Erstmals wird die Justiz als dritte Säule der Gewaltentrennung neben Legislative und Exekutive in die Verfassung eingetragen und die Unabhängigkeit der Justiz im Grundgesetz verankert. Auch wird ein neuer nationaler Justizrat ins Leben gerufen. Erweitert werden des Weiteren die Befugnisse des Verfassungsgerichtshofs. Eine der Aufgaben des Justizrates wird es sein, die Ernennung von Magistraten vorzuschlagen. Erstmals werden die Unschuldsvermutung und das Einhalten vernünftiger Fristen bei Gerichtsprozessen in die Verfassung geschrieben.
Der Berichterstatter zu diesen Änderungen, Léon Gloden (CSV), hob insbesondere die nunmehr verfügte klare Trennung zwischen Richter und Staatsanwaltschaft sowie die Unkündbarkeit der Richter hervor. Die Schaffung eines nationalen Justizrats bezeichnete er als Herzstück der Verfassungsrevision. Das diesbezügliche Gesetz stand am Nachmittag an der Tagesordnung des Parlaments.
Fristverlängerung für Mieter
Keiner soll im Winter aus seiner Wohnung vertrieben werden, weil er aus wirtschaftlichen Gründen die Miete nicht zahlen kann. Ein am Mittwoch verabschiedetes Gesetz sieht dazu eine Fristverlängerung bis zum 31. März 2023 vor. Einen entsprechenden Antrag muss der Mieter beim Friedensgericht stellen. Auch muss er beweisen, dass er sich aus wirtschaftlichen Gründen keine andere Wohnung leisten kann.
Das erste Votum über das Justizkapitel hatte am 20. Oktober vergangenes Jahr stattgefunden. Die insbesondere von der ADR unternommenen Versuche, die zweite Abstimmung im Parlament durch ein Referendum zu ersetzen, schlugen fehl. Für einen Bürgerentscheid waren 25.000 Unterschriften wahlberechtigter Bürger notwendig – zusammen kamen nur einige hundert. Die Menschen wollten nicht das, was die ADR anstrebte, so Gloden. Das sei keine Sternstunde des Parlaments, meinte Fernand Kartheiser (ADR). Immerhin hätten vier Parteien vor der Wahl versprochen, die Verfassungsrevision einem Volksentscheid vorzulegen.
Das Justizkapitel wurde mit 48 Ja-Stimmen, drei Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen angenommen. Mit der Abstimmung über das Justizkapitel am Mittwoch und die drei anderen Kapitel am Donnerstag wird die Verfassungsrevision abgeschlossen und damit auch eine seit fast zwanzig Jahre währende Arbeit.
Zusätzliche Fachkräfte für den Justizapparat
Um dem Mangel an Fachkräften bei Gericht entgegenzuwirken und die Gerichtsprozeduren zu beschleunigen, sollen in Zukunft Justizreferenten den Richtern zuarbeiten. Das sieht das am Mittwoch angenommene Gesetz vor, in dem die Schaffung von 46 Referentenposten geplant sind. Richterliche Entscheidungsbefugnisse haben sie nicht, daher können Kandidaten auch aus anderen EU-Ländern stammen, so Berichterstatter Charles Margue („déi gréng“). Indirekt würden die Referenten doch an der Ausübung der öffentlichen Macht beteiligt, kritisierte hingegen Roy Reding (ADR), weshalb seine Partei den Gesetzentwurf ablehnt. Man finde schon Magistrate, aber nicht in ausreichendem Maße, so Justizministerin Sam Tanson („déi gréng“). Der Richter wird sich auf die Vorarbeit des Referenten stützen können, aber eine Entscheidung wird er selbst treffen. Mit diesem Gesetz werden nicht nur 46 Referentenposten bei der Justiz geschaffen, sondern auch zehn zusätzliche Magistratsposten.
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