Der Rentenkasse des Privatsektors geht es gut. Die über Jahre angehäufte Reserve von 26 Milliarden Euro würde ausreichen, die Renten auch ohne Beitragszahlungen über mehr als fünf Jahre auszuzahlen. Verwaltet wird dieser Schatz vom Rentenkompensationsfonds („Fonds de compensation“, FDC). Er legt das Geld hauptsächlich in Aktien und Obligationen (jeweils 46 Prozent im Jahr 2021) und in geringerem Maße in Immobilien an. Allein 2021 erwirtschaftete der Fonds einen Nettogewinn von 2,65 Milliarden Euro.
Zweck des Fonds ist es, das Rentensystem nachhaltig abzusichern, damit auch die heute Aktiven aus dem Privatsektor eine gesicherte Rente haben werden. Das Sagen im FDC haben Vertreter des Patronats, die Gewerkschaften als Vertreter der Versicherten und staatliche Abgesandte. Bei den 26 Milliarden Euro handelt es sich demnach nicht um öffentliche Gelder. Sie gehören den Versicherten – den aktuellen und zukünftigen Rentnern des Privatsektors.
Nachhaltig investieren
Seit Jahren wird die Investitionspolitik des Fonds kritisch verfolgt. Die häufigsten Vorwürfe: Er investiere auch in Unternehmen, die mit ihren Produkten gegen internationale Verträge in Sachen Menschenrechte, Sozialstandards und Klimaschutzabkommen verstoßen und umweltschädliche Energieformen fördern. Ihren Anfang nahm diese Diskussion 2010, als der damalige „déi Lénk“-Abgeordnete André Hoffmann darauf hinwies, dass der FDC auch in Betriebe investiere, die Streumunition herstellen.
Seitdem bemüht sich der Fonds, die Unternehmen genauer unter die Lupe zu nehmen, in die er investiert. Seit 2010 führt er eigenen Aussagen zufolge eine nachhaltige Investitionspolitik. Auf einer schwarzen Liste stehen derzeit die Namen von 137 Unternehmen, die den Nachhaltigkeitskriterien widersprechen. Weitere 180 Unternehmen führt er auf einer grauen, sogenannten Beobachtungsliste. Sollten diese Firmen den gewünschten Umwelt- und Sozialkriterien in Zukunft entsprechen, würden sie von der Liste gestrichen, andernfalls auf der schwarze Liste landen. Letztere könnte bald 150 Einträge verzeichnen, heißt es. Derzeit investiert der FDC in rund 6.000 Unternehmen.
Um die Investitionspolitik des Fonds in den Jahren 2023-2027 ging es gestern während der Konsultationsdebatte im Parlament. Sie wurde von Sozialminister Claude Haagen (LSAP) Anfang Dezember 2022 beantragt. Er muss die Investitionsrichtlinien absegnen. Zwar wurden diese vom FDC-Verwaltungsrat vorgelegt, getragen werden sie jedoch nur von den Vertretern von Patronat und Staat. Die Gewerkschaften lehnten sie ab.
Ziel sei es, die eingeleitete energetische und ökologische Transition zu begleiten, fasste Haagen die Strategie zusammen. Seit mehreren Jahren müssen vom FDC beauftragte Vermögensverwalter nachweisen, dass die Investitionen in Aktien, Anleihen und Immobilien den Nachhaltigkeitskriterien entsprechen und unter anderem im Einklang mit dem Pariser Klimaschutzabkommen sind. Ausschlusskriterien würden aufgrund der von Luxemburg ratifizierten Konventionen erstellt, so Haagen. Er wies auf eine neue Investitionsklasse des FDC hin: Clean energy. Der Reservefonds will rund 500 Millionen Euro in Wind-, Solar- und andere erneuerbare Energieformen anlegen. Verstärkt investieren will er auch in Immobilien. Zweck des FDC sei es jedoch nicht, sozialen Wohnungsbau zu betreiben, präzisierte Haagen, auch wenn der Fonds Projekte u.a. der „Société nationale des habitations à bon marché“ (SNHBM) mitfinanziert. Mit dabei ist er auch beim neuen Verwaltungsgebäude der Sozialversicherungen.
Geld für Atomenergie?
Bereits beim ersten Redner wurde klar, dass insbesondere die Problematik Atomenergie und entsprechende FDC-Investitionen im Mittelpunkt der Debatte stehen würden. Zwar sei er kein großer Freund der Atomenergie, aber es sei besser, bestehende AKW weiterlaufen zu lassen, als Strom in Kohlekraftwerken zu produzieren, so Marc Spautz (CSV). Seit dem 24. Februar 2022, dem Kriegsbeginn in der Ukraine, sei vieles anders, u.a. auch auf dem Energiemarkt. 2024 würden die Preise für Gas und Strom in die Höhe schnellen, so Prognosen. Spautz wies auf prinzipielle Probleme bei Entscheidungen hin, in welche Unternehmen investiert werden kann. Energiegiganten wie TotalEnergies würden auch in alternative Energien investieren. Wo wird da die Trennlinie zwischen sauberem und schmutzigem Unternehmen gezogen? Die CSV unterstützt die neue Strategie, trotz Investitionen in die Nuklearindustrie, die laut EU-Taxonomie umweltverträglich ist.
