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Oprah Winfrey tritt ab

Oprah Winfrey tritt ab
(dpa)

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Er würde nur vor zwei Leuten nicht fluchen, sagt der englische Talker Piers Morgan: Vor ihrer Majestät, der Königin - und vor Oprah Winfrey, der Königin des Fernsehens.

In diese großen Schuhe muss erst einmal jemand passen. Nicht nur, dass sie Pumps in Größe 42 trägt, sie ist auch die erfolgreichste Talkshow-Gastgeberin der Fernsehgeschichte. Einst als «Hausfrauen-Talkerin» verspottet, ist Oprah Winfrey mit ihrer nachmittäglichen Talkshow zur Milliardärin, Präsidentenvertrauten und erfolgreichsten Medienfrau der USA geworden. An diesem Mittwoch (25. Mai) beendet sie nach mehr als 25 Jahren ihre Talkshow.

US-Talkshow-Königin Oprah Winfrey legt sich bei dem 34. Toronto Film-Festival in Toronto, Kananda, die Hand auf die Brust (Archivfoto vom 13.09.2009). Einst als «Hausfrauen-Talkerin» verspottet ist Oprah Winfrey mit ihrer nachmittäglichen Talkshow zur Milliardärin, Präsidentenvertrauten und erfolgreichsten Medienfrau der USA geworden. (Bild: dpa-Archiv)

Vielleicht ist ihr Erfolgsgeheimnis, dass Sie alle Tiefen kennt. Winfreys Eltern waren unverheiratete Teenager. Mit 14 wurde sie selbst schwanger, das Kind starb. Sie nahm Rauschgift und wurde esssüchtig, doch die Frau bekam sich in den Griff. Sie moderierte ein paar Sendungen, und ihre Talkshow aus Chicago wurde so erfolgreich, dass sie bald «The Oprah Winfrey Show» und schließlich nur noch «Oprah» hieß. «Oprah» ist seit 1986 für Millionen amerikanischer Frauen nicht einfach nur eine Sendung oder eine Frau, sondern ein Glaubensbekenntnis.

Sorgen des Alltags

Oprah bringt die Sorgen des Alltags, jeden Nachmittag fein aufbereitet, mit viel Verständnis serviert. 25 Jahre war in den USA ein Thema, ob «Amerikas berühmteste Jo-Jo-Abnehmerin» wieder einmal Gewicht verloren oder zugelegt hatte. Große Stars waren bei ihr: der vor Liebesglück auf der Couch herumhüpfende Tom Cruise ebenso wie Wirtschaftskapitäne, Künstler und Anfang Mai sogar Präsident Barack Obama nebst First Lady Michelle.

Aber die eigentlichen Stars sind die kleinen Leute, die mit zwölf schwanger werden, seit Jahrzehnten nicht aus dem Haus gehen, schwerste Schicksalsschläge erleiden oder an bizarren Süchten und Ängsten leiden. Fälle, mit denen sich die 40 Millionen Zuschauerinnen noch identifizieren können, bei denen die eigenen Probleme aber gleich etwas kleiner werden. Zudem winkten für das Publikum großzügige Gewinne. Einmal nahm sie alle Gäste mit nach Australien, einmal bekam jeder im Publikum ein Auto geschenkt.

Winfrey: Eine Wirtschaftsmacht

Winfrey ist längst eine enorme Wirtschaftsmacht. Nicht nur, dass das Magazin «Forbes» das Privatvermögen der früheren Sozialhilfeempfängerin auf 2,6 Milliarden Dollar schätzt und bei ihr allein im vergangenen Jahr Einnahmen von 315 Millionen ausrechnete. Es ist die Empfehlung Oprahs, die bei Büchern, Mode und anderen Produkten über Wohl und Wehe entscheidet. Bei ihr sei man «auf der Überholspur zum amerikanischen Traum» aus Ruhm und Erfolg, schreibt die «New York Times». Einige Produkte hätten es ohne eine Empfehlung in der Nachmittagsshow nie zum Erfolg gebracht. Und die Literaturzeitschrift «Publishers Weekly» rechnete aus, dass die Empfehlung in «Oprahs Book Club» 63 Bücher in Bestseller verwandelt habe.

Die Herrscherin hat ihrem Reich zum Jahresbeginn ein neues Stück hinzugefügt: Einen eigenen Sender. 24 Stunden am Tag ist Oprah nun zu sehen, wenn schon nicht persönlich, dann ihr Konzept: Lebenshilfe für Frauen, ob es um Krankheiten, Haushalt oder Sex geht. Der Einfluss der 57-Jährigen ist enorm. Kein Wunder, dass sich das «Oprah Winfrey Network» mit «OWN», also «besitzen», abkürzt. Für «Forbes» ist Winfrey mächtiger als die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Lebende Legende

Für CNN ist sie in 25 Jahren «von einer Moderatorin zu einer Pop-Ikone» geworden, die jetzt ihre Fans in Trauerstimmung hinterlasse: «Die Fernsehlandschaft wird anders aussehen, wenn die Königin ihre Herrschaft niedergelegt hat.» Um den Thron, also den Sendeplatz, balgen sich jetzt Dutzende – aber keiner wird die Lücke wirklich füllen können, glaubt der Medienwissenschaftler Larry Gerbrandt: «Sie war so erfolgreich, dass für diesen Sendeplatz an Alternativen gar nicht gedacht wurde.»

Doch jetzt soll erst einmal gefeiert werden. Noch ist ein großes Geheimnis, wer die letzten Gäste sein sollen. Eine große Gala in Chicago, aus der die vor- und die drittletzte Sendung gemacht wurden, sah Madonna und Stevie Wonder, Aretha Franklin und Beyoncé, Jerry Seinfeld und Michael Jordan, Halle Berry und Will Smith.

Millionenschwere Werbung

Schon klar ist allerdings, was ein Werbespot in der letzten Sendung kosten soll: Mindestens eine Million Dollar (712 000 Euro) für 30 Sekunden. Solche Summen dürften die Milliardärin kalt lassen.

Als größten Erfolg nannte sie in der Premierensendung ihres im Januar gestarteten Kollegen Piers Morgan ohnehin etwas ganz anderes: Ihr Leben selbst. «Als ich 1954 in Mississippi geboren wurde, damals ein Staat noch mit Rassentrennung, war ich ein Schwarze. Jetzt sitze ich hier als Ihr erster Gast. Das ist großartiger als alles, was ich mir vorstellen kann.»