Manchmal kommt das Beste eben doch zum Schluss. Bevor die ersten Kräne anrollten, legten die brasilianischen Zauberkünstler um Neymar noch mal eine große Abschiedsshow auf den nicht mehr benötigten Rasen. Die Zeiten von Tempo, Tricks und Toren sind am Hafen von Doha vorbei, mit dem WM-Achtelfinale der Seleção gegen Südkorea (4:1) hat das innovative Containerstadion ausgedient – der Abbau kann beginnen.
„Dieses Stadion“, sagte Gianni Infantino über den mit 974 recycelten Containern aufgebauten Blickfang, „wird an einem anderen Ort der Welt wiederverwendet werden.“ Dieser einmalige Vorgang sei „Teil des Vermächtnisses dieser Weltmeisterschaft, der Nachhaltigkeit der Weltmeisterschaft, des Nachdenkens über die Umwelt“. Das Problem ist nur: Auch zwölf Jahre nach der WM-Vergabe stehen mögliche Abnehmer nicht gerade Schlange, das Interesse hält sich in Grenzen.
Ob überhaupt, und wenn ja, wo das Stadion 974 wieder aufgebaut wird, steht in den Sternen – wie auch die Nachnutzung der anderen unter umstrittensten Umständen errichteten Arenen.
Analog zu den Weltmeisterschaften in Brasilien und Russland werden wohl einige „weiße Elefanten“ bleiben. Katar ist mit seinen 2,7 Millionen Einwohnern einfach zu klein, um derart viele große Sportstätten dauerhaft zu nutzen.
Kapazität für heimische Klubs halbiert
Die ab dem Viertelfinale ebenfalls nicht mehr gebrauchten Stadien Al-Janoub und Ahmad bin Ali werden beispielsweise deutlich verkleinert. Das Al-Janoub soll mit einer Zuschauerkapazität von 20.000 statt 44.325 zur Heimspielstätte des Erstligisten Al-Wakrah SC werden.
Auch im Ahmad-bin-Ali-Stadion kommt es zur Halbierung der WM-Kapazität von 45.000, neuer Hausherr ist der Al-Rayyan SC. Sitze werden an weniger wohlhabende Länder gespendet.
Im bereits zur Leichtathletik-WM 2019 renovierten Khalifa International Stadium spielt weiter die katarische Nationalmannschaft – und sonst? Viele Pläne sind noch nicht wirklich konkret.
In das „Beduinenzelt“ Al-Bayt sollen wohl ein Fünf-Sterne-Hotel, eine Mall und ein sportmedizinisches Zentrum ziehen. Für das fast 90.000 Zuschauer umfassende Finalstadion Lusail reichen die Ideen von Schulen über Lebensmittelgeschäfte bis hin zu Arztpraxen.
Bei dem für sieben WM-Spiele genutzten Stadion 974 waren die Pläne eigentlich deutlich konkreter. Schließlich ist es dank der in China hergestellten bunten Schiffscontainer das erste vollständig demontierbare überdachte Fußballstadion der Welt. Container mit Pools zur Erholung, mit Kunstrasen zum Aufwärmen und gar ein Sondercontainer als Edel-Loge für den FIFA-Boss – die Ausstattung ließ keine Wünsche offen. All das könne in (Fußball)-Entwicklungsländern neu aufgebaut werden, auf Kosten Katars natürlich – so lauteten die Ankündigungen.
Langsam sollten die Organisatoren ihren Nachnutzungsplan mit Leben füllen. Sonst dürfte das Stadion 974 zum Symbol dafür werden, dass die WM doch nicht so nachhaltig ist, wie die Macher immer behaupten. (SID)
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