Hauptzweck des Rentenfonds sei es, die Lebensfähigkeit des Rentensystems zu erhalten und die Reserven so anzulegen, dass sie ausreichend Rendite erwirtschaften, erinnerte André Bauler (DP). Die zukünftigen Generationen müssten darauf zählen können, dass die Reserven verantwortlich verwaltet werden. Die 26 Milliarden Euro Reserven konnten durch eine vorsichtige „Gestion“ aufgebaut werden. Die Investitionen des FDC müssten wohl den allgemeinen politischen Zielen des Landes entsprechen, das sei eine Frage der politischen Kohärenz. Die Menschenrechts- und Sozialkonventionen müssten respektiert werden, ebenso das Pariser Abkommen, aber das zentrale Ziel des FDC dürfe nicht aus den Augen verloren werden. Bauler mahnte Pragmatismus und Vernunft an. Man sollte auch Unternehmen unterstützen, die aus Öl und Atom aussteigen wollen.
Dan Kersch (LSAP) wies auf die Bedeutung des Rentenfonds und dessen Investitionen auf den Finanzmärkten hin, die bisher zehn Milliarden Euro erbrachten. Erstmals finde eine ausgiebige Debatte über die Investitionsstrategie des FDC im Parlament statt. Dennoch sollte die Chamber bescheiden bleiben, denn es gehe hier nicht um das Geld des Staates. Das Geld gehöre den Beschäftigten des Privatsektors. Es diene dazu, die Renten abzusichern, und nicht um andere Projekte zu finanzieren, so nobel die Ziele auch sind. Kersch zufolge sollte der Fonds jedoch ermutigt werden, sich verstärkt für erschwinglichen Wohnraum einzusetzen.
Nicht die Renten gefährden
Investitionen in Gas und Atom würden die Renten gefährden, meinte seinerseits Charles Margue („déi gréng“). Rücklagen zu bilden, sei wichtig, doch zukünftige Rentner müssten auch eine lebenswerte Welt vorfinden. Die Investitionsstrategie müsste nachhaltig, der Verwaltungsrat des FDC ambitionierter sein. Man könne die Finanzflüsse lenken, um auf das Klima einzuwirken. Große Fonds könnten etwas bewirken, deshalb würden große Pensionsfonds im Ausland zunehmend aus fossilen Energien aussteigen. Nicht nachvollziehbar sei, so Margue, dass Luxemburg auf EU-Ebene gegen Atomkraft sei, der FDC jedoch weiterhin in AKW-Betreiber investiere. Er schlug die Schaffung eines Ethikkomitees vor, das die Vorschläge des Investitionskomitees des FDC begutachten könnte, bevor sie dem Verwaltungsrat zur Entscheidung vorgelegt werden.
Laut Myriam Cecchetti („déi Lénk“) sei der Pensionsfonds mehr als nur Verwalter von Geld. Er sei ein Symbol dafür, welche Welt wir wollen. Die Versichertenvertreter im Verwaltungsrat des FDC stimmten gegen die neue Strategie, weil sie mehr Nachhaltigkeit und Kohärenz wollten. Der FDC müsse gesellschaftlichen Mehrwert schaffen. Die Reserven müssten in eine Zukunft investiert werden, die wir uns wünschen.
Sven Clement (Piratepartei) kritisierte unter anderem, dass der FDC das selbstgesteckte Ziel, fünf Prozent in den Wohnungsbau zu investieren, nicht erreicht habe. Investiert werden sollte in zukunftsfähige Bereiche. Atomindustrie gehört Clemens zufolge nicht dazu.
Michel Wolter (CSV) warnte davor, Gelder aus der Rentenreserve zur Lösung anderer Probleme, etwa auf dem Wohnungsmarkt, zu nutzen. André Bauler hatte zuvor vorgeschlagen, mit FDC-Mitteln die aktuell schwächelnde Bauwirtschaft zu unterstützen. Mit großer Mehrheit wurde eine Motion der Mehrheitsparteien angenommen, in der der FDC aufgefordert wird, eine Ausstiegsstrategie aus Investitionen in Atomenergie auszuarbeiten.
Eis Politiker sin ganz schlecht Verwalter vun eisen Stei'ergelder ! Ass bewisen !
Dofir sollen sie och net imposei'eren wo'u d'Rentenreserven sollen investei'ert gin !
Sie dierfen wuel so'en wo'u net ! Daat ass den Ennerscheed !
Dass WohnungsBAU (QUALITATIV) und Energie momentan die wichtigsten Themen sind, finde ich gut. Ich würde trotzdem eher Atomenergie UND Solarenergie nutzen um Wasserstoff herzustellen. Insbesondere da Wasserstoff auch Gas (Heizen) ersetzen kann. Man könnte im Sommer Solarenergie nutzen um Wasserstoff herzustellen der uns im Winter heizt. Dies wird aber meiner Meinung nach von den Energieunternehmen und ihren politischen Handlangern verhindert.