Eine 15-Jährige surft unbedarft im Internet und klickt einen Beitrag des RTL-Magazins «Explosiv» an. Das Thema: Swingerclubs. Dann die Schrecksekunde: Das Mädchen erkennt in dem Clip plötzlich ihre Eltern, die sich frank und frei als Fans des Partnertauschs outen. Eigentlich hätten ihre Gesichter unkenntlich gemacht werden sollen: Die Angelegenheit landet also vor dem Münchner Landgericht, wo die Familie den Kölner Sender und eine Produktionsfirma auf Schmerzensgeld verklagt hat.
«Das ist einfach nur peinlich», empörten sich die Eltern, die ohne die Tochter vor den Richter traten. Der konnte das Dilemma verstehen: «Da möchte ich nicht in ihrer Haut stecken», sagte er laut «Süddeutscher Zeitung» zum Vorfall. Wie die Zeitung berichtet, hat ein «Jungredaktor» der Produktionsfirma «vergessen», die Personen zu «verpixeln». RTL ging davon aus, dass die Gefilmten ihr Einverständnis gegeben hatten, als es den Beitrag übernahm, ohne dass die Protagonisten unkenntlich waren.
«So sehen solche Leute also aus»
Die Eltern rechtfertigten die Schmerzensgeldforderung damit, dass der Swingerclub-Bericht sie in intimen Momenten zeigt. Der Richter der 9. Kammer machte aber schnell klar, dass für diese Forderung auch die Tochter vor Gericht geladen werden müsste, um persönlich zu berichten, was ihre Entdeckung für Folgen für das Familienleben habe. Diesen peinlichen Auftritt solle man dem Teenager ersparen, riet der Richter – zumal Schmerzensgeld bloss bei schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzungen gezahlt würde.
Der Rechtsprecher kam am Ende zu einem beinahe salomonischen Urteil. Einerseits hätten die Eltern sich bewusst filmen lassen und die RTL-Zuschauer wüssten nun, wer eigentlich Swingerclubs besucht. «So sehen solche Leute also aus», sei laut Richter das Motto. «Müsste man derartiges in Russland drehen, wäre das für den Zuschauer kaum von Interesse.» Deshalb könnten die Eltern quasi eine Gebühr von 200 Euro pro Person einfordern. Sein Vergleichsvorschlag, dass Sender und Produktionsfirma 400 Euro Honorar und Anwaltskosten von 2.600 Euro zahlen, wurden sowohl von der Familie als auch den Angeklagten angenommen. Bleibt zu hoffen, dass auch die Tochter einen «Schmerzensanteil» davon abbekommt.
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