckens chronisch Unzufriedener durch die ADR reagieren werden. Es reicht nicht, eine Bewegung als reaktionär, als Ansammlung von Ewiggestrigen zu bezeichnen. Wer die Wee2050-Supporter pauschal als unverbesserliche, stupide Rechte abstempelt, sich damit selbst automatisch als Vertreter des Guten und Richtigen darstellt, bleibt in seiner eigenen Komfortzone, tut aber nichts, um eine längst vorhandene Spaltung in der Gesellschaft zu reduzieren. Er bestätigt bloß die Vorurteile der Gegenseite, in einem ihr fremd gewordenen Land zu leben. Ein Problem vieler gestandener Politiker, Teile der Medien und anderer wohlmeinender Kommunikationsprofis ist doch, dass sie durch Pauschalurteile ganze Bevölkerungsgruppen marginalisieren. Dass Letztere reflexartig Abneigung und sogar Hass gegen diese «Elite» entwickeln, ist fast verständlich.
Wer könnte es ihnen verdenken. Wer es anderen an Respekt mangeln lässt, braucht sich über Respektlosigkeit anderer nicht zu wundern. Das sollten insbesondere Parteien, die sich noch gerne als Volksparteien bezeichnen, vermeiden. Und sei es nur, um möglichen AFD-, FPÖ- oder sogar FN-Sympathisanten mit Luxemburger Pass weiteren Zulauf zu erschweren.
Bemerkenswert Herr Montebrusco, wie Sie über Pauschalurteile schreiben.Aber gilt dies nicht auch in umgekehrter Weise, wenn man über Menschen schreibt die nicht mit dem Ausländerwahlrecht, ............einverstanden sind? Werden hier nicht Bürger marginalisiert, weil sie eine andere politische Meinung vertreten?
In kurzer Zeit hat die CSV zwei Böcke geschossen, die heissen Reding und Keup.
Et ass net nëmmen Iwwerhieflechkeet vun eisen groussen Parteien et ass och an eiser Gesellschaft esou datt een gären vun uewen erof op déi Kleng kuckt!: An dat ass schued!
Für mich ist Keup nach seinem Gang zur ADR nicht mehr wählbar, wäre er aber auf der anderen schwarzen Liste auch nicht gewesen. Über die Reding braucht man eigentlich gar kein Wort zu verlieren. Die Roaming-Tante soll dort bleiben, wo sie jetzt ist.