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Wenn aus einem Traum gelebter Alltag wird

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LUXEMBURG _ Großherzog Henri und Großherzogin Maria Teresa feierten am Valentinstag ihre Perlenhochzeit. Vor genau 30 Jahren hatte sich der damals 25-jährige Erbgroßherzog und Maria Teresa Mestre das Ja-Wort gegeben.

Ein kleines Mädchen mit wippenden Locken steht an der Küste der Bahia de la Habana. Es schaut zu, wie die Wellen brechen: Noch eine und noch eine und noch eine. Der warme Wasserschaum umspült seine kleinen Füße. Es steht ganz ruhig da, ist in Gedanken versunken, baut sich ein Schloss, hoch auf einem Berg, in dem es mit seinem Prinzen eines Tages leben wird. Während das kleine Mädchen von einer märchenhaften Zukunft träumt, tobt in den Bergen der Sierra Maestra der Guerillakampf, Rebellen machen die Städte unsicher, die Kubanische Revolution ist in vollem Gang. Das Mädchen mit seinen drei Jahren bekommt von den Unruhen zumindest bewusst nicht viel mit, es schließt lieber die Augen und träumt von seinem Prinzen. Mindestens so schön wie dieser Che würde er sein.

Der Wecker klingelt. Maria Teresa schreckt aus dem Tiefschlaf hoch. Sie muss zur Uni. Politische Theorie steht auf dem Programm. Doch sofort sind die Bilder des vergangenen, ihr Leben vollkommen verändernden Abends wieder da. Die Bilder ihres Prinzen, der ihr von einem befreundeten Paar ihrer und seiner Eltern auf der Feier gestern am Genfer See vorgestellt wurde. Ein Engelsgesicht hat er, chatinblonde Haare umspielen seine Haut. Lustige Augen blitzen aus dem freundlichen Gesicht, er lächelt, allein die Erinnerung an die Grübchen in seinen Wangen lassen sie erröten.

Eine starke Liebe

Max Weber, Thomas Hobbes, Carl Schmitt: Sie alle werden unwichtig, der einzige, der ab diesem Morgen für Maria Teresa zählt, ist dieser ganz und gar ungewöhnliche Mann mit unpassend gewöhnlichem Namen: Henri. Henri aus Luxemburg. Sie war verliebt. Vom ersten Augenblick an. Und er auch.
Der Prinz nimmt sie mit auf sein Schloss, zur Schwiegermutter in spe. Keine böse Frau, dennoch hatte sie sich für ihren Sprössling, der das Erbe als Großherzog von Luxemburg antreten wird, wohl eine Gemahlin aus königlichen Kreisen gewünscht. Keine zwar groß-, aber dennoch bürgerliche Kubanerin, wer weiß, wie lange sie bleiben wird? Wer weiß, ob sie ihren Sohn glücklich machen wird? Wer weiß, ob sie die Familientradition bewahren kann …

Allen Widerständen zum Trotz heiratet Henri seine Maria Teresa am 14. Februar 1981. Ein herrlicher Tag. Die Sonne strahlt von einem leuchtend blauen Himmel. Das Volk jubelt. Ein Traum verwirklicht sich. Noch im gleichen Jahr kommt ihr erster Sohn Guillaume zur Welt. Das Familienglück ist perfekt.

Gelebter Alltag

Und Maria Teresa blieb. Bis heute. Zur Perlenhochzeit. Am Valentinstag 2011. 30 Ehejahre reihen sich wie aufgeschnürte Perlen aneinander. Jedes irgendwie anders und erst zusammen wirklich kostbar. Aus dem Kleinmädchentraum ist gelebter Alltag geworden. Ein Alltag, von dem wir nur die lächelnde Fassade mitbekommen. Und das ist auch gut so. Oder möchten Sie dabei sein, wie Henri und Maria Teresa Abend für Abend über das im Parlament verhandelte Gesetz zur Legalisierung der Sterbehilfe debattieren? Wie sie ihre katholischen Werte gegen fortschrittliches Denken verteidigen, sich gegenseitig in ihren Grundsätzen bestärken – und sich entmachten?

Lieber nicht. Denn die Rolle eines Großherzogs beschränkt sich in einer parlamentarischen, modernen Demokratie auf die Funktion des Repräsentanten. Nicht mehr und nicht weniger. Seine Gewissenskämpfe gehen nur ihn etwas an. Und Maria Teresa. Und deshalb wird es auch in Zukunft – und besonders heute – statt politischer Einmischung Erinnerungsfotos geben. Bitte lächeln! Und lächeln! Und lächeln! Um dann, nach den offiziellen Empfängen, dem stundenlangen Händeschütteln und den verkrampften Fotoshootings nach Hause zu fahren, seine Füße hochzulegen und durchzuatmen. Um den dreißigsten Hochzeitstag zu genießen, in die lustigen Augen zu blicken und sich anzulächeln. Zu zweit, wie damals in Genf. Ja, wie damals in Genf …