Xavier Bettel zeigte sich vor knapp zwei Wochen als guter Pädagoge. Fast so lange wie eine normale Schulstunde dauerte seine Erklärung zur Lage des Landes. Folglich musste vieles auf der Strecke bleiben. Wortfaul blieb der Regierungschef auch in Sachen Außenpolitik.
Als erfahrener Politiker weiß Bettel natürlich: Außenpolitik ist ein Garant für Wählersympathien, aber Wahlen gewinnt man nicht zwangsläufig damit. Also fokussierte er sich auf nationale Themen. Dabei hätte man vom Premier schon einige prinzipielle Aussagen erwarten können, schließlich diskutieren die versammelten EU-Staats- und Regierungschefs nicht so sehr über öffentliche Mobilität als vielmehr über außenpolitische Konflikte. Fragen demnach, die das Land und seine Bewohner unmittelbar interessieren müssten, denn ohne zuverlässiges und friedliches Umfeld braucht man sich keine Gedanken über Space Mining zu machen.
Klare Worte und keine diplomatischen Floskeln hätte man sich etwa zum Verhältnis zu Russland und zur Einschätzung der diesbezüglichen NATO-Politik erhofft. Denn was sich hier derzeit abspielt, sollte uns in höchstem Maße beunruhigen. Wirtschaftlich schlägt sich ein schlechtes internationales Klima negativ auf das Geschäftsgebaren nieder, von militärischen Auseinandersetzungen und deren Folgen für die Kleinen gar nicht mal zu reden.
Folglich müsste sich auch Luxemburg mit seinen beschränkten Mitteln für das einsetzen, was man vor einigen Jahren noch als Völkerverständigung bezeichnete. Ein Engagement, das umso eindringlicher wäre, als das aktuelle Säbelrasseln rein gar nichts mit den offiziell genannten Gründen zu tun hat. Nicht wegen des mangelnden Respekts von Menschenrechten und rechtsstaatlichen Prinzipien wird Moskau seit Jahren mit Sanktionen «bestraft».
Unverblümt zeigt die von US-Spitzenpolitikern betriebene Propaganda gegen das NordStream-2-Projekt, das Europas Energiesicherheit festigen soll, um was es geht. Die Pipeline müsse verhindert werden, damit die USA ihr Flüssiggas, das sie zuhauf produzieren, nach Europa exportieren können, erinnerte vor drei Tagen noch das ARD-Politmagazin «Panorama». Mit der Sorge um die Energiesicherheit und eine gefährliche Abhängigkeit der EU von Russland hat das recht wenig zu tun. Dabei hatte sich der östliche Gaslieferant bereits zu Sowjetzeiten als zuverlässiger Handelspartner erwiesen. Es ist kein einziger Fall bekannt, da das Sowjetimperium den Gashahn aus politischen Gründen zugedreht hätte. Heute wie damals gilt: Europa ist von russischem Gas genauso abhängig wie Russland von westlichem Geld. Und mit Geld spielt man nicht. Das weiß man auch im Kreml. Dort mag man alter Größe nachtrauern, aber kopflos ist man nicht.
Man sollte stets der Spur des Geldes folgen. Europas Beziehungen zu Russland werden systematisch aus eigennützigen Interessen – «America first» – geschwächt. Als Europäer schämt man sich fast vor so viel Naivität der herrschenden Elite. Putin mag kein lupenreiner Demokrat sein, wie die rezenten Festnahmen bei nicht zugelassenen Demonstrationen in Moskau und Sankt Petersburg zeigten. Doch er ist nun mal der gewählte Präsident eines Nachbarlandes, das man weder mit Beschimpfungen noch mit irrwitzigen, willkürlichen Anschuldigungen loswird. Also muss man mit diesem Nachbarn einen Weg des Zusammenlebens finden. In den 1970er Jahren hieß das friedliche Koexistenz. Koexistenz zwischen zwei grundlegend unterschiedlichen Wirtschafts- und Gesellschaftssystemen.
Heute, da nur der Kapitalismus in Europa überlebt hat, gelingt das anscheinend nicht mehr.
Diese kritische Artikel mit viel Hintergrund heben sich wohltuend ab von den einseitigen dpa afp und reuters Meldungen. Erstaunlich wie viele Politiker und Journalisten willig auf diese Aufrüstungsspirale einsteigen. Offensichtlich ist, dass man gewillt ist Europa möglichst fern von einer Zusammenarbeit mit Russland halten. Politiker der Entspannungspolitik der vergangen Jahre verzweifeln mit Recht. Alles was irgendwie mit Russland zu tun hat wird negativ dargestellt.
Herr Montebrusco, da haben sie leider vollkommen Recht die Verteufelung der Nord Stream 2 ist einfach nur gewollt weil die USA uns lieber ihr Flüssiggas verkaufen; Russland war immer ein zuverlässiger Energielieferant trotz aller ideologischen Gegensätzen........business as usual, damit der Dollar rolt...eben, denn Europa zahlt mit US Dollar seine Energierechnung aus Russland....