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Die Bilanz

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Portugal ist Fußball-Europameister

Mit dem ersten großen Titelgewinn für Portugal fand die 15. Fußball-Europameisterschaft gestern Abend ihren krönenden Abschluss. Überraschend ist das schon, denn erst im Halbfinale konnten die Portugiesen ihr erstes Match in der regulären Spielzeit gewinnen.

Trotz des verpassten Titelgewinns dürfen sich auch die Franzosen freuen. Einerseits über die sportliche Renaissance der „Equipe tricolore“ und andererseits über eine gelungene Organisation. Was keineswegs eine Selbstverständlichkeit war in Anbetracht der permanenten Terrorgefahr und der sozialen Unruhen im Land. Abgesehen von den Zwischenfällen mit marodierenden Hooliganbanden aus Russland und Kroatien blieb es größtenteils ruhig in den Stadien und den Städten, so dass die EM zu dem wurde, was sie sein sollte: ein völkerverbindendes Fest, auf das der Organisator stolz sein kann. Dem Zusammenhalt im Land dürfte der Finaleinzug jedenfalls förderlich gewesen sein.
Erstmals wurde eine Europameisterschaft mit 24 Teilnehmerländern ausgetragen, was aus ihr ein recht langatmiges Turnier machte. Der Qualität des Fußballs war die Erweiterung der EM nicht förderlich, die richtig guten Spiele können an einer Hand aufgezählt werden. Selbst wenn die kleineren Nationen wie Wales und vor allem Island Europas Fußball-Hierarchie gehörig aufmischten und für die Farbtupfer im Turnier sorgten, so war eine EM zu 16 sinnvoller.

Diskussionen über Schiedsrichterleistungen

Am Modus mit 24 Mannschaften wird sich auch 2020 nichts ändern. Dann feiert die Fußball-Europameisterschaft ihren 60. Geburtstag, was ExUEFA-Präsident Michel Platini 2012 auf die Schnapsidee brachte, die EM in 13 verschiedenen Ländern auszutragen. Für die Fans eine einzige Katastrophe, denn wer reist schon von Bilbao nach Baku, um sein Team spielen zu sehen? Gastgeber-Stimmung wird bei maximal vier Spielen pro Land keine aufkommen, so dass sich wohl lediglich die Reisebranche auf die EM in vier Jahren freuen dürfte.

Was blieb sonst noch von der EM 2016 hängen? Während bei Weltmeisterschaften ständig Diskussionen über die Schiedsrichterleistungen geführt werden, waren die Referees wie fast immer bei einer EM nicht der Rede wert. Will heißen: die Unparteiischen lieferten meist beispielhafte Leistungen ab, spielentscheidende Fehlentscheidungen gab es kaum. Was einmal mehr beweist, dass die besten Schiedsrichter aus Europa kommen. Das sollte der Weltverband FIFA endlich einsehen und bei seinen Weltmeisterschaften berücksichtigen, anstelle auf kontinentale Quoten zu setzen.

Ein wenig mehr Gelassenheit

Die Topstars präsentierten sich in Frankreich in unterschiedlicher Verfassung. Einige wie der Deutsche Thomas Müller wirkten nach einer Mammutsaison überspielt, während andere dem Turnier ihren Stempel aufdrückten. Allen voran Antoine Griezmann und Cristiano Ronaldo, beide maßgeblich beteiligt am Finaleinzug ihrer Teams. Gegensätzlicher könnten der bodenständige Griezmann und der extrovertierte Ronaldo kaum sein. Auf dem Platz sind sie Könner. Zudem überraschte der ewig polarisierende Ronaldo als die Ruhe selbst, als es um ungebetene Gäste auf dem Spielfeld ging. Bereitwillig stellte sich der Superstar zum Selfie-Foto auf und wies die Sicherheitsbeamten zur Nachsicht an. Eine wohltuende Geste in Anbetracht der Überregulierung dieses Turniers mit all seinen genormten Abläufen und Verboten für die Zuschauer. Ronaldos Botschaft: Man muss es auch mal gut sein lassen. Mehr französisches „Laissez-faire“ eben, wobei ein wenig mehr Gelassenheit in unserer beschleunigten Welt durchaus Sinn machen würde.