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Michel Piccoli wird 85

Michel Piccoli wird 85

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Michel Piccoli hat mehr als 220 Filme gedreht. Vom Liebhaber bis zum eiskalten Mörder hat er so ziemlich alles gespielt. Dennoch überrascht der Schauspieler jedes Mal auf Neue. Jetzt wird er 85 Jahre alt.

Eigentlich dürfte an Michel Piccoli alles vertraut sein: Die Art wie er seine buschigen Augenbrauen zusammenzieht, sich die Zigarette anzündet oder die Krawatte zurechtrückt. Piccoli hat in seiner mehr als 60-jährigen Karriere über 220 Filme gedreht und ist in fast jede Rolle geschlüpft. Dennoch hat er es geschafft, immer wieder aufs Neue zu überraschen. Die Regisseurin Agnès Varda brachte das schauspielerische Geheimnis des Stars, der an diesem Montag (27. Dezember) 85 Jahre alt wird auf den Punkt: «Er versteht es, seine Kunst zu verbergen, weil er die Gabe hat, sie sparsam einzusetzen.»

Piccoli gehört zu den seltenen Akteuren, die das Talent besitzen, immer ein wenig geheimnisvol zu bleiben, auch wenn sie zum zigsten Mal die Rolle eines Liebhabers, Mörders oder betrogenen Ehemanns spielen. Seine Gesten und Bewegungen werden jedes Mal zu einer Offenbarung. Diese Kunst, ungeahnte Details zu enthüllen, haben viele Regisseure zu nutzen gewusst, unter ihnen Jean Luc-Godard. In «Die Verachtung», ein Film über einen Drehbuchautor, dessen Ehe bei den Arbeiten zu einem Odysseus-Projekt zerbricht, ließ er Piccoli an der Seite von Brigitte Bardot den schwächlichen Ehemann spielen.

Klassiker der Filmgeschichte

Nicht weniger erfolgreich arbeitete Luis Buñuel mit diesem Flair der gewissen Undurchsichtigkeit und drehte mit Piccoli gleich drei Klassiker der Filmgeschichte: «Tagebuch einer Kammerzofe», «Schöne des Tages» und «Der diskrete Charme der Bourgeoisie». 2010 bat ihn schließlich Regisseur Nanni Moretti vor die Kamera: als depressiven Papst in «Habemus Papam». Der Film kommt 2011 in die Kinos.

Gespielt hat der französische Schauspieler so ziemlich alles: den leidenschaftlichen Liebhaber, romantischen Verführer, kalten Zyniker, den Mörder, der Polizisten am Spieß brät («Das große Fressen»), und den verzweifelten Künstler in «Die schöne Querulantin». Seine Meisterhaftigkeit erreicht Piccoli jedoch in der Verkörperung des Bourgeois. Wie keiner anderer beherrscht er das Spiel der Lebenslügen.

Mit allen Diven gespielt

Piccoli hat mit allen Diven des Weltkinos gespielt: Brigitte Bardot, Catherine Deneuve, Sophia Loren, Ornella Muti oder Jeanne Moreau. Doch gehörte Romy Schneider zu den Darstellerinnen, mit denen er am häufigsten auf der Leinwand zu sehen war, etwas in «Trio Infernal», «Die Dinge des Lebens» und «Die Spaziergängerin von Sans Souci».

Der Sohn einer Musikerfamilie italienischer Herkunft navigiert nicht nur mühelos zwischen den widersprüchlichsten Rollen, sondern wechselt ebenso häufig zwischen Film und Theater. Einige seiner größten Erfolge feierte Piccoli in Arthur Schnitzlers Tragikomödie «Das weite Land», die der Schweizer Theaterregisseur Luc Bondy auch für die Leinwand bearbeitet hat, oder in dessen Ibsen-Inszenierung «John Gabriel Borkmann». 2006 brillierte er als König Lear und 2009 in der Titelrolle von Thomas Bernhards «Minetti».

Im Durchschnitt dreht Piccoli rund drei Filme pro Jahr. Wem, wenn nicht ihm hätte Angès Varda in ihrem Film «Les cent et une nuit» – eine Hommage auf 100 Jahre Filmkunst – die Rolle des «Monsieur Cinéma» anvertrauen sollen?